Hawkings Kosmos einfach erklaert
Geschichte der Zeitâ mit einem neuen methodischen Ansatz zu (be)schreiben â oder alle Geschichten (also die Ãberlagerung aller Quanten-Historien â mehr dazu im Exkurs Hawkings Sicht von oben ).
Zusammen mit seinem ehemaligen Doktoranden Thomas Hertog, der inzwischen an der Université Paris-Diderot sowie an den Solvay-Instituten in Brüssel forscht, und mit Jim Hartle hat Hawking nun ein neues Weltmodell vorgeschlagen. Es ist noch nicht vollendet, also âwork in progressâ, und zum Teil spekulativ. Aber es geht deutlich über die früheren Modelle hinaus, ist realistischer, passt besser zu den Beobachtungsdaten und macht überprüfbare Voraussagen.
⺠Wortkarg am entscheidenden Punkt
Rückschlüsse auf die Entstehung des Alls sind zurzeit wieder der Schwerpunkt von Hawkings Arbeit. Auch in seinem neuen Bestseller, Der GroÃe Entwurf , bringt er die groÃen Fragen der Kosmologie erneut ins Gespräch â und verspricht sie zu beantworten. Doch dort, wo es besonders interessant, aber zuweilen auch mysteriös wird, sind Hawking und sein Co-Autor Leonard Mlodinow erstaunlich wortkarg. Zwar skizzieren sie brillant, wie das gegenwärtige Wissen von den Naturgesetzen das Universum weitgehend erklären kann. Trotzdem bleibt es im Buch sehr vage, wenn sich dann alles auf die groÃe Frage zuspitzt, wie und warum denn das Weltall überhaupt entstanden ist (mehr dazu in den Exkursen Alles aus Nichts? und Wie kam die Urknall-Energie in die Welt? ). Ãber den Urknall, den entscheidenden Punkt für alles weitere, schreiben Hawking und Mlodinow wenig.
Diese Wortkargheit ist eigentlich verwunderlich, denn Hawking hat darüber viel zu sagen. Ebenso problematisch: Die Erklärung des Urknalls ist keineswegs so weit gediehen, wie es Der GroÃe Entwurf suggerieren mag. Es sind nicht nur wesentliche Punkte ungeklärt oder umstritten, sondern es gibt auch einige konkurrierende Modelle, die sich drastisch von Hawkings Szenario unterscheiden. Kurz: Das letzte Wort ist hier noch lange nicht gesprochen; es lässt sich nicht einmal komplett buchstabieren.
Selbst grundlegende Fragen sind noch offen: Ob der Urknall nun der Anfang von allem war, nicht nur von unserem Universum. Ob mit ihm Raum und Zeit ins Dasein kamen oder er umgekehrt eine â wenn auch heftige â Episode in einer umfassenderen Raumzeit markierte. Und ob die Zeit endlich, ewig, kreisförmig oder eine Illusion ist; oder ob sie gar einen âPseudoanfangâ besitzt, das heiÃt mikroskopisch immer existiert, selbst in einem Quantenvakuum, aber eine makroskopische Richtung (âZeitpfeilâ) erst mit einem Urknall entfaltet. Nicht einmal in Hawkings eigenem Szenario ist das bereits entschieden. Insofern sind einfache beziehungsweise vereinfachte Botschaften zwar gut fürs Bücher-Marketing, aber sie erschweren die Orientierung.
EXKURS
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⺠Alles aus nichts?
âSpontane Erzeugung ist der Grund, warum etwas ist und nicht einfach nichts, warum es das Universum gibt, warum es uns gibtâ, schrieben Stephen Hawking und Leonard Mlodinow in ihrem populärwissenschaftlichen Buch Der GroÃe Entwurf . Das ist eine doppelte Aussage. Dass sich, erstens, die Natur durch Selbstorganisation entwickelt, ohne ein Design und einen Designer zu benötigen, haben wissenschaftliche Erkenntnisse inzwischen klar belegt. Doch, zweitens, ob quasi alles aus nichts â oder gar: dem Nichts? â entstanden sein könnte, wirft schwierigste metaphysische Fragen auf.
Aus nichts kommt nichts, heiÃt es oft; und wo etwas ist, da kann nicht nichts sein. Sogar die Schöpfung aus dem Nichts (âcreatio ex nihiloâ) ist streng genommen keine, sondern setzt ja einen Schöpfer voraus, der die Welt dann gleichsam in sich selbst trägt oder aus sich selbst heraus schafft. (âSchöpfung aus dem Nichtsâ ist ohnehin als Dogma gemeint im Kontrast zu älteren Vorstellungen, denen zufolge ein Schöpfer die Welt aus einem formlosen, aber bereits unabhängig vorhandenen Urstoff geschaffen hatte.) Doch die vielleicht fundamentalste Frage überhaupt â âWarum aber ist etwas und nicht vielmehr nichts?â, wie sie der Philosoph und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz einst formuliert hatte â wird durch theologische Klimmzüge allenfalls verschoben, nicht beantwortet. Wahrscheinlich gibt es überhaupt keine Antwort ... und auch nicht das
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