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Haus ohne Hüter

Haus ohne Hüter

Titel: Haus ohne Hüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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jedenȱ
    einzelnenȱGegenstandȱherausȱundȱwandte,ȱihnȱernstȱanblickend,ȱdieȱeinzigeȱ
    VokabelȱfürȱGegenstände,ȱdieȱsieȱkannte,ȱdaraufȱan:ȱ»Zucker«.ȱAberȱsieȱsagteȱ
    esȱleise,ȱdieȱStirnȱrunzelndȱundȱmitȱeinemȱBlickȱaufȱHeinrich,ȱderȱimmerȱnochȱ
    rechnendȱamȱTischȱsaß.ȱ
    Martinȱ wünschte,ȱ Frauȱ Borussiakȱ würdeȱ wiederȱ singen,ȱ undȱ erȱ blickteȱ
    schrägȱ zuȱ Brielachȱ hinüber,ȱ derȱ mitȱ sehrȱ wichtigerȱ Mieneȱ dortȱ saß,ȱ undȱ
    plötzlichȱ tatȱ ihmȱ Brielachȱ leid,ȱ undȱ erȱ fragte:ȱ »Mußtȱ duȱ wiederȱ denȱ Planȱ
    machen?«ȱ
    »Mensch«,ȱ antworteteȱ Brielachȱ sofort,ȱ undȱ seinȱ Gesichtȱ entspannteȱ sich,ȱ
    »Mensch,ȱ ichȱ kannȱ dirȱ sagen,ȱ esȱ kotztȱ michȱ an.ȱ Zwanzigȱ Markȱ sollȱ ichȱ imȱ
    Monatȱheraussparen,ȱweilȱmeineȱMutterȱneueȱZähneȱbekommt.«ȱȱ
    »Oh,ȱZähneȱsindȱteuer.«ȱ
    »Teuer?«ȱ Brielachȱ lachte.ȱ »Teuer?ȱ Teuerȱ istȱ garȱ keinȱ Wort,ȱ Zähneȱ sindȱ
    unerschwinglich.ȱAberȱweißtȱdu,ȱwasȱichȱherausbekommenȱhabe?«ȱ
    »Wasȱdenn?«ȱ
    ȱ
    »Daßȱ Onkelȱ Leoȱ seitȱ zweiȱ Jahrenȱ vielȱ zuwenigȱ Geldȱ abgibt.ȱ Dasȱ Mittagessenȱ
    kostetȱ imȱ Durchschnittȱ nicht,ȱ wieȱ wirȱ damalsȱ festgesetztȱ haben,ȱ dreißigȱ
    Pfennige,ȱ sondernȱ wirȱ kommenȱ fastȱ aufȱ vierzigȱ Pfennige.ȱ Undȱ dasȱ
    Frühstück,ȱ dasȱ istȱ gemein,ȱ wirȱ habenȱ dieȱ Margarineȱ mitȱ zwanzigȱ Grammȱ
    angesetzt,ȱaberȱerȱfrißtȱmindestensȱvierzigȱundȱnimmtȱnochȱButterbroteȱmit,ȱ
    dasȱKrautȱistȱgarȱnichtȱgerechnetȱundȱjedesȱEiȱmitȱzwanzigȱPfennigen.ȱWeißtȱ
    du,ȱ woȱ manȱ fürȱ zwanzigȱ Pfennigeȱ einȱ Eiȱ bekommt,ȱ weißtȱ duȇs?«ȱ Brielachsȱ
    StimmeȱwurdeȱheiserȱvorȱEmpörung.ȱ»Nein«,ȱsagteȱMartin,ȱ»ichȱweißȱnicht,ȱ
    woȱesȱsoȱbilligeȱEierȱgibt.«ȱ
    »Ichȱnämlichȱauchȱnicht.ȱWennȱichȇsȱwüßte,ȱwürdeȱichȱhinrennen,ȱdamitȱwirȱ
    auchȱmalȱEierȱfressenȱkönnen.«ȱWilmaȱschienȱvonȱEiernȱnichtsȱzuȱhalten,ȱsieȱ
