Hasturs Erbe - 15
ist, aber er hatte ein schreckliches, hassenswertes Vergnügen daran.” Plötzlich schluchzte Danilo auf. „Ich bin dann zu ihm gegangen, habe ihn angefleht, mich loszulassen! Regis, ich komme nicht aus der Gosse. Meine Familie hat den Hasturs jahrelang ehrenwert gedient, aber wenn ich das Findelkind einer Hure wäre und er ein König, hätte er dennoch nicht das Recht gehabt, mich so schamlos zu mißbrauchen!” Wieder brach Danilo zusammen und schluchzte. „Und dann… und dann sagte er, er wisse genau, wie ich mich von ihm befreien könne. Und da zog ich meinen Dolch. Ich weiß kaum, wie ich dazu kam oder was ich damit wollte. Vielleicht mich selber töten…” Danilo legte die Hände übers Gesicht. „Du kennst den Rest”, sagte er. Regis konnte kaum atmen. „Zandru schicke ihm eine Skorpionpeitsche! Dani, warum hast du ihn nicht angeklagt und Immunität beantragt? Auch er fallt unter die Comyn-Gesetze, und ein Tele-path, der sein Laran derart mißbraucht…”
Danilo zuckte müde die Schultern. Das besagte mehr als Worte.
Regis war durch diese Enthüllung wie gelähmt. Wie konnte er mit diesem Wissen jemals Dyan wieder unter die Augen treten?
„Ich wußte, daß es nicht stimmte, was sie von dir sagten, Regis. Aber auch du bist ein Comyn, und Dyan hat dir soviel Gunst erwiesen. In der letzten Nacht, als du mich berührtest, hatte ich Angst…”
Regis blickte außer sich vor Wut auf, merkte aber dann, daß Danilo gar nicht gesprochen hatte. Sie waren tief ineinander versunken. Er fühlte die Gedanken des anderen Jungen. Er setzte sich auf den Stamm zurück, weil er fühlte, wie seine Beine ihm den Dienst versagten. „Ich habe dich nur berührt … um dich zu beruhigen”, sagte er schließlich.
„Jetzt weiß ich das. Was würde es nützen, wenn ich mich dafür nun entschuldigte, Regis? Es war schändlich.”
„Kein Wunder, daß du nicht an die Ehre und Anständigkeit von meinen Leuten glauben kannst. Aber es liegt nun an uns, es zu beweisen. Und um so mehr, als du einer von uns bist. Danilo, seit wann hast du schon Laran?“
„Ich? Laran? Ich, Lord Regis?”
„Wußtest du das nicht? Seit wann kannst du schon Gedanken lesen?”
„Das? Solange ich denken kann, glaube ich. Seit ich zwölf bin oder so. Ist das…?” „Weißt du nicht, was es bedeutet, wenn du eine der Comyn-Gaben hast? Das weiß er doch, oder? Telepathen sind nicht ungewöhnlich, doch du hast meine Gabe entwickelt, obwohl sogar Lew Alton an mir versagt hat.” In einer Welle von Emotionen dachte er: Du hast mir mein Erbe gebracht. „Ich glaube, du bist einer von den sogenannten Katalysatortelepathen. Das ist eine sehr seltene und wertvolle Gabe.” Er versagte sich zu erwähnen, daß es eine Ardais-Gabe war. Er bezweifelte, daß Danilo diese Information im Moment richtig zu schätzen wußte. „Hast du schon jemand anderem davon erzählt?” „Wie konnte ich? Ich habe gedacht, jeder könnte Gedanken lesen.”
„Nein, es ist viel seltener. Es bedeutet, daß auch du ein Comyn bist, Dani.”
„Willst du sagen, meine Abstammung ist…”
„Zandrus Hölle, nein! Aber deine Familie ist von Adel. Es kann sein, daß deine Mutter Verwandte bei den Comyn hatte, Comyn-Blut, wenn es auch Generationen her ist. Wenn du volles Laran hast, bedeutet es, daß du Anspruch auf einen Sitz im Rat der Comyn hast, daß man dich ausbildet zu dieser Gabe, die dich den Comyn verbindet.” Er sah in Danis Gesicht und sagte rasch: „Denk nach. Es bedeutet, du bist Lord Dyan gleichgestellt. Man kann ihn zur Verantwortung ziehen, weil er dich mißbraucht hat.”
Regis war für den Impuls dankbar, der ihn hierhergeschickt hatte. Allein, belastet mit diesen Gedanken und der grübelnden, hypersensitiven Art des untrainierten Telepathen, unter der grimmigen Unfreundlichkeit seines Vaters… hätte sich Danilo vielleicht schließlich umgebracht.
„Aber das würde ich nicht tun”, sagte Danilo laut. Regis merkte, daß sie sich wieder in Übereinstimmung befanden. Er streckte die Hand aus, um Danilo zu berühren, erinnerte sich aber dann und zog sie wieder zurück. Regis aß den Apfel zu Ende und warf das Gehäuse auf einen Berg alten Laubes.
„Dani, ich werde heute abend bei meiner Schwester erwartet. Aber ich gebe dir mein Wort, du wirst rehabilitiert. Kann ich sonst irgend etwas für dich tun?”
„Ja, Regis! Sag meinem Vater, daß die Schande und Unehre nicht auf meiner Seite lagen. Er hat mich nichts gefragt und mir keinen Vorwurf gemacht, aber noch nie
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