Heart beats sex
blonden Locken auf, winkte dann, als wären wir weit entfernt und begrüßte mich mit einem strahlenden Lächeln. »Schön, dass du hier bist.« Dabei hielt sie mich einen kurzen Augenblick in ihren Armen fest. »Willkommen zu Hause.« Sie führte mich ins Wohnzimmer, aus dem man über einen Pool, durch Palmen und Kiefern aufs blaue Meer schaut. »Ist das nicht schön?«, sagte sie strahlend.
Auf dem Tisch stand ein Kuchen mit brennenden Kerzen. Sie nahm mich an die Hand und beugte sich ein wenig zur Seite, um mir besser ins Gesicht schauen zu können. »Selbst gebacken!«, sagte sie. »Es sind siebzehn Kerzen.« Dabei legte sie lächelnd den Arm um meine Hüfte. »Nun musst du sie auspusten.«
Es war nicht mein Geburtstag, aber dennoch ein schöner Empfang.
4. Kapitel
I n dem Moment, als ich Annas Wunsch gemäß die Kerzen ausblies – was in Wirklichkeit gar nicht ich getan hatte, sondern Justin –, verlor ich wieder das Bewusstsein. Blackout. Wieder war alles schwarz. Etwas schwindlig stürzte ich in ein finsteres Nichts, weshalb diese rot-grün-gelben Pillen deep dive hießen, was so viel heißt wie »In die Tiefe abtauchen« . Dort unten war alles um mich herum erfüllt von Ligetis Atmosphères auf Klassik Radio, das Anna immer beim Küche putzen hört. Diesmal hatte ich keine Angst, war aber zwanghaft mit der Frage beschäftigt, wo die Klänge herkamen. Woher, woher nur?
Mein erster Gedanke: Vielleicht war ich durch das Kerzenauspusten auf dem von Anna feierlich inszenierten birthdaycake -Empfang ohnmächtig geworden, und sie hatte dann kurzerhand Ligeti in die Bang & Olufsen eingeschoben.
Mein zweiter: Ja, Anna hatte alle Ligeti-CD’s, weil sie ihn einmal bei Mike persönlich getroffen hatte! Mike war mein Musiklehrer in Berlin gewesen, den sie einmal in Papis Auftrag aufgesucht hatte. Viermal hatte sie mir die Geschichte erzählt.
Mein dritter: Oder kamen die Ligeti-Klänge gar nicht aus meiner Erinnerung? Vielleicht war das eine der heimlichen Profilierungsmacken von Doktor Heywood Floyd? Es passte zu ihm, Ligeti in sein Techno House einzuschmuggeln. Er erlaubt sich immer solche Intermezzi oder Mätzchen, meint Hal, der im Osten geschulte Purist.
Jedenfalls waren es die Ligeti-Atmosphären, die zu mir drangen, bevor ich etwas sehen konnte, obwohl ich die Augen schon auf hatte. Auch kam es von sehr weit her, wie aus dem All, wo Mond, Erde und Sonne in Konjunktion standen. Ich konnte das trotz aufgerissener Augen nicht wahrnehmen, aber irgendwie teilte es sich meinem Hirn mit. Ich erinnere mich nicht mehr, wie lange der Take ging, rums, rums, rums, vielleicht war ich auch wieder weggesackt, aber dann drang so etwas zu mir wie das Kyrie aus Ligetis Requiem und dann das Lux Aeterna mit den vielen menschlichen Stimmen, den Chören. Hören konnte ich es, aber nicht sehen, alles war schwarz. Erschreckt? Nein, ich war nicht erschreckt, eher gelähmt, der ganze Körper paralysiert.
Ich erstarrt, Bewegung drang nur durch die Ohren, schließlich aber auch durch die Augen, nämlich als sich in der Ferne am Firmament mein Logo abzeichnete – Mona glimmt morgens – MGM. An vielen Tagen schenkte mir das mein erstes Lächeln, weil es mich immer freute, aus Glas zu sein, und man sehen konnte, wie mein Herz und all meine Eingeweide glimmten, immer heller, bis meine Strahlen und die der Sonne ineinanderflossen und keiner sagen konnte, wer wen anstrahlte – ich die Sonne oder sie mich. Erst war mein Glimmen zart, aber wenn die Sonne aufging, verwandelte es sich in ein Fließen, so als würde ich an einem herrlichen Sommermorgen am Strand der Donau sitzen (wir hatten dort mal mit Papi und Mami gezeltet, und dieser Morgen war einer meiner ganz glücklichen Kindheitstage gewesen); Mami und Papi noch zusammen und ich noch kein Jahr alt! Wie Mami mir x-Mal beschrieb, spielte Papi immerzu »An der schönen blauen Donau!« und spielte mir die CD dabei vor.
Aber es erklang nicht wie damals »An der schönen blauen Donau«, wie Mami mir x-Mal beschrieb und die CD mir
dabei vorspielte (was ja passen würde, wenn man den Dreiertakt als modus perfectus versteht, der die Göttlichkeit umschreibt), sondern es erschien etwa so etwas: Ich trat vor die Sonne hin (obgleich ich gelähmt auf einer Poolliege lag) und sang ihr gewaltig und voller Glück zu: »Du großes Gestirn! Was wäre dein Glück, wenn du nicht die hättest, welchen du leuchtest! Du würdest deines Lichtes satt geworden sein, wenn wir nicht wären, die dir an
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