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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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direkt um den Lichtkreis herum würde man hingegen keine Fliehkraft spüren; die Röhre erschiene von innen wie ein gerader Tunnel, und man könnte seinen eigenen Hinterkopf betrachten. Ist der Röhrenradius kleiner – ein instabiler Zustand! –, würde die Fliehkraft sogar nach innen deuten und die Röhre macht einen nach außen gekrümmten Eindruck. Das Gedankenexperiment beweist, dass selbst Rechts und Links relativ sind.
› Schwarze Löcher sind nicht ganz schwarz
    Der Ereignishorizont eines klassischen Schwarzen Lochs schrumpft niemals. Er kann nur wachsen – wenn das Schwarze Loch etwas in sich aufnimmt. Das hat Hawking 1971 im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie bewiesen, allerdings nur qualitativ. Anderen Physikern gelang es erst ab 2002, das Ergebnis auch zu quantifizieren, das heißt Formeln für die Wachstumsrate anzugeben. Inzwischen kann man also exakt ausrechnen, wie der Horizont abhängig vom Einfall von Materie und Strahlung zunimmt.
    Nach Hawkings erstem Resultat fiel dem israelischen Physiker Jacob Bekenstein eine Ähnlichkeit mit dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik auf. Demnach kann die Entropie eines Systems im statistischen Mittel nur zunehmen (oder bleibt im Gleichgewicht konstant). Die Entropie ist das physikalische Maß der „Unordnung“ ( siehe Exkurs Die Grabstein-Formel ). Bekenstein zeigte außerdem, dass die Entropie eines Schwarzen Lochs proportional zur Fläche seines Ereignishorizonts ist. Das klingt sehr abstrakt und ist es auch. Doch hinter dieser Überlegung verbarg sich – sogar ganz wörtlich – eine riesige Portion Sprengstoff, wie Hawking 1973 erkannte. Denn was eine Entropie hat, besitzt auch eine Temperatur. Und was eine Temperatur besitzt, muss Wärme abgeben. Das bedeutet: Schwarze Löcher sind doch nicht völlig schwarz, sondern senden Strahlung aus – wie gering auch immer. 1974 ließ Hawking dann die Bombe platzen – erst auf Vorträgen, dann in einer Fachpublikation: Schwarze Löcher können am Ende sogar explodieren!
    Diese Entdeckung machte Hawking – zusammen mit seinen Forschungen zur Urknall-Singularität – unter Physikern weltberühmt und wird immer ein großes Verdienst in der Geschichte der Wissenschaft bleiben. Das Resultat ist eine erste, noch zaghafte Verbindung von Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenphysik. Letztlich, so argumentierte Hawking, entzieht die Unschärferelation aus dem Gravitationsfeld eines Schwarzen Lochs Energie (Bild rechts).
    Verdampfende Finsterlinge: Hawkings spektakulärer Voraussage zufolge geben Schwarze Löcher Strahlung ab – und zwar umso mehr, je kleiner sie sind, bis sie schließlich explodieren. Das ist eine Folge zufälliger Quantenprozesse am Ereignishorizont: Im Vakuum entstehen aus den Energiefeldern, die selbst den vermeintlich leeren Raum durchziehen, permanent virtuelle Teilchen und Antiteilchen. Sie zerstrahlen aber sofort wieder. Fällt jedoch ein Partikel ins Schwarze Loch und das andere entkommt ihm, dann wird dem Loch Energie entzogen. (Da sich Antimaterie-Teilchen mathematisch als Teilchen beschreiben lassen, die sich rückwärts in der Zeit bewegen, könnte man sogar sagen, dass sie in gewisser Weise aus dem Loch herauskommen.) Die Folge der Hawking-Strahlung: Der Ereignishorizont schrumpft und in sehr, sehr langen Zeiträumen müssen sogar die supermassereichen Schwarzen Löcher verdampfen, wenn sie nichts mehr zu fressen haben.
    Die Quanteneffekte am Ereignishorizont sorgen also dafür, dass Schwarze Löcher Strahlung abgeben – je kleiner und masseärmer sie sind, desto mehr. Ihre Temperatur ist im Normalfall zwar winzig – bei einem stellaren Schwarzen Loch nicht einmal 10 –7 Grad über dem absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius. (Gegenwärtig gewinnen sie allerdings schon durch die minus 270 Grad kalte Kosmische Hintergrundstrahlung noch mehr als sie verlieren.) Doch wenn sich der Weltraum ewig weiter ausdehnt und das Universum beliebig alt werden kann, dann verdampfen Hawking zufolge alle Schwarzen Löcher irgendwann! Für ein stellares Schwarzes Loch dauert das zwar mehr als 10 66 Jahre, für ein supermassereiches sogar bis zu 10 100 Jahre (eine Zahl mit hundert Nullen!). Aber es wird geschehen. Und dann wird die Wunde, die der Gravitationskollaps in die Raumzeit gestochen hat, vollständig geheilt sein.
    Das Ende

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