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Hauchnah

Hauchnah

Titel: Hauchnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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musste?“
    „Ich verstehe, warum du das jetzt sagst. Aber du bedeutest mir viel, Natalie, und …“
    Macs Handy klingelte. „Das ist Jase. Ich muss den Anruf annehmen.
    Als sie spürte, dass er sich abwandte, bückte sie sich, hob das Laken auf und wickelte sich Schutz suchend hinein. Doch sie blieb stehen, lehnte mit der rechten Schulter an der Wand.
    „Was gibt’s, Jase? … Überrascht mich nicht, dass sie dieser Kirche angehört hat. Hast du etwas gefunden?“ Natalie hörte ihn nach etwas kramen und dann Notizen kritzeln. „Eine Hütte in Redding, die Lester Philipps gehört. Er ist der Schwiegervater des Reverend? … Gute Arbeit. Ich stelle auf der hiesigen Wache ein Team zusammen, und du kümmerst dich um den Haftbefehl … Nein, das wird nicht einfach, aber ich habe zusätzliche Informationen vorliegen, die du verwenden kannst.“Er begann Jase von allem zu berichten, wovon er auch Natalie erzählt hatte. „Du hast genug Material. Überzeuge den Richter. Feine Aufgabe.“
    Er klappte sein Handy zu, und Natalie spürte seinen Blick auf sich ruhen.
    „Wir haben eine Spur. Etwas, das die Kirche mit Redding in Verbindung bringt, vielleicht sogar mit dem Mord an Lindsay. Tut mir leid, aber ich muss los.“
    Mehr sagte er nicht, rührte sich aber dennoch nicht von der Stelle.
    Natalie blieb, wo sie war, und bemühte sich um Würde, obwohl sie sich erbärmlich und am Boden zerstört fühlte. „Hat Melissa dir auch von Duncan erzählt? Dass er mich verlassen hat, als mein Augenlicht zu schwinden begann? Und dass ich im Bett mit ihm nichts anfangen konnte? Ging es heute nur darum? Dann war es doch ein Fick aus Mitleid.“
    „Nein und nein. Heute ging es um Leidenschaft. Rede es bitte nicht hässlich.“
    „Wenn Hässlichkeit das Fehlen von Schönheit ist, dann ist alles, was ich sehe, hässlich, nicht wahr?“
    „Natalie, sei doch nicht so. Wir können reden …“
    „Ich will nicht reden, und du hast ohnehin keine Zeit. Geh jetzt.“
    „Wir reden später. Ich rufe rasch Liz an …“
    „Ich sagte es bereits. Ich will Liz nicht hier haben. Ich will niemanden hier haben. Ich lehne den Polizeischutz ab. Das Recht dazu habe ich.“
    „Verdammt noch mal, versuche nicht, mich zu bestrafen, indem du dich selbst in Gefahr begibst. Rede mir keine Schuldgefühle ein, weil ich meine Arbeit mache. Sei nicht wie meine Exfrau …“
    „Ich habe verstanden. Zuerst meine verrückte Mutter und jetzt deine liebebedürftige Exfrau.“ Natalie lachte bitter. „Offenbar hast du eine sehr hohe Meinung von mir. Ich möchte wetten, du kannst es kaum erwarten, zu gehen. Tja, du brauchstkeine Ausreden. Vielleicht sehen wir uns irgendwann.“
    „Natalie, lass das, verdammt noch mal. Bring dich nicht in Gefahr …“
    „Ich bin vorsichtig. Ich lasse niemanden ins Haus. Ich bleibe sogar hier, ich ganz allein. So wie es mir am liebsten ist.“

28. KAPITEL
    N ordkalifornien war von einem unerwarteten Sturm getroffen worden. Clemmons stellte sich den Regen als Tränen aus den Augen eines Gottes vor, der viel zu viel Sünde gesehen hatte, um sie noch länger zurückhalten zu können. Die Verzweiflung war eine schwere Bürde, die Clemmons geradewegs in sein häusliches Arbeitszimmer führte. Doch mit der Verzweiflung kam die Entschlossenheit.
    Morrison hatte Clemmons’ Glauben wie auch die Liebe zu seiner Familie unterschätzt. Clemmons hatte offenbar Fehler begangen. Hatte sich von seinem Ehrgeiz statt von der Moral leiten lassen. Doch er wollte sich von Morrison nicht noch tiefer in die Hölle schicken lassen.
    Selbstmord war zwar eine Sünde, aber Mord war eine noch viel größere.
    Er würde es darauf ankommen lassen, dass Gott gnädig war. Aber ganz egal, er konnte – würde – Natalie Jones oder sonst jemanden nicht töten, um die eigene Haut zu retten. Doch leider würde er mit seinem Handeln denjenigen wehtun, die er am meisten liebte.
    Seine Schultern zuckten von unterdrücktem Schluchzen. Seine Frau. Seine Kinder. Das kleine Mädchen, das er nie im Arm halten würde. Er hatte sie alle verraten. Würde sie erneut verraten, indem er sich das Leben nahm. Aber was blieb ihm sonst übrig? Er konnte seine Familie nicht bitten, mit seiner Schande zu leben. Beging er Selbstmord, hatte Morrison keinen Grund, Allison in die Geschehnisse einzuweihen. Ihn zu verlieren würde sie am Boden zerstören, verwirren, aber irgendwann würde sie wieder nach vorn blicken können. Sie hatte ihren Glauben, der ihr Trost und Kraft gab.

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