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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Zerstörung, als wir verstehen konnten. Wie sehr wünschte ich mir, dass all das ein Ende haben würde! Ich vermisste sogar Mary Ellen und sehnte mich nach einem nervtötenden Gespräch über Nagelpflege oder Studentenverbindungen.
    Gabriel war irgendwo in den Wald verschwunden, ohne uns zu sagen, was genau er vorhatte. Ivy sagte, dass er Zeit brauche, die Geschehnisse zu verarbeiten.
    Sie seufzte tief. «Fahrt zum Campus, holt eure Sachen und kommt sofort zurück. Wenn irgend möglich, sprecht mit niemandem.»

    Zurück auf dem Campus, schlich ich mich in mein Zimmer und betete, dass Mary Ellen nicht da war. Zum ersten Mal in der ganzen Woche hatte ich Glück. Ich zog meine Tasche aus dem Schrank, riss die Kleider von den Bügeln und warf sie hinein. Zum Glück hatte ich nur wenige Klamotten und war schon nach zehn Minuten fertig. Dann beschloss ich, Mary Ellen eine Nachricht zu hinterlassen, damit sie mich am College nicht als vermisst meldete. Hastig grübelte ich über eine gute Ausrede nach, weshalb ich mitten im Semester einen Monat Auszeit nehmen musste. Da mir nichts Besseres einfiel, kritzelte ich schließlich: «Familiärer Notfall. Musste weg. Alles Gute!» Ich wusste, dass das nicht wirklich plausibel klang, hoffte aber, dass es sie trotzdem davon abhalten würde, mich zu melden.
    Ich traf Xavier vor der Tür wieder, und gemeinsam sahen wir zu, dass wir zum Parkplatz kamen. Auch er war in seiner Wohnung gewesen und hatte sein Zimmer geräumt, auch er hatte nur eine Tasche voller Sachen dabei. Und ich wusste, warum: Alles, was wir nicht unbedingt brauchten, musste zurückbleiben. So war das auf der Flucht.
    «Was hast du den Jungs gesagt?», fragte ich.
    «Nichts», sagte er. «Sie waren nicht da.»
    Ich wusste, dass es ihn schmerzte, seine Kumpel ohne Erklärung im Stich zu lassen. Er hatte mit ihnen zusammengewohnt und sie ziemlich gut kennengelernt. Ich wusste, wie ernst der Bund der Bruderschaft in den Verbindungen genommen wurde. Aber was hätte er ihnen sagen sollen? Wir konnten unsere plötzliche Abreise niemandem erklären, nicht einmal unseren engsten Freunden.
    Als wir das Auto beluden, warf ich einen letzten Blick über die Schulter und versuchte, so viel von der Ole Miss aufzunehmen und in meinem Gedächtnis zu zementieren wie möglich. Würde ich den bunten Campus mit den alten Gebäuden und den feierfreudigen Studenten je wiedersehen, diese perfekte Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart? Mein Blick fiel auf den Hügel, auf dem junge Leute im Sonnenschein in Richtung Vorlesung strebten, die Rucksäcke über die Schulter geschwungen und die Bücher unter den Arm geklemmt. Sie blieben immer mal wieder stehen, um sich besser unterhalten zu können oder eine SMS zu verschicken. Wie wunderbar normal das alles doch war. Schließlich zwang ich mich, den Blick abzuwenden.
    Wir waren gerade dabei, den Kofferraum zu schließen, als wir hinter uns eine Stimme hörten.
    «Hey! Was habt ihr vor?»
    Es war Clay, Xaviers Mitbewohner. Ich drehte mich mit schlechtem Gewissen um. Clay war uns beiden ein guter Freund gewesen, hatte dafür gesorgt, dass wir uns hier wohlfühlten. Wir mochten ihn beide aufrichtig gern.
    «Hi, Kumpel.» Xavier biss sich auf die Lippen. «Wir machen eine Reise.»
    «Wohin?», fragte Clay. «Und wo wart ihr?»
    «Ich wünschte, das könnte ich dir sagen», antwortete Xavier. «Aber ich kann nicht. Bitte vertrau mir.»
    «Aber …», sagte Clay ungläubig, «ihr könnt doch nicht einfach abhauen!»
    «Wir haben jetzt leider keine Zeit für Erklärungen», sagte ich. «Wir müssen los.»
    Sein Blick fiel durch die Heckscheibe auf meine Reisetasche. Ich hatte so hastig gepackt, dass ich nicht einmal den Reißverschluss richtig zugezogen hatte und meine Klamotten herausquollen.
    «Ihr kommt gar nicht wieder, stimmt’s?», sagte Clay mit verletztem Blick. «Ihr verschwindet ohne ein Wort?»
    «Wir hätten es euch gern erzählt», sagte ich. «Aber je weniger ihr wisst, desto besser. Wir wollen euch nicht in unsere missliche Lage mit hineinziehen.»
    Clays Augen weiteten sich. «Was habt ihr angestellt?», fragte er.
    Bevor ich antworten konnte, packte Xavier mich plötzlich am Handgelenk. Ich löste meinen Blick von Clay und sah auf. Und da sah ich ihn. Nur wenige Meter von uns entfernt stand einer der Sieben Reiter. Er trug den charakteristischen langen schwarzen Mantel und hatte die Hände tief in den Taschen verborgen. Aus seinen abscheulichen leeren Augenhöhlen schien er uns

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