Haus der Sonne
nach unten enger werdende Hose. Teure Kleidung von hoher Qualität, aber vom Stil her anachronistisch. Wann haben Sie zum letztenmal ein völlig zugeknöpftes Hemd ohne Krawatte und lockere Manschetten gesehen? Es war fast so, als sei der Elf direkt den virtuellen Seiten von Gentlemen's Monthly Online entsprungen, aber einer zwanzig Jahre alten Ausgabe. Instinktiv spielte ich ›Finde die Kanone‹. Kein Glück - wenn er etwas Größeres als die allerwinzigste Hold-Out bei sich hatte, hatte er eine erstklassige Möglichkeit gefunden, die Kanone zu verstecken.
Er blieb in nicht allzu großer Entfernung von mir stehen, und musterte mich nun seinerseits von oben bis unten. Es dauerte nicht länger als eine Sekunde, und darin lächelte er.
Plötzlich wurde mir klar, daß ich mich vor diesem Elf fürchtete.
Es war eine bestürzende Erkenntnis. Drek, er hatte nichts übermäßig Bedrohliches an sich. Sein Lächeln schien aufrichtige Belustigung auszudrücken und kein Machtlächeln zu sein, das darauf abzielte, zu beeindrucken oder einzuschüchtern. Seine Körpersprache war, nun, ich wußte nicht so recht, was ich davon halten sollte, aber sie war auch nicht bedrohlich.
Doch die Furcht war echt, Chummer. Aus irgendeinem Grund verursachte er mir ein ebenso frostiges Gefühl in den Eingeweiden wie ein Eiswasser-Einlauf. Manche Leute mag man auf den ersten Blick. Andere nicht. Nie zuvor war mir jemand begegnet, vor dem ich mich automatisch gefiirchtet hatte. Ich glaube aber, daß es mir gelang, einen neutralen Gesichtsausdruck zu bewahren.
Der Elf nickte grüßend - eine Geste mit dem formellen Anflug der Alten Welt. »Mr. Montgomery«, sagte er. Seine Stimme war ein Musikinstrument, fast unmenschlich perfekt in Timbre, Tonfall und Klangfülle. Jede Tri-deopersönlichkeit hätte für so eine Stimme seine Mutter eigenhändig erwürgt. »Ich hatte mir schon gedacht, daß ich Sie hier treffen würde.«
»Dann wissen Sie mehr darüber als ich«, sagte ich wahrheitsgemäß.
Er fand das amüsant, und sein Lächeln wurde breiter. »Nun, diese Möglichkeit besteht immer, nicht wahr, Mr. Montgomery? Oder darf ich Sie Derek nennen?«
»Warum nennen Sie mich nicht Brian Tozer?« sagte ich. Dann - was sollte es? - »Aber Dirk tut's auch. Sie sind an der Reihe.«
Der Elf nickte wieder, diesmal war es fast eine Verbeugung. »Quentin Harlech, zu Ihren Diensten. Aber Sie können mich Quirin nennen.«
Ich ignorierte diese offensichtliche Eröffnung.
Harlech setzte seine kugelsichere Sonnenbrille ab -blaue Augen, schärfer als eine Monofaserklinge - und sah sich ostentativ in der Gegend um. »Ziemlich faszinierend, nicht wahr?« bemerkte er leichthin.
Ich zuckte die Achseln. »Wenn man es versteht, würde ich sagen.«
Da lachte Harlech. Es war nicht das finstere Gackern, das ich irgendwie erwartet hatte, sondern ein kehliges, freies Lachen, das aufrichtige Belustigung ausdrückte. »Ja, natürlich, Dirk, natürlich. Werden Sie mit interessanten Berichten zurückkehren?«
»Hä?« Natürlich war das keine übermäßig gewitzte Antwort, aber es war alles, was mir im Moment dazu einfiel.
Quirin kicherte wieder. »Berichte, Derek, Sie wissen schon. Für jene, die Sie geschickt haben. Bestellen Sie ihnen Grüße von mir, wenn Sie sie weitergeben, ja? Aber das würden Sie ohnehin tun, auch ohne meine Aufforderung, nicht wahr?«
Ich schüttelte zögernd den Kopf. »Entschuldigen Sie die dämliche Frage, aber sind wir beide im gleichen Film? Oder verwechseln Sie mich vielleicht mit einem anderen Dirk Montgomery?«
Der Elf seufzte und stieß einen mißbilligenden Tststs- Laut aus. »Unehrlich gesprochen, Mr. Montgomery«, sagte er. Seine Stimme klang mehr enttäuscht als alles andere. »Welch plumpe Verstellung. Das steht Ihnen nicht gut zu Gesicht, Sir.«
Ich zeigte ihm meine leeren Handflächen. »Chum-mer«, sagte ich ruhig, »ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie reden.«
»Natürlich nicht, natürlich nicht«, sagte Quinn gönnerhaft und lachte wieder. »Und natürlich wissen Sie auch nicht, daß das Spiel begonnen hat«, fuhr er sarkastisch fort. »Sie wissen nicht, daß Ihre Tarnung aufgeflogen ist und daß Sie Ihre Zeit verschwenden. Dafür habe ich gesorgt. Das sollten Sie Ihrem Herrn wirklich mitteilen.« Sein Blick huschte über mein Abzeichen, und ich sah, wie sich seine Miene unmerklich veränderte. »Ihren beiden Herren«, fügte er hinzu.
Bevor ich ein Wort sagen konnte, wandte er sich mit einem endgültigen
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