Heart beats sex
Spanischunterricht hatten das so ziemlich zunichtegemacht. »Jau«, sagte ich lustlos.
»Bald ist dein erster Schultag. Du musst deine Zeugnisse vorbereiten, wir werden mit dem Direktor ein Treffen bezüglich
deines bisherigen Schulstandes haben. Das wird auch bestimmen, wie viel du nachzuholen hast. In Berlin hast du ja einiges versäumt.«
Einiges versäumt? Für die Schule mochte das stimmen, aber ansonsten fand ich nicht, dass ich etwas versäumt hatte.
Damit war die Besprechung zu Ende. Kühl und steif. Dieses ganze Gewese ging mir ziemlich gegen den Strich.
Ich setzte mich an meinen Laptop und verbrachte die Zeit bis zum Abendessen damit, den Vertrag zwischen Daddy, Anna, Justin und mir zu erfinden. Es war die Vorarbeit für meinen Make-up-Kauf und auch der einzige Sinn und Zweck dieser Veranstaltung. Ich wollte das Make-up haben!
Um Papi gut einzustimmen, lief ich vorher noch einmal zu ihm und fragte, welche Form ein Vertrag habe. Natürlich wäre ich auf eine solche Schnapsidee gar nicht gekommen, wenn ich nicht gewusst hätte, dass bei ihm immer alles »Form« und »Inhalt« hat. Wenn ich ihm diese intellektuellen Schmeicheleien machte, war es, als würde ich zu Mami oder zu Anna sagen, du siehst heute gut aus. Allerdings tat ich das viel lieber, weil dann nur ein knappes »Danke« kam und nicht Papis langer philosophischer Ausfluss. Ausfluss ist ein scheußliches Wort. Ausfluss. Ich denke dabei immer an Tripper, Trichomonaden, Hustenschleim, Mundgeruch, an Dünnschiss. Kann Papi nicht mal den Mund halten, statt dass immer ich den Arsch zusammenkneifen muss?
Nach seinem langen Vortrag (Ausfluss!) über die Form von Verträgen entschied ich mich für das klassische Muster:
Lebens- und Wohnvertrag
zwischen
Mona de Boer, hier genannt Mo
und
Carl de Boer, Anna Schuster, Justin de Boer, hier genannt »Hausgemeinschaft«, Poligono 1 C, abgekürzt »HG « wird Folgendes vereinbart:
Präambel
Mo hat sich entschlossen, auf Ibiza zu leben, dort im Haus der HG zu wohnen und die Privatschule Morna zu besuchen. Dieser Vertrag ist gültig bis Mo ihren Schulabschluss erreicht hat, das heißt bis zu ihrem 18. Lebensjahr plus vier bis fünf Monate (könnten auch sechs werden).
Die HG unterstützt die Ziele von Mo; dafür verspricht Mo, ihr finanziell und anderweitig nur so weit zur Last zu fallen, als es das Lernen für die Schule erfordert.
Mos Ziele sind: externes englisches Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,5, fließend Spanisch, den Führerschein zu erlangen und zu lernen, sich vollständig selbst zu organisieren (Freelancer). Damit übernimmt sie folgende Pflichten:
Mo macht täglich ihre Schulaufgaben und erledigt ihre Spanischaufgaben. Am Wochenende darf Mo pro Tag sechs Stunden in die Schulaufgaben investieren.
Mo liest jeden Tag mindestens eine halbe Stunde Schulliteratur.
Mo schaut nur die Nachrichten. Bei allen anderen Programmen holt Mo vorher Annas Meinung ein. Spanisches Fernsehen zum Erlernen der Sprache: höchstens zwei Stunden täglich.
Bevor Mo abends ihre Zähne putzt, hat sie den Tagesplan für den nächsten Tag geschrieben. Mo führt selbst täglich einen Soll-Ist-Vergleich.
Mo absolviert alle Schularbeiten und gibt sie zeitig ab.
Um 22.00 Uhr ist Nachtruhe, es sei denn, es wurde anders besprochen.
Mo telefoniert nicht unnötig herum.
Mo macht jeden Morgen die fünf Tibeter.
Vor dem Schlafen oder nachdem Mo aufgestanden ist (morgens), meditiert Mo fünfzehn Minuten lang.
Mo nimmt keine Drogen und trinkt keinen Alkohol.
Mo hält täglich ihr Zimmer plus Bad sauber.
Jedes Wochenende reicht Mo Anna all ihre Termine für die nächste Woche ein. Danach gibt es eine Besprechung über diese Termine.
Mo hält ihren Outlook-Kalender stets aktuell.
Mo versorgt ihre eigene Wäsche.
Nach Benutzung ist die Küche sauber.
Vor Verabredungen mit der HG findet Mo sich vorbereitet fünf Minuten vor Beginn des Termins am Ort des Termins ein.
Mo arbeitet wöchentlich fünf Stunden Gemeinschaftsarbeit ab. Diese Hausarbeiten können mit geregelten Pflichten (Höfe fegen) gefüllt werden oder mit Kochen lernen. Ansonsten werden diese von Anna verteilt (fünf Stunden pro Woche). Unabhängig davon fegt Mo alle drei Tage Carls, Mos und Annas Hof, es sei denn, es gab einen Sturm, dann fegt Mo, sobald sie Zeit hat.
Mo räumt jeden Morgen die Spüle aus.
Mo liest jeden Abend ein Buch von Seneca oder Epikur, zwei Seiten, auch wenn sie diese Seiten schon gelesen hat.
Mo legt sich im Sommer nicht länger als
Weitere Kostenlose Bücher