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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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macht die Inflation sogar zwingend notwendig, wenn man eine von Hawking eingeführte statistische Gewichtung der Beobachtungsdaten in den Top-down-Ansatz einspeist. „Was wir fanden, ist, dass Entwicklungsgeschichten mit Inflation die höchste Wahrscheinlichkeit besitzen“, fasst Thomas Hertog eines der Hauptresultate zusammen. Das war ein Erfolg, auch wenn in den ersten Abschätzungen die Inflation meistens zu kurz währte.
    Und die Rechnungen zeigen noch mehr: Im Gegensatz zu dem ursprünglichen Instanton-Modell von Hawking und Hartle aus dem Jahr 1983 gibt es jetzt auch Modelle, bei denen das Instanton eine Art „Brücke“ zwischen einem kontrahierenden Vorgänger-Universum und unserem expandierenden All darstellt. Demnach wäre der Urknall kein absoluter Anfang, sondern ein Übergang. Dies wird in der Kosmologie traditionell „Bounce“ genannt. Das lässt sich im Deutschen mit „Rückprall“, „Umschwung“ oder sogar „Urschwung“ (in der Entsprechung zu „Urknall“) wiedergeben. Wichtig dabei: Der Bounce durchläuft keine Singularität. (Nebenbei: Solche singularitätsfreien Übergänge existieren sogar in Bounce-Modellen, die allein auf der Allgemeinen Relativitätstheorie beruhen, wenn die Kosmologische Konstante hinreichend groß ist. Außerdem haben einige Kosmologen seit Ende der 1980er-Jahre Bounce-Modelle auch im Rahmen von Quantengravitation-Modellen vorgeschlagen. „Urschwünge“, obgleich im Detail sehr verschieden, scheinen sich also aus sehr vielen unterschiedlichen theoretischen Annahmen und Grundlagen zu ergeben.)
    Falls das Universum beim Urschwung eine gewisse Mindestgröße besaß – viel kleiner als der Durchmesser eines Atomkerns –, haben quantengravitative Effekte möglicherweise gar keine Rolle gespielt. Das würde den Kosmologen das Leben sehr erleichtern. Sie könnten dann viel einfacher überprüfbare Voraussagen ableiten und bräuchten nicht unbedingt auf eine „Weltformel“ zu warten. „Die Stringtheorie wäre dann nicht nötig für die Kosmologie“, sagt Hawking. Dennoch wäre eine Theorie der Quantengravitation keineswegs überflüssig, wie er außerdem betont. Denn ohne sie bleibt unerklärlich, was in Schwarzen Löchern geschieht.
    Trio universale: Die Kosmologen James B. Hartle, Stephen Hawking und Thomas Hertog (von links) arbeiten schon seit vielen Jahren zusammen. Nun haben sie ein Modell entwickelt, demzufolge „vor“ dem Urknall ein Universum mit umgekehrter Zeitrichtung kollabiert ist.
    Wenn der Urknall tatsächlich ein Bounce war, also ein Übergang zwischen einem kollabierenden und einem (unserem) expandierenden Universum, dann stellt sich die Frage: Was war davor geschehen? Vielleicht lässt sich das niemals herausfinden. Doch ein wie auch immer erhärtetes kosmologisches Modell könnte durchaus gewisse Aussagen machen. Mehr noch: Vielleicht existieren im All sogar noch Spuren des Vorgänger-Universums – eingraviert beispielsweise im Gravitationswellenhintergrund oder, indirekt, im Temperaturverteilungsmuster der Kosmischen Hintergrundstrahlung. Manche Modelle, die den Urknall als Übergang beschreiben, haben dies bereits vorausgesagt.
    Hawking und seine Kollegen sind jedoch skeptisch, was solche kosmischen Fossilien betrifft. Zum einen ist es schwierig, die Natur der Instanton-Beschreibung zu interpretieren. Da das Instanton zeitlos ist – beziehungsweise nur die imaginäre, also verräumlichte Zeit hat –, wird die Rede von einem „Davor“ in gewisser Hinsicht sogar sinnlos. Außerdem bleibt die Frage nach der Realität eines Vorgänger-Universums. In einem Vortragsmanuskript vom Juli 2007 formulierte Hawking einen Vergleich mit der experimentell gut erforschten Paarerzeugung von Elektronen und Positronen in einem elektrischen Feld. Normalerweise interpretiert man sie als Entstehung der Teilchen aus Energie. Mathematisch lässt sich aber auch sagen, dass beide Teilchen sich aus dem Unendlichen kommend begegnen und wieder entfernen. Dies wäre dann eine Analogie zum Vorgänger-Universum. „In einer ähnlichen Weise sollte man der Kontraktionsphase des Universums keine physikalische Bedeutung zuschreiben, sondern einfach sagen, das Universum wurde beim Bounce quantenphysikalisch erzeugt“, meinte Hawking.
    EXKURS
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