Hauch der Verdammnis
einemmal wusste sie nicht mehr, was sie sagen sollte.
»Was dachten Sie, Katharine?« fragte Elaine Reynolds, offensichtlich neugierig geworden. Als Katharine schließlich ihre Vermutung äußerte, dass Marks Tod irgend etwas mit der verschmutzten Luft in Los Angeles zu tun habe, lachte Elaine Reynolds bitter auf. »Sicherlich kann man das Ableiten von Autoabgasen als Luftverschmutzung bezeichnen«, sagte sie. Mit schleppender Stimme und vielen Unterbrechungen berichtete Elaine Roberts von dem Selbstmord ihres Sohnes. »Aber sie kamen zu spät«, sagte sie. »Sie gaben ihm Sauerstoff, aber zu spät. Er starb auf der Fahrt ins Krankenhaus.«
Katharine dachte an den jungen Hund, der in ihren Armen gestorben war - ein Hund, der Atemnot bekommen hatte, nachdem sie ihn aus seiner Box voll vergifteter Luft geholt hatte. »Ihr Sohn ist gestorben, als man ihm Sauerstoff gab?« fragte sie nach. Sie betete, dass sie Mrs. Reynolds mißverstanden hatte.
Mit brüchiger Stimme erzählte Elaine von Marks Kampf im Krankenwagen. »Er hat sich gewehrt«, sagte sie. »Ich bin sicher, dass er nicht wusste, was er tat. Er wollte die Sauerstoffmaske nicht. Und ich konnte nichts tun. Können Sie sich vorstellen, wie hilflos ich mich gefühlt habe?« Dann fragte sie: »Katharine, was soll das alles? Sie haben mir noch nicht gesagt, warum Sie mich überhaupt anrufen.«
»Ich rufe aus Hawaii an«, antwortete Katharine. »Ich arbeite für einen Mann, der sich sehr für das Problem der Luftverschmutzung interessiert ...«
»Auf Hawaii?« fragte Elaine. »Ich hätte geglaubt, dass es nirgendwo auf der Welt weniger verschmutzte Luft gibt. Obwohl die Luft auch nicht sehr gut war, als ich über Weihnachten mit Mark zwei Tage auf Maui war.«
Katharine erstarrte. »Maui?« wiederholte sie. Was ging hier vor? War es reiner Zufall, dass Mark vor ein paar Monaten auf Maui gewesen war? »Mrs. Reynolds - Elaine -, was haben Sie auf Maui gemacht?«
»Nur Ferien. Warum?«
»Elaine, ich bin auf Maui, nicht auf der Großen Insel von Hawaii. Und ich habe etwas entdeckt...« Sie zögerte, da sie Elaine Reynolds nicht mehr Schmerz als nötig zufügen wollte. »Etwas sehr Seltsames«, fuhr sie schließlich fort. »Es scheint, dass aus irgendeinem Grund die Lunge Ihres Sohnes untersucht wird.«
»Wie soll das möglich sein?« fragte Elaine. »Ich meine, wie wollen Sie ohne Leiche irgend etwas untersuchen?«
Katharine hatte keine Wahl mehr. Sie musste der Frau die Wahrheit sagen. »Seine Leiche befindet sich hier, Elaine«, sagte sie.
»Ich fürchte, es handelt sich um ein Mißverständnis«, sagte Elaine Reynolds nach einer Weile. »Marks Leichnam wurde eingeäschert.«
Eingeäschert? Was sollte das? Irrte sie sich? Sprach sie womöglich doch mit der falschen Frau? »Mrs. Reynolds«, sagte sie, unwillkürlich zu der formelleren Anrede zurückkehrend. »Darf ich Ihnen den Jungen, den ich heute gesehen habe, beschreiben?«
Nach einer längeren Pause murmelte Elaine Reynolds zustimmend. Katharine beschrieb das Gesicht, das sie in der Leichenhalle gesehen hatte, so nüchtern wie möglich. Als sie das Grübchen im Kinn des Jungen erwähnte, stöhnte die Frau am anderen Ende der Leitung auf.
»Warum?« flüsterte sie. »Warum sollten sie ihn dorthin gebracht haben? Und warum sollten sie mir erzählt haben, seine Leiche sei eingeäschert worden?«
»Ich wünschte, ich wüßte es«, sagte Katharine leise. »Aber ich fürchte, dass ich nicht viel mehr weiß als Sie.« Dann fügte sie hinzu: »Wie war das, als Sie auf Maui waren? Ist damals irgend etwas passiert? Irgend etwas Ungewöhnliches?«
»Nein«, seufzte Elaine. »Es war ein wunderbarer Ausflug. Bis auf das Tauchen, allerdings.«
Katharine spürte ein Frösteln. »Das Tauchen?« fragte sie.
»Mark ist mit ein paar anderen Jungen tauchen gegangen, und sie hatten Probleme mit ihren Sauerstoffflaschen. Einige Jungen mussten ganz schnell auftauchen, und es war wohl ziemlich knapp. Jedenfalls habe ich Mark danach nicht mehr mitgehen lassen. Und ich frage mich noch immer, ob das nicht der Anfang seiner Atemprobleme war.«
Bei dem letzten Satz zog sich der Knoten in Katharines Brust noch heftiger zusammen. An dem Abend, nachdem er tauchen gegangen war, hatte auch Michael Probleme mit der Atmung bekommen, und selbst gestern abend ...
Und dann fiel ihr Kioki ein. Was war mit ihm gewesen? Woran war er gestorben? Und Jeff Kina? War er wieder zu Hause? Oder war ihm das gleiche wie Kioki Santoya zugestoßen?
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