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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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vierdimensionalen Raum umgewandelt, in dem sich die physikalischen Berechnungen als Integrale über alle möglichen vierdimensionalen Geometrien ausführen lassen. Denn ohne die Wick-Rotation versagt die Pfadintegral-Methode in der Quantenkosmologie, weil die Ergebnisse falsch, sinnlos oder zumindest nicht eindeutig werden. Die Einführung der imaginären Zeit, die Hawking auch in seinem Bestseller Eine kurze Geschichte der Zeit erwähnt hatte, und die bei den Lesern wohl die größten Verständnisschwierigkeiten oder Missverständnisse auslöste, ist also notwendig, um die Pfadintegral-Methode anzuwenden. Diese funktioniert nämlich nur, wie Hawking betont, „wenn man Geschichten wählt, die in der imaginären Zeit stattfinden und nicht in der realen Zeit, in der wir uns selbst wahrnehmen. Die Wahrscheinlichkeiten aller Teilchengeschichten mit bestimmten Eigenschaften, etwa dass sie zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte Örter passieren, werden aufsummiert. Das Ergebnis muss dann auf die reale Raumzeit, in der wir leben, rückextrapoliert werden. Dies ist nicht gerade ein vertrautes Verfahren in der Quantentheorie, führt aber zu den gleichen Ergebnissen wie andere Methoden.“
› Die Magie des Imaginären
    â€žIn realer Zeit gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder erstreckt sich die Zeit unendlich weit in die Vergangenheit, oder sie beginnt mit einer Singularität“, fasst Hawking die grundlegende Alternative in der modernen Kosmologie zusammen. Diese Unterscheidung zwischen Ewigkeits- und Anfangskosmologien ist nicht neu, sondern wurde und wird in der Philosophie und Theologie seit vielen Jahrhunderten diskutiert. Hawkings Keine-Grenzen-Vorschlag eröffnet eine weitere Möglichkeit, indem er gleichsam einen theoretischen Schritt zur Seite tritt. „Man kann sich aber auch eine andere Zeitrichtung vorstellen, die in rechten Winkeln zur realen Zeit verläuft“, sagt Hawking. „Diese nennt man die imaginäre Richtung der Zeit. In der imaginären Richtung der Zeit muss es keine Singularitäten geben, die einen Anfang oder ein Ende des Universums bilden.“
    Das mag für Laien fast wie Magie wirken, ist aber handfeste und auch gar nicht umstrittene Mathematik – allerdings trotzdem nicht anschaulich fassbar. Dennoch ist die imaginäre Zeit weniger geheimnisvoll und extravagant, als es zunächst den Anschein hat. Sie stellt in erster Linie ein rechnerisches Hilfsmittel dar. Doch sie nur als Trick abzutun, würde zu kurz greifen, wie Hawking betont. „Man könnte meinen, imaginäre Zahlen seien lediglich eine mathematische Spielerei, die nichts mit der realen Welt zu tun habe“, schrieb er und räumte ein, dass man „keine imaginäre Zahl von Apfelsinen kaufen oder eine imaginäre Kreditkartenrechnung erhalten“ könne. Aber die imaginäre Zeit hat sehr wohl eine praktische Bedeutung (übrigens nicht nur bei Berechnungen in der Kosmologie). „Wie sich herausstellt, sagt ein mathematisches Modell, das die imaginäre Zeit einbezieht, nicht nur Effekte voraus, die wir bereits beobachtet haben, sondern auch solche, die wir noch nicht haben messen können, von deren Vorhandensein wir aber aus anderen Gründen überzeugt sind.“
    Reelle und imaginäre Zeit: Wird das Universum im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben, hat es im Urknall eine Singularität, in der die Naturgesetze außer Kraft sind – und ebenso im Endknall, falls es dazu käme. Das ist mit dem Schnittpunkt von Längengraden an den Polen vergleichbar (links). Doch in der Natur kann eine Singularität aufgrund ihrer unendlichen Dichte, Energie und Krümmung nicht existieren – sie ist ein mathematisches Artefakt, das den Zusammenbruch der Theorie markiert. Daher suchen Kosmologen nach singularitätsfreien Modellen. Hawking entwickelte ein solches („Instanton“) mithilfe der imaginären Zeit. Diese steht gleichsam senkrecht zur uns vertrauten reellen Zeit und hat – wie bei den Breitengraden – keine Singularität (rechts).
    Mithilfe der imaginären Zahlen wird die reale Zeit also gleichsam verräumlicht: Die imaginäre Zeitkoordinate ist dann quasi eine Raumkoordinate. Das macht einen entscheidenden Unterschied. Erst dadurch lässt sich die unphysikalische Singularität vermeiden.
    Zwei Welten: Das Universum begann im Rahmen plausibler Annahmen der

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