Hauch der Verdammnis
wieder drehte Josh seine Runde in dem Rechteck, wie eine Ratte in einem Irrgarten. Er hörte nicht auf zu suchen.
Eine Stunde lang, vielleicht zwei.
Vielleicht auch länger.
Am Anfang hatte Jeff ihn beobachtet, seine Bewegungen verfolgt, und Josh hatte darauf geachtet, ihm nicht den Rücken zuzukehren. Aber die Zeit verstrich, und als Jeff regungslos auf dem Boden sitzen blieb, hatte sich Josh mehr auf das Gefängnis aus Plexiglas konzentriert als auf seinen Freund.
Schließlich war Jeff wieder auf seine Koje gekrochen und eingeschlafen.
Trotzdem schien es Josh, als seien noch Augen auf ihn gerichtet, und er suchte den Raum außerhalb der durchsichtigen Wände ab.
Dann sah er die Kameras.
Es waren vier. Alle waren auf die Box gerichtet und verfolgten jede seiner Bewegungen aus jedem Winkel.
Vor diesen alles sehenden Augen konnte man sich nicht verstecken.
Nach einer Weile war auch Josh eingeschlafen, doch plötzlich wurde er mit einem Schlag hellwach. Er rollte sich zusammen und ließ sich von seiner Koje fallen. Dann kauerte er sich auf den Boden.
Jeff Kina hatte sich über seine Koje gebeugt. »Schon gut«, sagte er. »Ich wollte dir nichts tun, Mann.«
Von diesem Zeitpunkt an hatten sie sich mißtrauisch wie zwei Käfigtiere beäugt. Immer wieder waren sie aus dem Schlaf aufgeschreckt, und wenn sie nicht auf dem Boden oder ihren Kojen dösten, schlichen sie durch ihr Gefängnis.
Zweimal war ein weißgekleideter Mann in den Raum gekommen, hatte Essen in die Luftschleuse der undurchdringlichen Box gestellt und war wortlos davongegangen.
Schließlich hatte der Hunger gesiegt, und sie hatten gegessen.
Irgendwann - Josh hatte keine Ahnung, wie lange es her war - hatte jemand von außen die Klinke an der Tür heruntergedrückt, die in einen anderen Raum führte.
Diesmal war die Tür jedoch nicht aufgegangen, und der weißgekleidete Mann hatte auch kein Essen gebracht. Josh wurde klar, was die Bewegung des Türgriffs bedeutete - jemand versuchte hereinzukommen, aber er hatte keinen Schlüssel.
»Hilfe!« rief er. »Helfen Sie uns!« Aber noch während er die Schreie ausstieß, hatte er das Gefühl, als könne ihn sowieso niemand hören. Wenn sie nicht nach draußen sehen sollten, wenn sie nicht wissen sollten, wo sie waren und wie spät es war, dann würden ihre Entführer auch zu verhindern wissen, dass man sie hörte.
Trotzdem hatte er es noch einmal versucht.
»Bitte! rief er. »Bitte, lassen Sie uns raus.«
Der Griff hatte sich noch einmal gesenkt, aber dann war alles wieder ruhig geworden.
Seitdem hatte Josh auf dem Boden gesessen und die Tür angestarrt.
Er hatte das Gefühl, als würde bald etwas geschehen, auch wenn sich in dem Raum nichts geändert hatte. Das Licht blieb grell und schattenlos, die Wände leer und der Nebel in der Box graubraun. Er wusste, dass auch Jeff Kina seine Anspannung spürte.
Jeff saß auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt. Er hatte die Knie gegen die Brust gedrückt.
Auch er beobachtete die Tür.
Die Zeit stand still. Sie schwiegen.
Josh ließ die Tür nicht aus den Augen.
Als sich der Griff bewegte, merkte Josh es sofort. Er richtete sich etwas auf und spürte, wie das Adrenalin heiß durch seinen Körper schoß.
Der Türgriff senkte sich, das Schloß klickte, und die Tür ging auf.
Zwei Männer kamen herein. Der Mann, der das Essen brachte, war nicht dabei.
Einer der beiden Männer war ein haole, der andere ein Japaner.
Beide trugen Anzüge. Auch wenn Josh den Japaner noch nie gesehen hatte, strahlte er doch eine solche Autorität aus, dass er sofort wusste, um wen es sich handelte.
Takeo Yoshihara.
Josh zog die Augen zusammen und spannte die Muskeln an.
»Sind sie gefährlich, Dr. Jameson?« fragte Takeo Yoshihara. Er schien die Frage jedoch nicht aus Angst, sondern lediglich aus beiläufigem Interesse zu stellen. Schließlich war auch das Plexiglas zwischen ihnen.
»Eher nein«, antwortete Jameson. »Sie sind beide nervös und erschöpft, aber keiner der beiden hat bislang wirklich aggressives Verhalten gezeigt. Es scheint eher so, als wären einige ihrer Sinne besonders angeregt.«
»Interessant«, murmelte Yoshihara. Er ging um die Box herum, und Josh folgte ihm mit seinem Blick und drehte sich dabei mit dem Mann, bis dieser seinen Kreis abgeschritten hatte. »Sehr interessant«, sagte Yoshihara anschließend. »Ich habe vor Jahren in Indien einen Tiger im Käfig gesehen. Er hat mich mit der gleichen Intensität angesehen.« Er
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