Haut aus Seide
bewahren.
Philips ältere Schwester stieß ihm einen Ellbogen in die Seite und kicherte. Glücklicherweise war sie über dem lauten Klang der Orgel nicht zu hören. Philips Onkel Eustace, stocktaub und entsprechend laut, haute in die Tasten, als wolle er die Engel auf ihren Wolken wecken. Und dann geschah ein Wunder. Bea erschien genau in dem Moment im Eingang der Kirche, bevor Onkel Eustace eine erstaunlich beschwingte Version von »Jerusalem« anstimmte. Die plötzliche Stille rauschte in Lelas Ohren, und sie presste die Hände vor ihrer Brust zusammen. Bea sah so wunderschön aus, dass die Freundin kaum auf das hinreißende Kleid achten konnte. Das Gesicht hinter dem Schleier aus irischer Spitze glühte vor Glück. Die Wangen rosa, die Augen strahlend. Alles drehte sich auf den Bänken um, und es ging ein bewunderndes Raunen durch die Kirche. Lelas Herz raste vor Stolz.
Das hier war um so vieles aufregender, als den Schlüssel zu Meilleurs Amis in die Hand gedrückt zu bekommen. Das war der Beginn eines völlig neuen Lebens.
Bea blieb am Ende des blassrosa Läufers stehen und dachte einen Moment, wie schön es doch gewesen wäre, wenn sie jemand zum Altar geführt hätte. Hätte sie jemand anderen geheiratet, hätte Philip diese Aufgabe sicher übernommen. Der alte Mr. Carmichael – genauso liebenswürdig wie sein Sohn – hatte angeboten, sie zu führen, aber Bea hatte sich entschieden, allein zum Altar zu schreiten. Ich verschenke mich ganz selbst, dachte sie, mit ganzem Herzen und ganzer Seele.
Und so rauschte sie allein in Richtung Altar. Der Traum eines Kleides aus cremefarbenem Satin gab ihr das kindliche Gefühl, Aschenputtel zu sein, die langsam auf ihren Prinzen zuschritt. Der Anblick ihres Geliebten im weißen Smoking reichte aus, um weiche Knie zu bekommen – bis sie sein blasses Gesicht bemerkte. Bea hatte ihm natürlich keine Angst einjagen wollen, sondern lediglich Andrews Schneeglöckchen-Bouquet vergessen. Er hatte es ihr in einer speziellen Kühlbox zusammen mit einer rührenden Bitte um Vergebung zugeschickt. Philip sei ein Glückspilz, schrieb er, und sogar fast gut genug für sie. Bea hatte keine Ahnung gehabt, dass der kokette Amerikaner so bescheiden sein konnte. Und auch wenn er nicht gerade zu den Menschen gehörte, die Philip am allerliebsten mochte, wünschte sie jetzt doch, sie hätte ihn eingeladen. Was immer Andrew in der Vergangenheit auch getan hatte, er war ein unglaublich liebenswerter Gespiele gewesen. Eigentlich sogar einer ihrer nettesten. Vielleicht würde es ihnen eines Tages ja sogar gelingen, Freundschaft zu schließen. Aber immerhin trug sie in diesem Moment seine Blumen.
Sobald sie dicht genug vor Philip angelangt war, wedelte sie erklärend mit dem Bouquet. »Ich konnte es nicht rechtzeitig finden.«
Simon Graves murmelte in der ersten Bankreihe ein paar protestierende Worte, die Bea nicht verstehen konnte. Aber als sie sich zu ihm umsah, strahlte er sie an und schüttelte nur den Kopf.
Philip war nicht so ruhig. Er zog ein Taschentuch aus seinem Smoking und wischte sich über die Augenbrauen. Die Gemeinde lachte einhellig.
»Nun«, erhob der Pfarrer die Stimme, um nicht übertönt
zu werden. »Dann haben wir uns ja nun endlich alle im Angesicht Gottes versammelt.«
Der Rest der Zeremonie vollzog sich in ähnlicher Manier. Philip, der sie bisher immer nur Bea genannt hatte, stolperte über ihren richtigen Namen. Sein sechsjähriger Neffe ließ den Ring fallen und musste ihm unter den Augen aller Anwesenden durch die halbe Kirche nachjagen. Und als Beas frisch angetrauter Gatte ihr nach dem Ja-Wort einen scheinbar perfekten Kuss auf die Lippen drückte, sagte Lela in ihrem flapsigsten Ton: »Na, komm schon, Phil. Das kriegst du doch wohl noch ein bisschen besser hin.«
Natürlich kriegte er es noch besser hin und beugte sie wie beim Tango über seinen Arm.
»Ich liebe dich«, sagte er, als sie endlich wieder zu Atem kam.
» Je t’aime pour toujours «, erwiderte Bea, denn nur ihre Muttersprache reichte aus, um ihre Empfindungen in Worte zu fassen. »Für immer, mon amour .«
» Toujours «, wiederholte Philip und warf lachend den Kopf zurück. Das schien ein guter Anfang für eine gute Ehe zu sein.
Mit langsamen Schritten, die immer wieder von zahllosen Küssen und Rückenklopfern begleitet wurden, schaffte das Paar es schließlich ins Freie. Dort wartete bereits eine Überraschung auf sie: eine Meute Reporter mit Mikrofonen.
»Verdammt!«, entfuhr
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