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Hauptsache nichts mit Menschen (German Edition)

Hauptsache nichts mit Menschen (German Edition)

Titel: Hauptsache nichts mit Menschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Bokowski
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Ich find das wirklich toll, dass Sie das machen. Ich meine, das ist ja so viel Aufmerksamkeit für Sie. Und Sie haben recht: Das braucht man. Das braucht man einfach. Da haben Sie so recht. Gerade dann, wenn man als Autor keinen Erfolg hat, gerade dann! Ich finde das so gut, dass Sie den Kopf nicht einfach in den Sand stecken. Ich finde das wirklich toll! Und so mutig! Sie als Mann! Das ist so mutig! Nur das mit der Werbung. Das gefällt mir nicht. Ich mein, mein Sohn hat mir die natürlich ausgeblendet. Aber das merkt man einfach, dass da Werbung ist. Aber ich find das ja gut, dass Sie sich ausprobieren. Ich hab ja auch schon mal die Piraten gewählt. Den mit dem Kopftuch. Find ich gut. Find ich schon wirklich gut. Unter uns … Ach … Das beste Rezept … Das beste … ist der Apfel-Walnuss-Kuchen. Ich habe so gelacht! Ich hab’s mir ausgedruckt, ich hab’s mir durchgelesen und ich habe so gelacht! Ganz am Anfang haben Sie geschrieben: ›Drei Minuten weiterschlafen‹. Ich habe so gelacht! Ich hab das gleich gepostet. Bei Facebook. Geh’n Sie da mal hin. Ihr Blog und Facebook. Das kann ich mir wirklich vorstellen. Ich schick Ihnen mal ein richtiges Macarons-Rezept. Das ist gar nicht so schwer. Wenn Sie das ein paar Mal versucht haben, dann kriegen Sie das hin. Oh. Ich seh grad, ich muss ja jetzt. Aber die Bilder, die Bilder … Mann, wie spät das schon wieder geworden ist … aber die Bilder, also die Bilder, die sind, also die Bilder sind, also die sind wirklich … also die Bilder, wirklich!«

MITTWOCH
    Gegen sieben Uhr hat Mutter angerufen. Sie wollte wissen, ob ich am Nachmittag Zeit und Lust hätte, mal mit ihr zu skypen. »Skypen«. Sie sagte »Skypen«! Schlaftrunken erbat ich mir Bedenkzeit und spiele seitdem mit dem Gedanken, meinen Vertrag bei Alice zu kündigen und auf ein Analogtelefon und die Deutsche Reichspost umzusteigen
.

PHOTOSHOP, MON AMOUR
    Ich hatte meine Nemesis gefunden, meinen Moriarty. Gebückt stand Karl Jassinski an meinem Platz, die dünnen Ärmchen zu einem Knoten verschlungen und blickte skeptisch, mit Missgunst in seinen Augen, auf mein Bild hinab. Seine spröden Lippen waren wie immer leicht geöffnet, sodass der faulige Geruch seines Charakters zwischen den Buddenbrook’schen Zähnchen entweichen konnte. »Schau an! Ein Kandinski!«, sagte er spitz und zog einen Schwall seines eigenen Gestankes durch seine dicken Nüstern. »Nein«, antwortete ich und unterdrückte den Tonfall der Überraschung, der in meiner Stimme lag. »Nur ein Bokowski!«, sagte ich.
    Der Kunstsaal im vierten Stock war in ein neonweißes Licht getaucht. Der Geruch von Patschuli, Käsebrot und Sportsocken hatte die Lüftung zum Erliegen gebracht. »Nein, nein. Ich bin mir ganz sicher«, sagte er. »Das ist Kandinski.«
    Frau Menkhoff hatte den Schülern ihres Kunstkurses aufgetragen, sich in expressionistischer Malerei zu versuchen. Jetzt schlich sie wie eine alte Löwin durch die engen Reihen, brüllte in regelmäßigen Abständen, dass wir keine Spiegeleier malen sollten, woraufhin ein Reißen zu hören war und ein Ball zerknäulten Papiers durch die Luft flog.
    »Ich glaube, du hast das Original einfach nur verändert«, sagte Karl. Fragend blickte ich ihn an. »Du hast das Bild in vier Teile geteilt!«, sagte er und fuchtelte mit seinen dünnen Fingern in der Luft herum. »Du hast die einzelnen Teile gespiegelt, neu zusammengefügt und die Farben einfach umgekehrt. Invertiert, nicht wahr? So nennt man das doch bei Photoshop.«
    In meiner Hosentasche fühlte ich den zusammengefalteten Ausdruck meines Photoshop-Entwurfes, sodass ich kaum verhindern konnte, dass mir eine nicht zu übersehende Schamesröte ins Gesicht stieg. »Aber mal erst mal weiter«, sagte Karl und verzog seine spröden Lippen zu einem listigen Grinsen. »Ich komme später noch mal wieder.«
    »Der einfachste Weg ist der Weg der Wahrheit«, heißt es in einem meiner Lieblingsbücher. Ich habe dies von jeher als Herausforderung betrachtet, einen noch einfacheren Weg zu finden. Meine Karriere begann im Alter von elf Jahren. Ein nicht zu leugnender Hang zum Müßiggang hatte mir im Fach Mathematik eine Zensur eingehandelt, die in meinen Eltern keineswegs die Todsünde der Trägheit, sondern vielmehr die letzte der großen Sieben, den Zorn, erwecken würde. Eine rote strahlende »6« leuchtete mir aus meinem Matheheft entgegen. Genau fuhr ich mit meinem Blick die Linien und Rundungen der Ziffer entlang und überlegte fieberhaft, wie aus

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