Hawkings neues Universum
dagegen haben diese Eigenschaft nicht.
Nichts lässt sich beliebig zusammenpressen, irgendwann überwiegt stets der Gegendruck.
Eine Rotation des Universums könnte durch „innere Fliehkräfte“ die Singularität vermeiden.
Das Universum hat sich nicht überall ganz gleichmäßig ausgedehnt. Verfolgt man die Expansion zurück, müssen sich daher auch nicht alle Weltlinien in einem Punkt vereinigen, sondern laufen gleichsam aneinander vorbei. Die Weltlinien beschreiben in der Relativitätstheorie die Geschichte der Dinge in der Raumzeit. Wenn diese Kurven nicht alle aus einem Punkt im Urknall entsprängen, gäbe es keine Singularität.
Genau das haben 1963 die ukrainischen Physiker Evgeny Mikhailovich Lifshitz und Isaak Markovich Khalatnikov behauptet. Ein Zustand unendlicher Dichte könne bloß eintreten, wenn die Galaxien sich direkt und exakt aufeinander zu beziehungsweise heute voneinander fort bewegten. Nur dann träfen sie sich alle in einem einzigen Punkt der Vergangenheit. Seitliche Bewegungen hingegen führten aneinander vorbei und müssten einen Zusammenprall vermeiden. Deshalb habe sich das Universum, wenn es einst kollabiert war, wieder ausgedehnt, ohne einen Zustand unendlicher Dichte zu durchlaufen. Der Urknall wäre dann nur ein Übergang zwischen Kollaps und Expansion gewesen, aber nicht die Unmöglichkeit aller Erklärungen.
Dieses Argument wurde nicht generell akzeptiert, und so ließ sich die Frage nach der Singulariät nicht abschließend beantworten. Damit gelang es auch der modernen Kosmologie nicht, den prinzipiellen Widerspruch zu überwinden, den schon 1781 der Königsberger Philosoph Immanuel Kant als „Antinomie der reinen Vernunft“ formuliert hatte: Man könne niemals beweisen, ob die Welt einen Anfang habe oder nicht.
Doch ist das wirklich so?
Vier Arten von Singularitäten und eine Kapitulation
Der Begriff „Singularität“ (von lateinisch „singularis“ und „singulus“ für „einzeln“, „einzigartig“, „vereinzelt“ sowie „eigentümlich“, „außerordentlich“) bezeichnet allgemein eine Einzigartigkeit (etwa in der Meteorologie oder technologischen Entwicklung). In der Mathematik und Physik sind Singularitäten mathematische Ausnahmesituationen, in denen die Gleichungen verrückt spielen. Verschiedene Arten von Singularitäten lassen sich unterscheiden, doch nicht alle sind „physikalisch real“ und so alarmierend wie die mutmaßliche Anfangssingularität des Urknalls oder eine Endsingularität in einem Schwarzen Loch (und bei einem möglichen Kollaps des ganzen Universums).
Mathematische Singularitäten kommen in vielen Funktionen vor. Ein Beispiel ist die Funktion f(x) = 1 / x , wenn man für x die 0 einsetzt. In der üblichen Mathematik ist dies „verboten“ beziehungsweise nicht definiert.
Numerische Singularitäten wirken sich in vielen Bereichen der Wissenschaft hinderlich aus, etwa in der Hydrodynamik. Sie kommen allein auf Grund der begrenzten Rechengenauigkeit zustande. So ist beispielsweise (1 + 10 –12 ) – 1 = 0, wenn man auf elf Stellen genau rechnet. Eine Division durch einen solchen Ausdruck hätte fatale Folgen für die gesamte Rechnung, denn durch 0 kann man nicht teilen (mathematische Singularität). Eine geschickte Umformulierung bekommt eine solche numerische Singularität jedoch in den Griff: (1 – 1) + 10 –12 ergibt auch bei elf Stellen Rechengenauigkeit noch 10 –12 .
Koordinatensingularitäten sind, wie erwähnt, das Resultat eines bestimmten Beschreibungssystems. So hat das übliche Koordinatensystem der Erde je eine Singularität am Nord- und Südpol, weil sich die Meridiane dort überschneiden. Nun ist es an den Polen zwar bitterkalt – aber die physikalischen Gesetze spielen dort nicht verrückt. Freilich lassen sich Koordinatensingularitäten nicht einfach durch Rechentricks beseitigen. „Es hilft nur die Suche nach einem besseren Koordinatensystem. Hierfür gibt es noch kein geeignetes Standardverfahren“, sagt Werner Berger, der am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Golm bei Potsdam die Kollision Schwarzer Löcher im Computer simuliert hat – eine knifflige Angelegenheit, weil die Metrik an ihrem Ereignishorizont (dem „Rand“ des Schwarzen Lochs) in der Schwarzschild-Lösung singulär wird. Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Radiale Abstände zur imaginären „Oberfläche“ eines Schwarzen Lochs sind unendlich groß, obwohl sich paradoxerweise Umfang und Oberfläche selbst durchaus berechnen
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