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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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nicht der Vergangenheit, und Victor gehört dorthin, wo er geboren wurde - in die Vergangenheit. Wir können niemals wieder zusammenkommen.
    Und dennoch bin ich froh und würde diese Erfahrung gegen nichts auf der Welt eintauschen. Ich trauere nicht, daß sie vorüber ist. Ich freue mich daran. Denn sie hat mich lebendiger gemacht. Nur eines hatte ich noch zu tun. Als Elsie meinte, es sei Zeit zu gehen, und anfing, ihre Sieben-Sachen einzupacken, sagte ich: »Ich würde gern noch einen Moment bleiben, Elsie. Ich möchte Großvater etwas sagen.« Sie sah mich erstaunt an.
    »Würdet ihr mich mit ihm allein lassen? Ja, bitte? Ich muß bald wieder abreisen, und ich glaube nicht, daß ich so schnell wieder nach England komme - weißt du, ich möchte einfach noch ein bißchen mit ihm reden, ehe ich gehe.« Elsie sah William an. »Du meinst, wir sollen rausgehen?«
    »Wenn es euch nichts ausmacht.«
    »Aber er kann dich doch gar nicht hören -« Sie unterbrach sich und schüttelte den Kopf. »Natürlich kannst du mit ihm reden, Kind, es wird ihm bestimmt guttun. William und ich warten im Auto. Laß dir ruhig Zeit.«
    »Danke, Elsie.«
    Sie klappten ihre Stühle zusammen, stellten sie in die Ecke und gingen durch die Schwingtür hinaus. Ich wartete am Fenster, bis ich sie aus dem Gebäude kommen und über den Parkplatz zum Auto gehen sah, dann kehrte ich an das Bett meines Großvaters zurück, kniete nieder, so daß mein Kopf mit seinem auf gleicher Höhe war, und sagte dicht an seinem Ohr: »Großvater? Kannst du mich hören? Ich bin's, Andrea.«
    Sein Blick blieb weiter an die Zimmerdecke gerichtet, sein Gesicht zeigte keine Regung.
    »Großvater«, sagte ich wieder leise und eindringlich. »Ich bin's, Andrea, deine Enkelin. Kannst du mich hören? Ja, ich glaube, du hörst mich. Aber du bist eingesperrt.
    Eingesperrt in einem Körper, der sich nicht bewegen kann. Aber du kannst mich hören, nicht wahr?«
    Wieder beobachtete ich ihn, das ruhige Gesicht, die blicklosen Augen. Es gab kein Anzeichen dafür, daß er mich gehört hatte. Dennoch fuhr ich zu sprechen fort: »Ich muß dir etwas sagen, Großvater, ehe ich wieder nach Amerika fliege. Es geht um deinen Vater -
    Victor. Bitte hör mir genau zu.« Ich weiß nicht, wie lange ich an dem weißen Krankenbett kniete

    und zu dem alten Mann sprach. Ich erzählte langsam und genau und berichtete ihm alles, was mir in seinem Haus in der George Street widerfahren war. Ich ließ nichts aus, sondern begann bei meinem ersten Abend, als ich ›Für Elise‹ gehört hatte, und endete bei meinem Traum der vergangenen Nacht und meinem letzten Gespräch mit Victor. Ich beschrieb ihm jede einzelne Episode, jedes Detail, und ließ mir viel Zeit, um sicher zu sein, daß er alles verstand.
    Am Ende sagte ich: »Nun weißt du es, Großvater. Deine Mutter hat dich nicht verachtet und gehaßt. Sie hat dich geliebt. Sie hat dich sehr geliebt. Du warst die einzige Freude in ihrem Leben. Sie ist nicht gestorben, weil sie die Erinnerung an die Nacht deiner Zeugung nicht ertragen konnte, wie man dir das erzählt hat; sie ist an gebrochenem Herzen gestorben. Sie glaubte, Victor hätte sie vergessen. Du hast immer geglaubt, sie müsse dich gehaßt haben, Großvater, sie müsse schon deinen Anblick gehaßt haben, weil du sie an einen grauenvollen Moment in ihrem Leben erinnert hast. Aber so war es nicht. Es war genau umgekehrt. Du hast sie an den einzigen Moment überwältigenden Glücks in ihrem Leben erinnert. Großvater, du warst ein Kind der Liebe!« Ich hing an seinem Bettrand und hätte nicht sagen können, ob das, was ich ihm erzählt hatte, irgendeine Wirkung auf ihn hatte. Ich sah immer nur das Gesicht eines gequälten kleinen Jungen vor mir, der bei seiner invaliden Großmutter lebte, die ihn mit Schauergeschichten über seinen Vater großgezogen hatte, weil sie selbst es nicht anders gewußt hatte.
    Noch einmal neigte ich mich zu ihm, um ihm noch ein Letztes zu sagen. Ich sagte ihm, seine Mutter und sein Vater seien in jenem anderen Reich, das wir nicht begreifen können und in das er selbst bald eintreten würde, wieder vereint. Und ich sagte ihm, daß sie dort auf ihn warteten.
    Danach richtete ich mich auf und wartete, unsicher, ob er irgend etwas von dem, was ich gesagt hatte, aufgenommen hatte. Sein Gesicht blieb unbewegt, seine Augen waren stumpf und leer. Aber dann sah ich, wie sich seine Lippen bewegten. Es sah aus, als wollte er etwas sagen.
    Ich beugte mich vor und fragte: »Was

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