Haus der Löcher (German Edition)
und wollte, dass man es sah. Sie trug ein T-Shirt, Shorts mit breiten Aufschlägen und gestreifte Sandalen. Nur die Sandalen hatten die richtige Größe.
Sie ging in ein Geschäft, in dem es Aufziehohren, Aufziehnasen und andere aufziehbare Körperteile und alle möglichen witzig gemeinten Ziergegenstände gab, die sie selbst nicht haben wollte, aber gern jemandem zum Geburtstag geschenkt hätte. Im Geschäft stand ein Mann um die dreißig und schaute gedankenverloren auf die Straße. Als die Tür bimmelte, um Jessicas Eintreten anzuzeigen, wandte er sich ihr zu und erschrak. Sie sah, wie ihm diverse Gefühle übers Gesicht zuckten. Keuchend griff er nach einer Auslage mit winzigen ausgestopften Äffchen, um sich zu stützen.
«Ist alles in Ordnung?», fragte ihn Jessica.
«Ja, alles gut», sagte er und tat kleine, flache Atemzüge. «Es ist nur so, wenn ich eine Frau von einer bestimmten Schönheit sehe, kann ich einfach nur vom Hinsehen kommen. Würde es Ihnen etwas ausmachen?»
«Nein, nur zu», sagte Jessica. «Ich möchte bloß ein wenig stöbern.» Sie wandte sich von ihm ab und nahm ein Kartenspiel «Politische Korruption» zur Hand. Als sie sich wieder umdrehte, sah sie, dass sein Blick auf ihrem Hintern lag. Rasch hob er ihn zu ihrem Gesicht, und seine Lippen öffneten sich. Ein erstickter, schmerzvoller kleiner Seufzer entfuhr seinem Mund, und er beugte sich erschauernd vor. Er wischte sich etwas Spucke vom Mund.
Sie ging zu ihm. «Ist es gerade passiert?», fragte sie.
Er nickte. «Ich weiß, es ist komisch. Für eine bestimmte Schönheit bin ich abartig offen. Und Sie scheinen sie zu haben.»
«Na, freut mich, dass es geklappt hat», sagte sie.
Er tat einen langen, tiefen Atemzug und lachte dann kopfschüttelnd. «Ich heiße Bosco. Ich möchte Sie malen», sagte er und reichte ihr eine Karte. «Ich glaube, ich wollte noch niemanden so gern malen wie Sie. Wie heißen Sie?»
Sie sagte es ihm.
«Nun, Jessica, ich hoffe, Sie kommen mal in mein Studio und ziehen sich aus und posieren für mich.»
Sie dankte ihm, aber dann zögerte sie. In seinen Augen lag etwas Flehendes und Hoffendes, das sie noch nie bei einem Mann gesehen hatte. «Wo kann ich Ihre Bilder sehen?», fragte sie.
Er sei in einer Gruppenausstellung in einer Galerie nicht weit von hier, sagte er. «Möchten Sie jetzt gleich hin? Dann können Sie sehen, ob Ihnen meine Bilder gefallen.»
«Ja, doch, gern», sagte Jessica.
Sie gingen die Straße entlang. Bosco fragte Jessica, was sie in der Schule mache und ob sie vorher schon gemodelt habe. Sie sagte, sie habe schon für Fotografen posiert, aber noch nie für einen Maler.
«Das ist etwas ganz anderes», sagte Bosco. «Fotografen machen ganz viele Bilder. Ein Maler schaut Sie lange, lange an und macht dann ein Bild. Es ist eher wie eine Geburt. Nicht, dass ich wüsste, wie das ist.»
«Ich auch nicht», sagte sie.
«Alles zu seiner Zeit», sagte er.
Sie gingen in eine kleine, von Deckenstrahlern erhellte Galerie. Darin stand ein Tisch mit ein paar Kräckern darauf. Der Dip und die Möhren und der Sellerie waren schon fast aufgegessen. Sie nahm einen Kräcker und brach ihn mit der Hand. «Welche sind Ihre?», fragte sie.
Er dirigierte sie zu einer Wand mit fünf Gemälden. Sie alle zeigten Frauen, die auf einem Stuhl saßen, eine Hose an, aber nichts über den Brüsten. Einige saßen entspannt da, andere wirkten verkrampft. Er hatte etwas Ungewöhnliches in ihrem Ausdruck eingefangen, etwas Trauriges, Menschliches. «Ich mag ihre Gesichter», sagte Jessica.
«Danke, hören Sie, entschuldigen Sie mich einen Augenblick? Meine Unterhose ist ganz nass von meinem Saft, ich ziehe sie nur schnell aus und werfe sie weg.»
Bosco ging nach hinten und kehrte einige Minuten später zurück. Jessica war stehengeblieben und hatte die Frauen betrachtet. Sie spürte, dass jemand sie ansah, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass er sie wieder anstarrte.
«Gibt es denn auch ein Honorar?», fragte sie, um ihre Würde zu wahren.
«Nennen Sie eines», sagte er.
«Der Fotograf, für den ich Modell gesessen habe, hat mir zweihundert Dollar gezahlt.»
Er schüttelte den Kopf. «Ich verkaufe das Gemälde für achttausend, wovon die Galerie fünfzig Prozent behält. Mein Bruttohonorar beträgt also viertausend Dollar. Nichts, was ich male, gäbe es ohne Ihre Schönheit. Wie wäre es deshalb mit zweitausend für Sie und zweitausend für mich?»
Sie überlegte. «Das ist großzügig. Aber gern,
Weitere Kostenlose Bücher