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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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ist immer wieder erstaunlich, wie sie alte Schätze zu finden vermag.«
    »Wird gemacht, Mr Merryweather«, versprach David.
    Und so ließen sie den Bewohner von Phillimore Place Nr. 18 mit seinem Buch zurück und liefen in die Nacht hinaus. Ein frostiger Wind fegte nasse Blätter über den Asphalt.
    »Geht’s besser?«, fragte David, noch bevor sie die nächste Ecke hinter sich gebracht hatten.
    »Die frische Luft tut gut.«
    Schweigend gingen sie ein Stück.
    »Das ist also dein Leben«, sagte Heaven schließlich und meinte das Buch und Mr Merryweather.
    »Ein Teil davon.«
    »Erlebst du so was öfter?«
    »Etwas wie das eben?«
    »Ja.«
    »Nein.« Er musste nicht lange überlegen. »Normalerweise erzählen mir die Kunden keine Geschichten.«
    »Kennst du das Buch?«, fragte sie. »Die Braut von Lammermoor.«
    David dachte an die Abgründe, die sich manchmal auftaten, nicht nur auf Dächern. »Es handelt von zwei verfeindeten Familien. Und wahrer Liebe, die alle Grenzen überwindet. Romeo und Julia in Schottland, könnte man sagen.«
    »Hast du es gelesen?«
    Er starrte auf seine Chucks. Dann wechselte er das Thema: »Wir sollten auf den alten Mann hören.«
    »Was meinst du?«
    »Ich denke nicht, dass ich dich jetzt bis nach Marylebone bringe.« Er sah sie eindringlich an. »Sag, was du willst, aber dir geht es wirklich mies. Die Sache mit diesen Schwächeanfällen . . . das musst du untersuchen lassen. Ernsthaft.«
    »Sie haben mir das Herz genommen«, sagte Heaven.
    David seufzte.
»Heaven
. Hör zu. Ich finde, du solltest in ein Krankenhaus gehen.«
    Sie nickte.
    »Ich meine, du kannst auch zu einem Arzt gehen, aber um die Uhrzeit bleibt uns nur die Notaufnahme.«
    »Einverstanden.«
    »Aber du darfst nichts von dem Herzen sagen«, fügte er schnell hinzu.
    Sofort änderte sich ihre Stimmung. »Du glaubst mir nicht.«
    »Darum geht es doch nicht.« Er verdrehte die Augen. »Hast du eine Ahnung, wie sich das anhört?«
    Sie schwieg.
    »Wenn wir ins Krankenhaus gehen und du einem Arzt mit dieser Geschichte kommst, von wegen, dir wurde dein Herz von bösen Männern gestohlen, dann wird er sich unweigerlich fragen, ob er dich lieber in die Geschlossene einweisen soll.«
    »Du Arschloch«, fluchte sie wütend und blieb stehen. »Ich habe es gewusst.«
    »Was hast du gewusst?«
    »Dass du wie die anderen bist.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Die Leute sind alle so dumm.« Sie funkelte ihn an und ihre Haut nahm einen ebenholzfarbenen Ton an. »Ist es so schwer, mir zu glauben? Warum sollte ich dich anlügen? Was hätte ich davon?«
    »Keine Ahnung. Aber . . . niemand kann ohne Herz leben.«
    »Das weiß ich auch.«
    »Aber etwas stimmt nicht mit dir. Und das solltest du untersuchen lassen.«
    Sie drehte sich von ihm weg, rannte los, doch nach ein paar Schritten machte sie kehrt und drehte sich um. Tränen liefen ihr übers Gesicht. »Ich habe eine Scheißangst«, schrie sie ihn an. »Glaubst du denn, ich weiß nicht, wie bescheuert das alles klingt? Aber ich habe es erlebt! Es ist mir passiert! Keine Ahnung, was da los war. Aber das, was ich dir gesagt habe, ist die Wahrheit!« Ihre Stimme wurde heiser. »Ich lüge nicht, David.«
    Es war etwas in ihrer Stimme, wie sie seinen Namen aussprach, das ihn hilflos machte. »Lass uns aufhören zu streiten«,schlug er vor. »Ich bringe dich ins Krankenhaus und irgendjemand wird dich dort untersuchen. Und du versprichst mir, dass du nichts von dem Herzen erzählst. Okay?«
    Sie nickte schnell. »Okay«, sagte sie und wischte mit dem Handrücken wütend übers Gesicht.
    »Okay«, wiederholte David.
    Heaven rührte sich nicht von der Stelle. »Aber du kommst mit, oder?«
    Er seufzte laut. »Ja. Ich begleite dich.« Warnend hob er die Hand. »Aber kein Wort von der Sache mit dem Herzen.«
    »Kein Wort.«
    »Versprochen.«
    »Klar.«
    »Gut.«
    »Gehen wir?«, fragte sie.
    David lief los. Argyll Road, ein paar Meter Phillimore Walk, Campden Hill Road. Bis zur Kensington High Street schwiegen sie.
    »Ich meine«, brach es dort aus David hervor, »ich kenne dich gar nicht. Du stehst da oben auf dem Dach und erzählst mir diese Geschichte.« Er vergrub die Hände in den Taschen, mehr aus Verlegenheit als wegen der Kälte. »Kannst du mir sagen, warum ich das alles tue?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. »Tja, dann haben wir etwas gemeinsam. Ich habe nämlich auch nicht den blassesten Schimmer«, sagte er.
    Heaven schenkte ihm ein Lachen.

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