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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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Dieser „Top-down-Ansatz“ arbeitet sich gleichsam von der Gegenwart in die Tiefe der Zeit hinab. Er steht im Gegensatz zu den üblichen „Bottom-up-Ansätzen“, die einen bestimmten Anfangszustand im Urknall postulieren und untersuchen, ob sich dieser mit den Beobachtungen jetzt vereinbaren lässt.
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    Das Universum hängt gleichsam von uns ab. Jedenfalls in dem Sinn, dass unsere Existenz eine Raumzeit voraussetzt, die klassisch und groß ist – ein Weltraum eben, der Sterne beherbergen kann. Und das ist in der Quantenkosmologie keine triviale Annahme. Diese Spielart des Anthropischen Prinzips, das die menschliche Perspektive in den Mittelpunkt rückt, ist unter Kosmologen sehr umstritten – wie auch die Viele-Historien-Interpretation der Quantenphysik, die hinter Hawkings Überlegungen steckt. In Davis gab es so manches betretene Gesicht.
    Â Der Mensch als Maß aller Dinge? Das klingt extravagant und ist es auch. Denn hinter dem aufwendigen mathematischen Apparat steht ein auf uns – oder andere intelligente Beobachter – bezogener Selektionseffekt: Vieles ist möglich – die vielen Geschichten der Quantenphysik –, aber nur weniges wird „ausgewählt“, das heißt beobachtet, und damit relevant.
    Â So esoterisch, wie sich der Top-down-Ansatz vielleicht anhört, ist er allerdings gar nicht. Das macht ein Vergleich mit Charles Darwins Evolutionstheorie deutlich: Auch sie erlaubt nicht die Vorhersage – die sie ja zeitlich gesehen eine Nachhersage wäre –, dass sich die Spezies Mensch mit großer Wahrscheinlichkeit auf der Erde entwickelt haben muss, sondern gibt eine evolutionsbiologische Erklärung für diese zur Tatsache gewordene Existenz. Der Top-down-Ansatz steckt also nicht einfach das ins Modell hinein, was er am Ende wieder herausbekommen möchte. Vielmehr formuliert er eine theoretische, auf Beobachtungen beruhende Einschränkung, die die kosmologische Modellbildung vereinfacht oder, wie Hawking vielleicht eher sagen würde, überhaupt erst ermöglicht.
    Erst kürzlich hat Hawking sogar zwei für ihn anthropozentrische Interpretationen des Anthropischen Prinzips kritisiert: Zum einen das in der Kosmologie beliebte „Prinzip der Mittelmäßigkeit“ seines Kollegen Alexander Vilenkin, der mit der Annahme, wir seien typische Beobachter, kosmologische Parameter zu erklären versucht. Hawking: „Das wäre, als müsste ich sagen, dass ich ein Chinese bin, weil es viel mehr Chinesen als Briten gibt.“ Zum anderen die Vorstellung, unser Weltall wäre das lebensfreundlichste aller möglichen Universen: „Wir hätten einen besseren Ort haben können.“
    Â Damit nicht genug. Auch wenn der Top-down-Ansatz seinen Blick von „oben“ – aus der Perspektive unserer Gegenwart – hinab in die Tiefe der Zeit bis zum Urknall richtet, bleibt doch das Rätsel des Anfangs selbst bestehen. Mittlerweile haben Hawking, Hartle und Hertog es aber geschafft, den Top-down-Ansatz mit dem Keine-Grenzen-Vorschlag zusammenzubringen. Mehr noch, sie können auch das Szenario der Inflation integrieren. Und sogar die ominöse Dunkle Energie findet einen Platz. Sie wird einfach als zusätzliches Feld beschrieben, wie es auch viele andere Forscher tun.
    Als hartnäckige Schwierigkeit erwies sich auch, dass Hawkings ursprüngliches Modell nicht gut zum Szenario der Kosmischen Inflation passte, das damals gerade erst entwickelt worden war. Obwohl nicht unumstritten, sind die meisten Forscher – auch Hawking und seine Mitarbeiter – inzwischen davon überzeugt, dass eine solche Inflation unser Universum erst groß gemacht hat. Doch das Keine-Grenzen-Modell sagte voraus, dass der wahrscheinlichste Anfangspunkt ein Universum mit der kleinstmöglichen Vakuumenergie und der größtmöglichen Ausdehnung sei. „Dass ein unendlich großer, leerer und flacher Raum am wahrscheinlichsten aus dem Nichts entstanden sein soll, kann ich kaum glauben“, kritisierte zum Beispiel der Kosmologe Alex Vilenkin mehrfach. Eigentlich sollte doch umgekehrt ein winziger Raum ins Dasein gelangen, der dann aufgrund einer hohen Vakuumenergie sofort mit einer Inflation begann und so rasch riesig wurde.
    Diese Probleme ließen Hawking keine Ruhe. Immer wieder griff er sie mit verschiedenen Kollegen auf. Vor einigen Jahren kam ihm dann die Idee, die „kurze

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