Hauch der Verfuehrung
durchs Tal nicht zu beeinträchtigen. Eleanor hingegen war ebenso am Rande des Zusammenbruchs wie sie selbst.
Jacqueline nutzte den Augenblick, als Jordan stehen blieb, um zu prüfen, wie dicht hinter ihnen ihre Verfolger waren, und holte mehrmals tief Luft, reckte die Schultern und versuchte, den Schmerz in ihren gefesselten Armen zu lindern.
Jordan festigte seinen schmerzhaften Griff um ihren Oberarm. »Komm weiter.« Sein Tonfall war barsch. »Wir müssen vor ihnen dort ankommen.«
Er stieß sie vor sich die Stufen hinab, blieb dabei immer in ihrem Rücken, riss sie hoch, als die Beine unter ihr nachzugeben drohten. »Wag ja nicht, uns aufzuhalten!«, fauchte er sie an. Der Blick aus seinen Augen war tödlich und eiskalt.
Wie hatte sie sich je einbilden können, er sei ein Freund, wenn auch ein überheblicher? Sie bedeutete ihm nichts, war nur Mittel zum Zweck. Was Eleanor betraf ... Jacqueline schaute zu der Frau, deren Fingernägel sich in ihre Haut gruben, während sie sie mitleidlos mitzerrte. Sie hatte sie nie wirklich gekannt. Aber diese Eleanor, die da neben Jordan im Salon gestanden hatte, hatte alle Täuschung fahren lassen und ihr voller Verachtung die Wahrheit ins Gesicht geschleudert. Wenn sie an die vielen schlüpfrigen Einzelheiten dachte, die Eleanor ihr in all den Jahren so genüsslich erzählt hatte, wie sie es mit ihrem Geliebten trieb, drehte sich ihr der Magen um. Jetzt kannte sie die volle Wahrheit.
Sie wusste, wer Eleanors Geliebter war.
22
Das letzte Teilstück des Weges zur Bucht fiel steil in einer weiten Kurve ab. Es gab immer wieder Stufen, die ihr Vorankommen behinderten und Eleanor und Jordan dazu zwangen, ihr Tempo zu verlangsamen - trotz ihres dringenden Wunsches, so schnell wie möglich ihr Ziel zu erreichen.
Mit brennenden Lungen und schmerzenden Armen stolperte Jacqueline zwischen ihnen weiter, suchte nach Mitteln und Wegen, sie aufzuhalten. Sie konnte Stimmen näher kommen hören, viele sogar. Es war nicht Teil von Jordans Plan, dass sie starb - jetzt noch nicht jedenfalls -, doch irgendwie musste sie zuerst einmal begreifen, dass all die Verbrechen, die er begangen hatte, auf seinem Verlangen beruhten, Hellebore Hall zu besitzen ... Sie traute ihm alles zu, auch dass er, falls ihm der Erfolg verwehrt blieb, sie aus Rache töten könnte.
Er war nicht ganz richtig im Kopf.
Jacqueline blickte zur Seite. Zu ihrer Rechten war Eleanor sichtlich am Rand ihrer Kräfte angekommen. Im Gegensatz zu Jordan sah sie verängstigt aus, immer panischer.
Jacqueline schaute wieder nach vorne; ihr Blick fiel auf die Pflanzen am Wegesrand. Sie hatten die nächste Kehre erreicht, drei Stufen führten hinab. Eleanor begann, sie hinunterzusteigen, ohne dabei Jacquelines Arm loszulassen, und zog sie mit sich. Jordan ließ Jacqueline los, um hinter ihr den Weg hinaufzuschauen.
Sie ließ sich straucheln, senkte die Schulter, sodass sie sich aus Eleanors Griff löste, und stolperte seitlich gegen Eleanor. Die machte gerade einen Schritt nach unten; da sie aber bereits aus dem Gleichgewicht geraten war, verlor sie ihren Halt. Sie schrie auf und kippte nach hinten, stürzte ins Beet, das sich an der Wegkehre entlangzog.
Und mit großen Kakteen bepflanzt war.
Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund erstarrte Eleanor, dann holte sie tief Luft und brüllte los. Sie schlug um sich; die Kakteenstacheln bohrten sich ihr immer tiefer ins Fleisch, verhakten sich in ihren Röcken, überall in ihrer Kleidung.
Jordan starrte entsetzt auf seine Schwester.
Dann fuhr er zu Jacqueline herum.
Sie stolperte, blieb aber stehen. »Sie hat mich gezogen -und dann bin ich gestrauchelt.«
Sein Gesicht verzog sich. Sie sah den Schlag kommen, konnte sich jedoch nicht rechtzeitig ducken; mit seinem Handrücken traf er sie auf der Wange. Sie wankte, ging in die Knie, rang um Luft.
Hinter ihr versuchte Jordan, Eleanor zu beruhigen, sie davon abzuhalten, sich immer tiefer in den Stacheln zu verstricken. Er fasste sie an den Händen, versuchte, sie aus den Kakteen zu ziehen; Eleanor schrie auf. Die Kakteen hatten sich an zu vielen Stellen in sie gebohrt, hielten sie und ihre Kleider fest.
»Ist in Ordnung.« Jordan ließ sie los. »Es ist egal, ob du hierbleibst - dir werden sie nichts tun. Ich muss zum Zyklop-Felsen und sie dazu bringen, allem zuzustimmen, was wir von ihnen verlangen. Sobald wir es schriftlich haben, haben wir gewonnen - und bekommen und tun, was wir wollen.«
Jacqueline kam stolpernd auf die
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