Hawkings neues Universum
über eine mögliche Hintergrundstrahlung angestellt: in den USA von Robert Dicke, Jim Peebles, Peter Roll und David Wilkinson, in der Sowjetunion von Yakov B. Zel‘dovich, Andrei G. Doroshkevich and Igor Novikov. Die Forscher dachten auch über Messungen nach, um die Strahlung aufzuspüren. Währenddessen führten zwei Radioastronomen in New Jersey diese schon durch, ohne dass sie freilich von den kosmologischen Überlegungen wussten: Arno Penzias und Robert Wilson hatten 1964, um die Radiostrahlung der Milchstraße zu erforschen, in Holmdel eine 15 Meter lange Hornantenne aus Aluminium von den Bell Telephone Laboratories übernommen, die zuvor der Satellitenkommunikation gedient hatte. Bei 7,35 Zentimeter Wellenlänge maßen sie eine überschüssige und richtungsunabhängige Temperatur von 3,5 plus/minus 1 Grad. Die Forscher stießen auf ein Taubenpaar (deren Körperwärme ein halbes Grad ausmachte), das sich in der Antenne einquartiert hatte. Sie entfernten es, es kehrte zurück, wurde erneut verjagt, aber die überschüssige Temperatur blieb. Die Astronomen putzten den Taubendreck weg, die Temperatur blieb. Sie überklebten die Nieten der Antenne und erneuerten verschiedene Teile – doch die Temperatur blieb. Kurz: die Beobachter hatten ein Rauschen entdeckt, dessen Ursprung sie nicht erklären konnten, während zur gleichen Zeit die Theoretiker darüber nachdachten, dass es ein solches Rauschen geben musste, und sich fragten, wie es gemessen werden könnte.
Im Frühjahr 1965 erfuhr Penzias zufällig von Dickes Arbeiten und nahm Kontakt mit ihm auf. Die unverbundenen Puzzlesteine fügten sich sofort zusammen. In der Juli-Ausgabe des Astrophysical Journal erschienen dann direkt hintereinander die Artikel von Penzias und Wilson sowie von Dicke und seinen Kollegen: Die Kosmische Hintergrundstrahlung war entdeckt und als solche identifiziert worden! 1978 wurden Penzias und Wilson dafür mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Damit war die Kosmologie – früher nicht selten als zu spekulativ gescholten oder als vornehmlich mathematische Modellbildung und somit „graue Theorie“ abgetan – endlich auch für viele Nichtspezialisten als Teil der empirischen Naturwissenschaft anerkannt und etabliert.
Als der Weltraum wärmer war
Manche Thermometer lassen sich einfach nicht an die Wand hängen – denn dazu wäre eine Wand erforderlich weit größer als das Sonnensystem. Doch bekanntlich denken Astronomen in anderen Maßstäben als Durchschnittsbürger. Und sie geben sich auch nicht mit kleinen Quecksilbersäulen zur Temperaturmessung zufrieden. Es müssen schon intergalaktische Gaswolken sein – und damit wird auch nicht die Wärme in der guten Stube bestimmt, sondern die des ganzen Universums.
Die Temperatur des Weltraums ist definiert als die Temperatur der Kosmischen Hintergrundstrahlung. Sie muss früher höher gewesen sein und hat sich mit der Ausdehnung des Weltraums ständig abgekühlt. Schon 1968 erkannten Kosmologen, dass dies eine gute Möglichkeit zur Überprüfung der Urknall-Theorie eröffnet – bestimmte Anregungszustände der Atome sind nämlich ein Temperaturindikator, da die Energie der Hintergrundstrahlung die Energieniveaus der Elektronen beeinflusst.
Seit 1994 war es mehreren Forscherteams gelungen, mit Hilfe von Spektraluntersuchungen intergalaktischer Wolken zu verschiedenen Zeiten des Universums die Temperatur der Kosmischen Hintergrundstrahlung zu bestimmen. Die Messungen passten zwar zu den Voraussagen, konnten aber – da es sich nur um Obergrenzen handelte – nicht ausschließen, dass die Temperatur der Hintergrundstrahlung über alle Zeiten konstant war. Dies hätte jedoch der Urknall-Theorie widersprochen.
Um diese Möglichkeit auszuräumen und auch eine Untergrenze anzugeben, haben Raghunathan Srianand vom Inter University Center for Astronomy and Astrophysics in Puna, Indien, und seine französischen Kollegen Patrick Petitjean und Cedric Ledoux mit dem 8,2-Meter-Teleskop Kueyen der Europäischen Südsternwarte auf dem Cerro Paranal in Chile eine intergalaktische Gaswolke ins Visier genommen. Sie liegt auf der Sichtlinie zwischen der Erde und dem Quasar PKS1232+0815, einem der hellsten Objekte im Universum. Die Wolke ist gut zehn Milliarden Lichtjahre entfernt – ihre Strahlung stammt also aus einer Zeit, als das Universum nur etwa drei Milliarden Jahre alt war. In dieser Wolke befinden sich Kohlenstoff-Atome und Wasserstoff-Moleküle. Spektralaufnahmen ihrer
Weitere Kostenlose Bücher