Hauptsache Hochzeit
langweilige Nachrichten merken.«
»Ach so«, sagte ich unsicher. »Okay, mach ich.«
Ein kurzes Schweigen entstand. »Bis jetzt hat noch niemand angerufen, oder?«
»Nein!«, antwortete ich, fragte mich aber, weshalb ich ihn anlog. »Nein, niemand.«
»Gut. Dann bis später.«
»Bis später.«
»Und?«, fragte Helen, die auf mich zugeschossen kam.
»Und was?«, fauchte ich.
»Der Champagner«, sagte Helen leicht gekränkt. »Der Roséchampagner, was ist damit?«
»Ach so, ja«, sagte ich und rief mich zur Ordnung. Das warme Leuchten. Denk an das warme Leuchten in deinem Inneren. »Er meint, das wäre in Ordnung.«
Helen klatschte in die Hände. »Oh, prima. Sam, Jess kauft den Champagner!«
Sie zog Sam, der mir ein schiefes Grinsen zuwarf, hinter dem Ladentisch hervor. »Sie werden’s nicht bereuen«, sagte er. »Das Zeug ist wirklich klasse. Ich nenne es Glückschampagner. Wenn man den trinkt, macht das einfach nur glücklich. Wie viele Flaschen möchten Sie denn?«
»Eigentlich würde ich ihn schon gerne vorher mal probieren, wenn das geht.« Ich fühlte mich sehr eigenartig, als sei ich in eine andere Dimension der Realität geraten, in der alles so war wie immer … und doch auch wieder nicht. Denn in dieser Dimension bekam Max sonderbare Anrufe und hielt mich dazu an, sein Handy auszuschalten, obwohl er sonst geradezu versessen auf jeden einzelnen Anruf war.
»Probieren? Aber natürlich«, sagte Sam liebenswürdig. Er öffnete eine Flasche, und der Korken gab ein wohltönendes leises Ploppen von sich, anstatt zur Decke hochzuschießen. »Bitte.«
Er reichte mir ein Plastikglas, und ich trank einen Schluck. »Ist wirklich gut«, äußerte ich. Was auch stimmte. Den Rest goss ich mir ziemlich zügig hinter die Binde.
»Und? Jetzt sind Sie bestimmt schon ganz glücklich, wie?«, fragte Sam, der selbst einen Schluck getrunken hatte und bereits breit grinste.
»Wäre möglich«, antwortete ich. Das warme Leuchten kam wieder. Nicht ganz dasselbe wie vorher, aber jedenfalls ein warmes Leuchten. »Könnte ich noch einen Schluck haben?«
»Ich hätte auch gern ein Glas«, warf Helen ein.
Sam schenkte uns beiden ein. Helen trank einen Schluck und nickte. »Siehst du? Ich wusste, dass der gut ist. Schmeckt doch wunderbar, oder?«
»Äußerst wunderbar«, pflichtete ich ihr bei, denn der Champagner sorgte dafür, dass mein Kopf sich leichter anfühlte und die Frau am Telefon mir auf einmal ziemlich irreal vorkam. Außerdem sah Helen jetzt glücklich aus, und das steigerte mein Wohlbefinden. Es spielte auch wirklich keine Rolle, dass wir gar keinen Champagner brauchten für die Hochzeitsfeier. Ich könnte die Kisten ja in unserer Wohnung aufbewahren. Dann konnten Max und ich uns jeden Abend, wenn wir von der Arbeit heimkamen, ein Glas Roséchampagner als Aperitif genehmigen. »Ich schätze mal, ich nehme die vierundzwanzig Flaschen.«
»Sie sind ein Schatz.« Sam blinzelte. »Für Ihre Hochzeitsfeier, nicht wahr? Das ist ein guter Griff. Eine Hochzeit ist eine ganz große Sache. Man muss ja wissen, dass man die richtige Entscheidung getroffen hat, nicht wahr?«
Ich sah ihn an und dachte an Max, an den lieben Max, der mich nie belogen und der noch nie etwas getan hatte, was mich verletzt hätte. Dann nickte ich. »Ich weiß«, sagte ich lächelnd. »Ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Auf jeden Fall.«
Sam wickelte eine Flasche für uns ein und sagte, den Rest würde er liefern. Dann küsste Helen ihn auf die Wange, woraus etwas mehr wurde, und ich wandte mich verlegen ab und überlegte, ob ich einstweilen nach draußen gehen sollte, oder ob das die beiden nur noch ermuntern würde. In diesem Moment kam ein Mann herein, der mir vage bekannt vorkam. Wir sahen uns an.
»Jessica Wild?«
Ich zuckte leicht zusammen; ich hatte nicht gedacht, dass der Mann mich kannte, und betrachtete nun sein Gesicht eingehender. »Hugh?«
»Schön, dass du dich erinnerst. Meine Güte, wie geht’s dir?«
Es war Hugh Barter. Hugh »Schlaumeier«, wie wir anderen bei Milton Advertising ihn damals peinlicherweise nannten. Er gehörte zur Agentur, als ich gerade dort anfing, benahm sich aber immer, als sei seine Arbeit unter aller Würde, als sei er viel zu gut für so ein kleines Unternehmen. Max hatte Anthony vorgeworfen, dass er Hugh eingestellt hatte, während Anthony Hugh ständig verteidigte. Das Problem bei alledem war nur, dass Hugh tatsächlich sehr gut war – bei seiner Arbeit jedenfalls. Die Kunden
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