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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Chisholm Menschen, die als Leibeigene bezeichnet wurden, faktisch aber längst eigene kleine Ländereien besaßen. Ja, die stufenweise Abschaffung der Leibeigenschaft (eine der unumstößlichen Bedingungen des Kaiserreichs Charis) hatte weder in Emerald noch in Chisholm für Aufsehen gesorgt. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollte diese Umstellung endgültig abgeschlossen sein.
    In Corisande und vor allem in Zebediah war die Lage ein wenig komplizierter: Dort waren die Bedingungen der Leibeigenschaft abhängig vom jeweiligen Großgrundbesitzer. In Manchyr, Tartarian oder Airyth beispielsweise hatte es überhaupt keine Leibeigenen gegeben, und in Rochair, Coris, Barcair, Anvil Rock und auf der Windstochter-Insel war die Lage annähernd so wie in Chisholm. Es war vermutlich kein Zufall, dass alle Lords, die sich der Nord-Verschwörung von Corisande angeschlossen hatten, eine drastischere Form der Leibeigenschaft pflegten. Dies in Corisande abzuschaffen, würde länger dauern.
    Doch in Harchong gab es nicht nur Leibeigene, sondern auch Sklaven. Und zwar reichlich. Während es in Charis – und Emerald, Chisholm und Corisande, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung – eine geschäftige, hochmotivierte Arbeiterschaft gab, die eine stetig wachsende Mittelklasse ebenso unterstützte wie die wirklich wohlhabenden Unternehmer wie Ehdwyrd Howsmyn, gab es in Harchong gewaltige Plantagen, auf denen Sklaven in unfassbarer Zahl schufteten. Auch in den harchongesischen Manufakturen arbeiteten fast ausschließlich Sklaven. In Harchong gab es keine Mittelklasse, keine freien Arbeiter und eindeutig nicht annähernd so viele erfahrene Matrosen wie in Charis. Harchongesische Kriegsschiffe wurden mit Leuten bemannt, die oft im wahrsten Sinne des Wortes mit der Peitsche an Bord getrieben worden und die einer brutalen, von Willkür geprägten Disziplin unterworfen waren. An Bord eines charisianischen Schiffes hätte eine derartige Behandlung unweigerlich zur Meuterei geführt!
    Und so war es nicht überraschend, dass die Besatzungen den Offizieren genau die Treue entgegenbrachten und genau den Unternehmungsgeist an den Tag legten, die sie auch verdienten. Jetzt, wo die ›Vierer-Gruppe‹ zum Heiligen Krieg aufgerufen hatte, mochte es an Bord der Schiffe der IHN ja ein gewisses Maß an Eifer – oder zumindest Bereitwilligkeit – geben. Der tief verwurzelte Glauben der harchongesischen Bauern und Leibeigenen gehörte zu den Dingen, die das ganze Kaiserreich überhaupt zusammenhielten. Die Priester an Bord dieser Schiffe appellierten nur allzu oft an jenen Glauben. Doch das stumpfsinnige Hinnehmen dieser brutalen, oft unmenschlichen Bedingungen, auch wenn es aus religiösem Eifer heraus geschah, war einfach kein Ersatz für den Feuereifer und die hohe Kampfmoral, die an Bord charisianischer Schiffe gang und gäbe waren.
    Auch bei der Flotte Gottes taten zahlreiche zwangsrekrutierte Leibeigene Dienst. Anders als bei der IHN jedoch waren sie innerhalb der Besatzung eindeutig in der Minderheit. Ihnen hatte man für die Teilnahme am Feldzug die Entlassung aus den rechtlichen Verpflichtungen versprochen, die sie an ihre Scholle banden. Sie erhielten auch die gleiche Heuer wie ihre Kameraden, die keine Leibeigenen waren. Ja, sie konnten sogar in den Rang eines Unteroffiziers aufsteigen!
    Die überwiegende Mehrheit der Mannschaften in der Flotte Gottes bestand aus freien Bürgern. Viele entstammten ganz wie in Charis den unteren Klassen. Allerdings war vor der Zwangsrekrutierung nur eine Hand voll von ihnen zur See gefahren. Die Vormachtstellung der Kirche in allen wirtschaftlichen Belangen der Tempel-Lande sorgte dafür, dass viele von ihnen – vielleicht sogar die Mehrheit – auf die eine oder andere Weise direkt mit der Kirche in Verbindung standen oder in einem der Myriaden kirchlicher Handelsunternehmen tätig waren. Daher waren all diese Matrosen persönlich daran interessiert, auch die weltliche Stellung der Kirche zu erhalten. Zudem war der Glaube in den Tempel-Landen wahrscheinlich ebenso tief verwurzelt wie im Kaiserreich Harchong. Die Leibeigenen Harchongs legten dabei nur eine stoischere Geduld an den Tag, denn sie ließen sich beinahe alles gefallen, ganz, als wären sie Schlachtvieh.
    Die Matrosen der Flotte Gottes waren demnach nicht annähernd so erfahren oder so gut ausgebildet wie die ICN. Es war offenkundig: Viele von ihnen hatten Angst bei der Vorstellung, den Charisianern in einer Schlacht entgegenzutreten. Doch

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