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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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hielt, und empfing – meine Barrieren standen wohl niedrig – eine Welle heftiger Wut. Vielleicht wird dieser querköpfige Bastard sich von heute abend an um seine eigenen Angelegenheiten kümmern und weniger Zeit haben, sich um meine zu sorgen .
    Ich machte eine Verbeugung, die so knapp wie nur möglich ausfiel, und machte mich auf den Weg zu dem Tanz, den ich Linnell versprochen hatte. Die Tanzfläche füllte sich rasch. Ich ergriff Linnells Fingerspitzen und führte sie hinab.
    Linnell ist ein hübsches Kind mit weichem, bronzebraunem Haar und blauen Augen, die von langen, dunklen Wimpern eingerahmt sind, daß sie beinahe unwirklich erscheinen. Sie war, dachte ich, viel hübscher als ihre Verwandte Callina, die gestern im Rat so ernst und streng ausgesehen hatte.
    Die Aillard-Domäne ist die einzige, in der sich das Laran und das Recht auf den Sitz im Rat nicht in der männlichen Linie vererben; Männern ist die volle Teilnahme am Rat verwehrt. Die letzte Comynara in direkter Linie war Cleindori gewesen, die letzte Bewahrerin, die vollständig in der alten, klösterlichen, jungfräulichen Zucht aufgewachsen war. Als sie noch sehr jung war, hatte sie den Turm verlassen und gegen den alten Aberglauben rebelliert, der die Matrixzirkel umgab, besonders gegen die Bewahrerinnen, und hatte in Verachtung aller Tradition und Glauben einen Mann genommen und ein Kind bekommen, während sie die Kräfte, die zu beherrschen man ihr beigebracht hatte, weiterhin einsetzte. Sie wurde auf schreckliche Weise von Fanatikern umgebracht, die glaubten, die Jungfräulichkeit der Bewahrerin sei wichtiger als ihre Kräfte. Doch sie hatte eine Bresche geschlagen, den Aberglauben bekämpft und einen neuen wissenschaftlichen Zugang zu dem bewirkt, das man heute als Matrixtechnik bezeichnet. Jahrelang wurde ihr Name mit Renegatentum gleichgesetzt. Doch heute wurde ihre Erinnerung von jedem Psi-Techniker auf Darkover gepflegt.
    Aber sie hatte keine Töchter hinterlassen. Die alte Aillard-Linie war damit ausgestorben, und Callina Lindir-Aillard, eine entfernte Verwandte meines Vaters und des männlichen Oberhauptes der Aillard-Linie, wurde als nächste weibliche Nachfolgerin zur Comynara gewählt. Linnell war als Pflegekind zu meinem Vater nach Armida gekommen und als meine Schwester erzogen.
    Linnell war eine ausgezeichnete Tänzerin, und es machte mir Freude, mit ihr zu tanzen. Ich interessiere mich nicht für weibliche Künste, doch Linnell hatte mir die Feinheiten dieser Dinge beigebracht, so daß ich ihr Kleid und ihren Schmuck höflich bewunderte. Als der Tanz zu Ende war, führte ich Linnell an den Rand der Tanzfläche und fragte sie, ob sie an meiner Stelle Callina auffordern würde. Auch Callina war nach dem Brauch der Comyn für unverheiratete Frauen verpflichtet, nur mit Verwandten zu tanzen, von Maskenbällen mal abgesehen.
    »Ich weiß nicht, ob Callina gern tanzt«, sagte Linnell. »Sie ist sehr schüchtern. Aber du solltest sie fragen. Ich bin sicher, sie sagt es, wenn sie lieber nicht will. Oh, da ist Javanne Hastur! Jedes Mal, wenn ich sie in den letzten neun Jahren gesehen habe, schien sie schwanger zu sein. Aber sie ist sehr hübsch, findest du nicht?«
    Javanne tanzte mit Gabriel. Ihre Wangen leuchteten, und sie sah aus, als ob es ihr Freude mache. Ich glaube, jede junge Mutter freut sich, nach vier aufeinanderfolgenden Schwangerschaften wieder in Gesellschaft zu sein. Javanne war sehr groß und schlank, ein dunkelhaariges Mädchen in einem grüngoldenen Kleid. Ich fand sie nicht sehr hübsch, doch sie sah ohne Zweifel gut aus.
    Ich geleitete Linnell zu Callina, doch bevor ich mit ihr reden konnte, sprach mich mein Vater an.
    »Komm bitte mit, Lew«, sagte er in einem Ton, den ich zu respektieren gelernt hatte, denn wie höflich es auch klingen mochte, so war es doch ein Befehl. »Du solltest Javanne deinen Respekt erweisen.«
    Ich starrte ihn an. Javanne? Sie hatte mich nie gemocht, schon damals nicht, als wir zusammen zu den Kinderfesten gingen. Einmal wurden wir beide unbarmherzig geschlagen, weil wir uns getreten und gekratzt hatten, als wir sieben Jahre alt waren, und später, ungefähr mit elf, hatte sie es grob abgelehnt, mit mir zu tanzen, und gesagt, ich träte ihr auf die Füße.
    Das habe ich wahrscheinlich auch getan, doch ich war bereits als Telepath gut genug, um zu erkennen, daß dies nicht der eigentliche Grund war. »Vater«, sagte ich geduldig, »ich bin ziemlich sicher, Lady Javanne kann auch ohne

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