Hawkings neues Universum
ersten Sterne
„Sterne sind die goldenen Früchte eines unerreichbaren Baumes“, heißt es in einem Gedicht von George Eliot. Unerreichbar sind sie in den größten Entfernungen – zumindest für die Astronomen, zu deren wichtigsten Zielen zurzeit gehört, das Licht der ersten Sterngeneration zu finden.
„Wir wissen, dass es sie gab“, sagt Alexander Heger von der University of California in Santa Cruz. „Aber welche Massen sie hatten, ist gegenwärtig wohl die heißeste Frage. Und wie haben sich die Massen im Lauf der Zeit verändert? Wie viele Sterne bildeten sich unabhängig von anderen? Wann beeinflussten die ersten von ihnen die spätere Sternentstehung – und wie?“ fasst er die Grundfragen zusammen. Und weiter: „Welche Rolle spielte dabei die ionisierende Strahlung, die kinetische Rückkopplung und die Freisetzung schwerer Elemente? Welchen Beitrag lieferten die ersten Sterne zur Reionisierung des Urgases? Woraus besteht ihre Asche, und wo können wir diese finden?“
Das sind viele Fragen auf einmal – und sie zeigen, welch große Lücken noch in unserem Wissen klaffen. Hauptgrund ist die weite Entfernung dieser Sterne, so dass sie sich selbst mit den empfindlichsten Teleskopen bislang nicht erblicken lassen. Und in der Nähe der Milchstraße gibt es keine mehr von ihnen, da sie zu kurzlebig sind.
Alle Sterne, die wir kennen, gehören also mindestens der zweiten Generation an. Und sie unterscheiden sich beträchtlich von den Pionieren des Lichts, weil sie sich im kosmischen Materiekreislauf deren Trümmer einverleibt haben. Mit dem Urknall entstanden nämlich nur die leichtesten Elemente: Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium. Alle schwereren wurden erst im Inneren der Sterne erbrütet, bei Kernfusionsprozessen: Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und all die anderen, aus denen auch der Mensch besteht – gleichsam lebender Sternenstaub. Es stimmt also: „We are stardust, billion year old carbon“, wie Crosby, Stills, Nash & Young 1969 im Lied Woodstock sangen. (Stephen Hawkings Kollege Martin Rees spricht hingegen weniger romantisch von „stellarem Atommüll“.)
Die schwersten Elemente, jenseits von Eisen, sind sogar erst in den mächtigen Sternexplosionen – den Supernovae – entstanden, mit denen massereiche Sterne ihren furiosen Abtritt von der kosmischen Bühne geben. Durch sie, und durch die schon vorher mit Sternwinden und bei Pulsationen ins All geblasene Materie, wird der Weltraum mit schwereren Elementen angereichert – der Rohstoff für neue Sterne.
Die Sterne der ersten Generation bestanden also nur aus Wasserstoff und Helium. Da ihnen Kohlenmonoxid fehlte, ein effektives „Kühlmittel“, waren sie im Durchschnitt wesentlich heißer und massereicher als spätere Sterngenerationen. Heger und andere Experten gehen von Ungetümen mit über 200 Sonnenmassen aus. Sie lebten nur zweieinhalb Millionen Jahren – Sterne mit 20 Sonnenmassen leuchteten auch nur etwa zehn Millionen Jahre. Zum Vergleich: die Sonne scheint schon mehr als 4,5 Milliarden Jahre, und wird dies noch weitere 7,5 Milliarden Jahre tun.
Die Entwicklung der ersten Sterne verlief zum Teil anders als die der heutigen massereichen Sterne. Heger hat mit Stan Woosley von der University of California in Santa Cruz und weiteren Forschern die Entwicklungsszenarien erstmals genauer berechnet – zahlreiche Details sind aber noch ungeklärt.
Unumstritten ist, dass das Schicksal massereicher Einzelsterne hauptsächlich von der Masse ihrer zentralen Heliumkerne abhängt, und davon, ob sie eine äußere Hülle aus Wasserstoff haben. Diese kann durch Sternwinde nämlich abgestoßen werden. Verantwortlich dafür sind hauptsächlich die schwereren Elemente. Sterne der ersten Generation haben einen geringen Masseverlust, ausgeprägte Wasserstoffhüllen und große Heliumkerne, wenn sie sterben. Wie auch heute alle Sterne, blähen sie sich am Ende ihrer Entwicklung zu einem sogenannten Roten Riesen auf und verenden entweder als planetengroßer Weißer Zwerg aus entarteter Materie oder explodieren als Supernova. Von dieser bleibt ein ultradichter Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch übrig, das sich – wiederum abhängig von der Ausgangsmasse des Sterns und vom Anteil der schweren Elemente – durch einen direkten Kollaps bildet oder erst binnen eines Tages durch den Rücksturz von zunächst weggesprengter Materie auf den Neutronenstern. Eine Besonderheit der ersten Sterne ist, dass sie bei Anfangsmassen von etwa 140 bis
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