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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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der Prozesse in der Zeit?
    Die Frage ist auch deshalb so schwierig, weil die meisten Naturgesetze zeitsymmetrisch sind, also keinen Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft machen. Es hat jedenfalls den Anschein, dass sie vorwärts wie rückwärts gleichermaßen funktionieren. Wenn sie aber keine Zeitrichtung auszeichnen, dann muss es für diese einen anderen, tieferen Grund geben. Denn in den komplexen Systemen der Natur und Zivilisation lassen sich bekanntlich nur eindeutig gerichtete Prozesse beobachten: Blüten werden zu Äpfeln, die später verfaulen; Milch tropft in den schwarzen Kaffee und macht ihn braun; ein Glas fällt vom Tisch und zerspringt in tausend Scherben.
    Im Wesentlichen kann man drei Arten von Antworten unterscheiden.
    â€º   Nichtreduzierbarkeit: Die Zeitrichtung könnte ein essenzielles, grundlegendes Merkmal der Zeit sein, also kein von etwas anderem ableitbares oder irgendwie sonst erklärbares Phänomen. Zeit würde dann einfach vergehen und wäre unabhängig beispielsweise von der Entropie oder der Ausdehnung des Weltraums.
    â€º   Gesetze: Vielleicht gibt es ein fundamentales, aber noch unbekanntes Naturgesetz, das zeitasymmetrisch ist. So hofft Roger Penrose, aus einer Theorie der Quantengravitation würde ein solcher Superzeitpfeil folgen. Andere Wissenschaftler – wie der russisch-belgische Nobelpreisträger Ilya Prigogine – lokalisieren Zeitpfeile in den Eigenzeiten komplexer Systeme fern vom thermodynamischen Gleichgewicht, für die sie spezielle Gesetzmäßigkeiten postulieren. Das löst aber das kosmologische Problem nicht.
    â€º   Randbedingungen: Die meisten Physiker nehmen an, dass die Irreversibilität der Natur nicht auf zeitasymmetrischen Gesetzen beruht, sondern eine Folge spezifischer, sehr unwahrscheinlicher Anfangs- oder Randbedingungen ist. Wenn diese nicht ein außerordentlicher Zufall sind, wird das Problem zurück bis zur Entstehung des Universums verschoben.
    Auch Stephen Hawking meint, dass der Zeitfluss letztlich den Urknall als Quelle hatte. Er müsste also, in einem präzisen thermodynamischen Sinn, außerordentlich ordentlich gewesen sein. „Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik ergibt sich aus dem Umstand, dass stets mehr ungeordnete Zustände als geordnete existieren“, fasst Hawking zusammen und verdeutlicht dies mit dem Beispiel von Puzzle-Teilen in einer Schachtel: „Es gibt eine und nur eine Anordnung, in der sich die Teile zu einem Bild zusammenfügen. Dagegen existiert eine sehr große Zahl von Kombinationen, in denen Teile ungeordnet sind und kein Bild ergeben.“
    Ã„hnlich die Moleküle der Milch im Kaffee: Sie könnten sich wieder zu einem Tropfen zusammenballen. Sie tun dies zwar nicht, weil es sehr viel unwahrscheinlicher ist. Doch dass es sehr viel unwahrscheinlicher ist, liegt nicht an den Naturgesetzen, sondern an den Randbedingungen. Der Physiker Robert Wald von der University of Chicago brachte dies lakonisch so auf den Punkt: „Warum existiert der thermodynamische Zeitpfeil? Weil die gegenwärtige Entropie so gering ist! Und warum ist sie so gering? Weil sie früher noch geringer war!“
    Kosmischer Fingerabdruck: Die Kosmische Hintergrundstrahlung, das Relikt des ersten Lichts, erfüllt den Weltraum sehr gleichmäßig im Radiowellenbereich und ist nur drei Grad über dem absoluten Nullpunkt kalt. Sie hat Temperaturschwankungen von wenigen Hunderttausendstel Grad, die geringe Dichteschwankungen im Urgas widerspiegeln. Dieses über den ganzen Himmel verteilte Fleckenmuster (die Karte repräsentiert die gesamte, auf die Fläche projizierte „Himmelshohlkugel“) wurde hier in verschiedenen Farben codiert (rot = wärmer). Daraus können Kosmologen – wie Kriminalkommissare bei der Fingerabdruck-Identifikation von Personen – die Kennziffern unseres Universums ermitteln: Alter, Zusammensetzung, Geometrie und vieles mehr. Die Dichteschwankungen waren die Keimzellen der Galaxien und stammen wahrscheinlich von winzigen Quantenfluktuationen, die durch die Ausdehnung des Weltraums ins Gigantische vergrößert worden sind. Die Gleichförmigkeit der Hintergrundstrahlung ist ein Hinweis auf eine extrem geringe Entropie des Urknalls und ein großes Rätsel. Die Karte hat die Raumsonde WMAP (Wilkinson Microwave Anisotropy Probe) in siebenjähriger Messzeit gewonnen.
› Eine Zahl

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