Hawkings Kosmos einfach erklaert
nicht um, sondern bleibt erhalten. Hypothetische Astronomen der Zukunft würden also beobachten, wie die Galaxien sich immer näher kommen und die Temperatur des Weltraums steigt. Schwarze Löcher würden jedoch weiter Materie verschlingen und dabei ständig gröÃer werden, bis sie im finalen Stadium des Universums verschmelzen und immer mehr Raum einnehmen. Der Endknall wäre somit kein Spiegelbild des gleichförmigen Urknalls, sondern extrem inhomogen, das heiÃt aufgrund der bis zuletzt stark schwankenden Masseverteilung durch die Schwarzen Löcher und deren Raumzeit-Deformationen gleichsam zerknittert. Auch die Entropie würde bis zum Schluss wachsen, denn ihr gröÃter Anteil steckt in den Schwarzen Löchern.
âWas soll man tun, wenn man feststellt, dass man einen solchen Fehler begangen hat?â, schrieb Hawking bereits in seiner Kurzen Geschichte der Zeit . âManche Menschen geben nie zu, dass sie Unrecht haben, und finden ständig neue, oft sehr widersprüchliche Argumente, um ihren Standpunkt zu vertreten.â Andere behaupten, sie hätten die falsche Auffassung niemals favorisiert oder nur, um ihre Unhaltbarkeit zu zeigen. âMir erscheint es weit besser und klarer, wenn man schwarz auf weià zugibt, dass man sich geirrt hat. Man denke an Einstein, der die Kosmologische Konstante, die er einführte, um ein statisches Modell des Universums aufrechterhalten zu können, als gröÃten Fehler seines Lebens bezeichnete.â
⺠Der groÃe Brunch
Ob Hawkings Fehler wirklich einer ist, kann trotz seiner sicherlich berechtigten Korrektur noch immer bezweifelt werden. (Auch Einsteins âgröÃte Eseleiâ war insofern gar keine, als die Kosmologische Konstante ja doch in seinen Feldgleichungen vorkommt und heute sogar der einfachste Kandidat zur Erklärung der mysteriösen Dunklen Energie ist.) âEs hat den Anschein, dass Hawking ursprünglich gar keinen Fehler gemacht hatâ, meint zumindest H. Dieter Zeh von der Universität Heidelberg. âSein Fehler war vielmehr, dass er wegen einer halbherzigen Verwendung der Quantentheorie einen Fehler sah und immer noch einen sieht, wo gar keiner ist.â
Der emeritierte Physik-Professor, vielleicht der renommierteste Zeitpfeil-Experte weltweit, hat zusammen mit Claus Kiefer von der Universität Köln andere Schlussfolgerungen aus quantenkosmologischen Modellen gezogen. âIm Rahmen einer halbklassischen oder gar klassischen Theorie ist Hawkings Betrachtungsweise konsistentâ, sagt Kiefer. âDer springende Punkt ist aber, dass die Grundgleichung in der Quantenkosmologie prinzipiell keinen Unterschied zwischen Urknall und Endknall machen kann.â Anfang und Ende des Universums wären, wenn das zutrifft, wie exakte Spiegelbilder. âDas sind in der Theorie der Quantengravitation dieselben Zuständeâ, sagt Zeh. Er verschmilzt daher die Begriffe âBig Bangâ (Urknall) und âBig Crunchâ (Endknall, âDas GroÃe Knirschenâ) augenzwinkernd zum âBig Brunchâ.
âUrknall und Endknall lassen sich nur unterscheiden, wenn eine klassische Raumzeit existiert. Das ist in unserem Modell der Quantenkosmologie jedoch nicht der Fallâ, betont Claus Kiefer. Daher würden â so die verblüffende Konsequenz â auch Schwarze Löcher nicht ewig weiterwachsen, sondern im kollabierenden Universum wieder zu Sternen werden, die von allen Seiten Licht einsammeln und sich schlieÃlich in Urgas zurückverwandeln. Solche Formulierungen sind allerdings problematisch. Denn aus der Innensicht eines solchen Universums kann man davon nichts bemerken. Auch die Zeit im Bewusstsein eines Beobachters muss dem kosmischen Zeitpfeil folgen. Und dessen Umkehr kann niemand erleben, weil Quanteneffekte im Umkehrpunkt eines kollabierenden Universums alles auslöschen. Ein unbarmherziger Mechanismus würde die Welt, wie wir sie kennen, förmlich ausradieren.
Aber auch das ist umstritten. Somit bleibt die Frage nach der Zeitumkehr vorläufig offen. Und ob unser Universum jemals kollabieren wird, ist sowieso unklar. Immerhin kann man bei allen Unsicherheiten doch festhalten: Die Zeit wird es schon richten.
⺠Warum flieÃt die Zeit vorwärts?
So rätselhaft wie das Ende der Zeit, ist auch ihr Anfang. Woher stammt überhaupt die (vielleicht nur vorübergehende oder lokale) Asymmetrie der Zeit â oder zumindest
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