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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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scheinbar ins Leere. Ich wäre fast gestürzt, als die unsichtbaren Mauern, die mich umgaben, plötzlich verschwunden waren.
    »Vielen Dank, Officer...?«
    »Konstabier Saito, Sir. Was kann ich für Sie tun?«
    »Führen Sie mich herum«, schlug ich vor. »Was ist hier vorgefallen?«
    Der sumobäuchige Cop nickte und führte mich über den Rasen zu der Stelle, wo die beiden Gerichtsmediziner immer noch herumstocherten. Einer der beiden sah zu mir auf und holte Luft, um zu maulen, doch Kon-stabler Saito brachte ihn mit einem grimmigen Blick zum Schweigen. »Schon wieder Opfer, Sir«, sagte Saito unnötigerweise. Er zeigte auf einen aus flachen Steinen, die ehemals die Umrandung eines Blumenbeets gebildet hatten, improvisierten Altar. Irgend etwas war auf diesem Altar verbrannt worden - etwas, das einen Haufen geschwärzter, bröckeliger Knochen hinterlassen hatte.
    »Was war es?« fragte ich.
    »Pua'a«, antwortete einer der Gerichtsmediziner, um dann zu übersetzen: »Ein Schwein, Sir. Ein Ferkel.«
    »Und noch etwas anderes.« Die Stimme kam aus dem Nichts, von einer Stelle einen Meter rechts von mir. Ich erschrak und versuchte dann vorzugeben, daß nichts passiert sei. Magier - sie lassen sich immer wieder neue Methoden einfallen, damit ich Zustände bekomme.
    »Was soll das heißen?« fragte ich.
    »Hier ist noch etwas anderes getötet worden«, erläuterte die körperlose Stimme des Magiers. »Kein Schwein.«
    »Ein Metamensch?«
    »Ich bin nicht sicher«, sagte die Stimme. Ich warf einen Blick auf den Kahuna und sah, daß er die Stirn gerunzelt hatte. »Es ist abgeschirmt.«
    »Was heißt das, ›abgeschirmt‹?«
    Diesmal kam die Stimme aus dem Körper des Kahuna, der sich gerade erhob. »Hier hat es noch einen Todesfall gegeben«, erklärte er, »das kann ich spüren. Ich weiß aber nicht, was gestorben ist... und ich müßte eigentlich in der Lage sein, es herauszufinden.«
    Ich nickte, als verstünde ich tatsächlich, was er sagte. »Aber nur das Schwein ist verbrannt worden?«
    »Nur das Pua'a«, bestätigte der Schamane ungeduldig.
    Die Gerichtsmediziner waren offenbar mit dem Sammeln ihrer Knochen- und Asche-Proben fertig und tasteten jetzt die Altarsteine mit einem UV-Laser mit geringer Intensität ab, um latente Abdrücke zu Tage zu fördern. Viel Glück, Jungens - die Hitze des Feuers hatte höchstwahrscheinlich alles Verwertbare ausgelöscht.
    Ich kehrte dem Altar den Rücken und sah mir die Umgebung an. Irgendein kompliziertes Muster war in den Rasen geschnitten - nein, nicht geschnitten, erkannte ich plötzlich - gebratint worden. Die Linien waren scharf umrissen und überraschend dünn. So etwas ließ sich nicht dadurch erreichen, daß man Benzin verschüttete und es dann anzündete, wie ich zuerst gedacht hatte. Man benötigte etwas, das viel schneller und heißer brannte. Hmmm, dachte ich - jemand hatte sich hier einige Mühe gemacht.
    Ich trat zurück, um mir einen besseren Gesamtüberblick über das Muster zu verschaffen. Zwei konzentrische Kreise um den Altar, der den Mittelpunkt bildete, einer vielleicht zehn Meter im Durchmesser, der andere elf. Der einen Meter breite Ring zwischen den beiden Kreisen wurde von vier Linien in vier Sektoren eingeteilt. Ich begutachtete den Sonnenstand und schätzte - ja, die vier ›Speichen‹ schienen ungefähr mit den Kardinalrichtungen des Kompasses übereinzustimmen. In dem Ring befand sich ein Dutzend seltsamer, eckiger Symbole, die jedoch nicht eingebrannt, sondern aus kleinen, sorgfältig angeordneten weißen Kieselsteinen gebildet worden waren. Ich sah mich um - nein, wie ich vermutet hatte, gab es im Puowaina-Park keine offensichtliche Bezugsquelle für die Kiesel.
    Der Cop -Kahum war mit der astralen Begutachtung des Tatorts offenbar fertig und fotografierte jetzt sorgsam jedes der geheimnisvoll aussehenden Symbole. Ich ging zu ihm und wartete darauf, daß er mich zur Kenntnis nahm. Sein Stirnrunzeln verriet mir, daß er nicht wollte, aber ich sah, wie sein Blick zu meinem Abzeichen huschte. »Ja, Sir?« fragte er schließlich. (Das ›Sir‹ schien ihm körperliche Schmerzen zu bereiten.)
    Ich deutete mit der Fußspitze auf die konzentrischen Kreise. »Was ist das? Ein hermetischer Kreis? Irgendeine Art von Medizinhütte?«
    Er wollte die Augen verdrehen, das sah ich, aber es gelang ihm, den Impuls zu unterdrücken. Er zuckte die Achseln. »Weder noch«, sagte er, dann weniger gewiß: »Nicht wirklich.«
    »Was dann?« Ein weiteres Achselzucken.

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