    hieltȱimȱAufzählenȱihrerȱGegenständeȱinneȱundȱsagte,ȱdasȱGesichtȱverziehend:ȱ
    »Leo,ȱ Leo«,ȱ sagteȱ sie,ȱ »Ei«ȱ undȱ Ȭȱ dannȱ strahlteȱ sieȱ plötzlich,ȱ weilȱ Eiȱ eineȱ
    Bereicherungȱ ihresȱ Vokabularsȱ bedeutete.ȱ »Wozuȱ brauchtȱ erȱ überhauptȱ
    morgensȱ einȱ Ei?«ȱ »Alleȱ Väter,ȱ auchȱ alleȱ Onkelsȱ bekommenȱ morgensȱ einȱ Ei«,ȱ
    sagteȱ
    212 ȱ
    Martinȱunsicher,ȱaberȱerȱverbesserteȱsichȱschnellȱundȱsagte:ȱ»Fastȱalle«,ȱdennȱ
    erȱwußteȱnichtȱgenau,ȱobȱesȱstimmte.ȱDasȱFrühstückseiȱwarȱihmȱimmerȱalsȱ
    Signumȱ derȱ Väterȱ undȱ Onkelȱ erschienen,ȱ aberȱ jetztȱ fielȱ ihmȱ ein,ȱ daßȱ
    BehrendtsȱOnkelȱkeinȱEiȱbekam.ȱ
    »Ichȱseheȱaberȱnichtȱein,ȱwarum«,ȱsagteȱBrielach.ȱErȱmachteȱmitȱdemȱBleistiftȱ
    einenȱ heftigenȱ Strichȱ aufsȱ Papier,ȱ alsȱ stricheȱ erȱ damitȱ Onkelȱ Leoȱ dasȱ Ei.ȱ Seinȱ
    Gesichtȱ warȱ blaßȱ vorȱ Wut,ȱ alsȱ erȱ weitersprach:ȱ »Nunȱ rechneȱ dirȱ aus,ȱ umȱ
    wievielȱ erȱ unsȱ betrogenȱ hat:ȱ siebenȱ Pfennigeȱ anȱ Margarineȱ mehr,ȱ wennȱ dasȱ
    überhauptȱ langt ,ȱ dennȱ manchmalȱ schmiertȱ erȱ sichȱ abendsȱ nochȱ einȱ Brot,ȱ
    zehnȱ Pfennigeȱ fürsȱ Mittagessen,ȱ undȱ ichȱ rechneȱ einenȱ Pfennigȱ fürsȱ Kraut,ȱ
    jetztȱ nimmȱ dieȱ dreiȱ Pfennigeȱ fürsȱ Ei,ȱ ichȱ rechneȱ mindestensȱ dreiȱ Pfennigeȱ
    mehr,ȱdasȱsindȱzwanzigȱPfennigeȱmalȱtausendȱTage,ȱdieȱerȱhierȱschonȱbeiȱunsȱ
    ißt:ȱ zweihundertȱ Mark,ȱ meinȱ Lieber.ȱ Nunȱ weiter.ȱ Dasȱ Brotȱ wirdȱ nichtȱ
    gerechnet,ȱweilȱwirȇsȱgeschenktȱkriegen,ȱseitȱzweiȱJahren.ȱAberȱichȱfrageȱdich:ȱ
    Wasȱwirȱgeschenktȱbekommen,ȱbekommtȱerȱdasȱauchȱgeschenkt?ȱWie?«ȱ
    »Nein«,ȱsagteȱMartinȱerschlagen,ȱundȱdasȱButterbrotȱschmeckteȱihmȱplötzlichȱ
    nichtȱmehr.ȱ
    »Na,ȱalsoȱrechneȱbitteȱbeiȱdiesemȱFreßsackȱruhigȱdeineȱvierzigȱPfennigeȱfürsȱ
    Brot,ȱ rechneȱ ruhigȱ nochȱ fünfȱ Pfennigeȱ fürȱ Stromȱ hinzu,ȱ umȱ denȱ erȱ unsȱ
    betrügt,ȱ soȱ kommstȱ duȱ gutȱ aufȱ fünfȱ Pfennigeȱ inȱ tausendȱ Tagen,ȱ dasȱ sindȱ
    fünfzigȱ Mark,ȱ undȱ vierzigȱ Pfennigeȱ fürȱ siebenhundertdreißigȱ Tageȱ Ȭȱ

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