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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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lassen. Koordinatensingularitäten sind Artefakte ohne physikalische Realität und können also im Prinzip vermieden werden. „Die Wahl eines guten Koordinatensystems ist ein heißes Forschungsthema und gehört zu den Geheimrezepten einer physikalisch vertrauenswürdigen Simulation“, so Berger.
Krümmungssingularitäten – auch echte, intrinsische oder physikalische Singularitäten genannt – stellen die eigentliche Herausforderung dar. Sie sind ebenfalls Koordinatensingularitäten, doch lassen sie sich nicht durch eine Transformation beseitigen, sondern bleiben in allen Koordinatensystemen erhalten. „Auch das beste Koordinatensystem nützt nichts, wenn man auf den heikelsten Punkt einer Raumzeit trifft: die physikalische Singularität“, sagt Werner Berger. „Keine andere Theorie oder Methodik kann hier Ratschläge erteilen. Dieser Punkt ist per definitionem nicht berechenbar. Und hier hilft nur eines: diesen Punkt rechentechnisch mit allen Mitteln zu vermeiden.“ Bei der Simulation von kollidierenden Schwarzen Löchern gelingt dies, indem man die Singularität einfach „ausschneidet“ – zumal die Verhältnisse im Inneren der Schwarzen Löcher, jenseits des Ereignishorizonts, von außen ohnehin nicht einsehbar sind. Und da nichts aus dem Inneren eines Schwarzen Lochs die Außenwelt beeinflusst, können – zumindest in der klassischen Physik – auch alle „inneren Werte“ vernachlässigt werden; wenn man die Umgebung beschreibt, sie sind dann völlig irrelevant. Die Urknall-Singularität lässt sich so freilich nicht umgehen.
     
    Hawking bringt die Problematik folgendermaßen auf den (singulären) Punkt und lässt keinen Zweifel daran, dass hier eine Art Kapitulationserklärung droht: „Zum Zeitpunkt einer Singularität, die wir als Urknall bezeichnen, müssten die Dichte des Universums und die Krümmung der Raumzeit unendlich gewesen sein. Unter solchen Bedingungen würden alle bekannten Naturgesetze ihre Gültigkeit verlieren. Das wäre eine Katastrophe für die Wissenschaft, denn es würde bedeuten, dass die Wissenschaft allein keine Aussage über den Anfang des Universums machen könnte. Sie könnte nur feststellen: Das Universum ist, wie es jetzt ist, weil es war, wie es damals war. Aber sie könnte nicht erklären, warum es so war, wie es damals, das heißt kurz nach dem Urknall, gewesen ist.“
    Die entscheidenden Fragen lauten also: Ist eine solche physikalische Singularität „real“ – gleichsam ein Stoppschild für unsere Erkenntnis und das Ende aller Erklärungen –, oder tritt auch sie nur als Artefakt einer unzureichenden Theorie auf – und zwar notwendigerweise? – und kann mit einer besseren überwunden werden?
Ein sehr erfreulicher unerfreulicher Punkt
    „Herum geht unser Tanz der Fragen im Kreis, und in der Mitte sitzt das Geheimnis, das alles weiß.“ Auf diesen Vers des amerikanischen Dichters Robert Frost können Physiker und Astronomen ein Lied singen. Denn viele ihrer Fragen tanzen noch immer um das Geheimnis im Zentrum der Schwarzen Löcher. Was geschieht dort mit der Materie des kollabierten Sterns, aus dem das Schwarze Loch entstand?
    Albert Einstein hatte noch bezweifelt, dass es Schwarze Löcher überhaupt geben kann (der Name selbst wurde erst 1967 von John Wheeler geprägt). Doch nach Vorarbeiten einiger anderer Forscher war es Roger Penrose Mitte der 1960er-Jahre gelungen, mit neuen, von ihm selbst entwickelten mathematischen Techniken nachzuweisen, dass der Kollaps massereicher Sterne zu einem Schwarzen Loch unter sehr allgemeinen und plausiblen Voraussetzungen unaufhaltsam ist. Es gab, im Gegensatz zu früheren Vermutungen, für die Natur keinen Ausweg, die unendliche Verdichtung zu vermeiden – etwa indem der Stern rotiert oder seine Materie nicht ganz gleichmäßig verteilt ist, so dass seine in sich zusammenstürzende Masse wieder expandieren könnte.
    Penrose stellte seine Überlegungen 1965 auf einem Seminar am University College in London vor. Stephen Hawking, der damals sein drittes Jahr als Doktorand begann, besuchte das Seminar mit Dennis Sciama. Im Anschluss daran fragte er sich, ob man die Methoden, die Penrose für Sterne entwickelt hatte, nicht auch auf das Universum als Ganzes anwenden könnte. Lässt man nämlich in Gedanken – oder mithilfe der Gleichungen in der physikalischen Beschreibung – die kosmische Expansion rückwärts laufen, dann kollabiert der Weltraum ja ebenfalls. (Unter bestimmten Voraussetzungen wird er dies auch in

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