Heart beats sex
jedem Morgen deinen Überfluss abnehmen und dich dafür segnen. Du verschenkst und teilst aus, bis die Hassenden unter den Menschen wieder einmal ihrer Liebe froh geworden sind und die Armen wieder einmal ihres Reichtums.«
Um das Glück festzuhalten, das mich erfüllte, suchte ich in meinen Erinnerungen nach Bildern von der Donaureise, aber es gelang mir nicht. Stattdessen landete ich bei Anna, wie sie mich zu meinem ersten Auftritt in die englische Schule fuhr.
5. Kapitel
E s war nicht verwunderlich, dass es Anna war, die mich chauffierte, denn in all den Ferien, die ich bei Papi verbrachte, war ich stets ihrer Fürsorge überlassen gewesen. Und das seit meinem ersten Lebensjahr. Sie war also sozusagen meine Ferienmutter. Sie war freundlich, entspannt und geduldig, sie wusste immer viel mehr konkrete Details über Justin und mich als Papi, was ja auch bedeutet, dass sie sich immer für uns interessiert hatte. Außerdem war sie verständig und liebevoll. Als wir klein waren, unterrichtete sie uns, pflegte uns, wenn wir krank waren, und hielt mich ruhig im Arm, wenn ich traurig war und weinte. Als ich nach Ibiza kam, freute ich mich, sie wiederzusehen und verstehe bis heute nicht, was dann in den vierzehn Tagen bis zum Schulbeginn passiert ist.
Schon einen Tag nach meiner Ankunft lud sie mich zu einer Unterredung über die Hausordnung ein. Sie wollte, dass ich jeden Abend einen Plan für den folgenden Tag machte. Ich sollte auf Alkohol, Tabak, lange Telefonate und Partys verzichten, mein Zimmer immer sauber und in Ordnung halten, meine Hausaufgaben gewissenhaft erledigen und die Küche immer so verlassen, wie ich sie vorgefunden hatte. Das klang im ersten Moment alles ganz vernünftig, aber dann entpuppte es sich als reine Sklavenarbeit. Dazu empfahl sie mir als erste Aktivität morgens nach dem Aufstehen die Fünf Tibeter und tägliches Meditieren. Mir fiel der Kiefer runter. Anfangs glaubte ich noch an einen Witz, aber dann kam noch
der Nachhilfeunterricht in Spanisch (ich konnte kein Wort) und die Umstellung auf den veränderten Schulplan dazu, weil ich mein Abitur nun als Externe in England machen würde.
Anna war in der Schule in allen Fächern immer die Beste gewesen, hatte mit acht Klavierunterricht gehabt, konnte jede Opernmelodie mitsingen und verschlang mit einem ungeheuren Lesetempo ein Buch nach dem anderen. Sie hatte Philologie studiert und war eigentlich Lehrerin.
Gelöst und glücklich, anscheinend ohne jedes eigene Problem, saß sie mir gegenüber und wartete auf Anzeichen einer Gegenwehr. Ich hatte gar nicht vor, mich zu wehren, im Gegenteil, ich hatte selbst schon darüber nachgedacht, was ich dazu beitragen könnte, dass alles gutginge und hatte sogar eine Antwort gefunden: Mich erst mal in der Schule wohlfühlen.
Ich sagte, das alles sei kein Problem und ob sie mich mit in die Stadt nehmen könne.
»Ich fahre nicht nach Ibiza rein. Was brauchst du denn?«
»Bevor ich meinen ersten Schultag habe, brauche ich noch Make-up.«
Sie lächelte ein bisschen und fragte: »Was denn genau?«
»Eine getönte und deckende Creme von Kanebo, einen Korrekturstift und Puder vom Body Shop, Rouge und einen Kajalstift von Chanel, ein Lipgloss von Lancôme. Eine Pinzette, einen Blusher und ein Epiliergerät für die Beine.«
»Das ist ja eine größere Anschaffung.« Ihre Augen blitzten. »Da musst du deinen Vater fragen.«
»Was soll ich ihn denn fragen?«
»Ob er das bezahlt.«
»Warum? Ich hab ja kein Geld.«
»Du musst ihn fragen, er finanziert ja deine Ausbildung.« Anna wusste natürlich, dass mit Papi eine längere Unterhaltung über meine Motive unvermeidbar war. Sie selbst hasste
diese Unterredungen mit ihm, denn sie wollte nicht bei jeder kleinen Aktion erst all ihre Motive herauskramen, sie mit ihm diskutieren und sie von ihm bewerten lassen. Sie wollte einfach, dass er Ja oder Nein sagte.
Das wollte ich auch – Ja oder Nein. Am besten, Ja.
»Wozu brauchst du all das?«, fragte er, als ich ihm die Liste vorgelesen hatte.
»Haben sie alle in der Schule.«
»Die Jungs auch?«
»Nein.«
»Und warum die Mädchen?«
»Weil es besser aussieht.«
»Und warum wollen sie besser aussehen?«
»Weil die anderen sie dann mehr mögen.«
»Du meinst, sich zu mögen, das läuft übers Aussehen?«
»Auch.«
»Worüber noch?«
»Ist doch egal.«
»Wenn dir was daran liegt, dass du gemocht wirst, wäre es doch günstig zu wissen, ob es über das Aussehen läuft oder über Ansehen oder über das
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