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Hebammen-Gesundheitswissen

Hebammen-Gesundheitswissen

Titel: Hebammen-Gesundheitswissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Szász , Silvia Hoefer
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ändern sich, weil einer der beiden Partner vorübergehend aus dem Arbeitsleben aussteigt oder beide Elternteile ihre Arbeitstätigkeiten reduzieren, um die Versorgung ihres Babys zu gewährleisten. Auf der psychischen Ebene vollzieht sich nach der Geburt des ersten Babys ein einschneidender Rollenwechsel: Tochter und Sohn sind selbst Mutter und Vater geworden und damit konfrontiert, ihre Verantwortung als Eltern anzunehmen. Die Gründung einer Familie, aber auch der Zuwachs in eine bereits bestehende Familie, ist von weitreichender Bedeutung. Die Betreuung während Schwangerschaft und Geburt ist ausgerichtet auf medizinische Faktoren. Psychosoziale Entwicklungen hingegen werden nicht genügend berücksichtigt. Ein allzu starkes Betonen von Risikofaktoren in der Schwangerschaft kann zu Verunsicherung und mangelnder Übernahme von Eigenverantwortung in der Elternrolle führen. In der Wochenbettzeit fühlen sich Eltern in der Folge überfordert und weitgehend sich selbst überlassen.
    In den vergangenen Jahrzehnten hat das »Wochenbett« in unserer Gesellschaft allmählich an Beachtung verloren, der Hauptblick in der Betreuung ist auf Schwangerschaft und Geburt ausgerichtet. Dies hat mehrere Ursachen. Zum einen sind mit der allgemeinen Verbesserung der Lebensumstände Komplikationen im Wochenbett eher zu einer Seltenheit geworden, und eine länger dauernde medizinische Überwachung des Wochenbettverlaufs in der Klinik wird als nicht mehr notwendig betrachtet.
    Um die Kosten im Gesundheitswesen zu verringern, wurde die Finanzierung des Wochenbettaufenthaltes für die Klinik im Verlauf der letzten Jahre bei unkompliziertem Verlauf von zehn auf sechs und nun auf zwei bis drei Tage verkürzt. Nach einer Kaiserschnittgeburt blieben die Mütter mit ihren Babys in unserer Ausbildungszeit, Anfang der 80er Jahre, noch zwei Wochen in der Klinik. Heute sind es vier bis fünf Tage.
    Wir unterstützen aufgrund unserer langen Erfahrung in der Betreuung nach der Geburt eines Babys die Forderungen unseres Hebammenverbandes für eine Wochenbettkultur, die für Mutter und Kind und im weiteren Sinne für die gesamte neue Familie einen Rahmen schafft. Einen Rahmen, der umfassende und fachliche Unterstützung bietet, damit sich innerhalb der jungen Familien gesunde Bindungsstrukturen entwickeln und die Familie in guter Begleitung in die neue Lebenssituation hineinwächst.
    Die Geschichte des Wochenbetts
    Wie auch die Geburt fand die Zeit des Wochenbett bis weit ins 20. Jahrhundert hinein überwiegend im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung statt. Traditionell war Hilfe durch verwandte Frauen und Nachbarinnen für die Versorgung der neuen Mutter und deren Familie üblich. Eine Hebamme kam ein- bis zweimal täglich, um die Wöchnerin und das Baby zu untersuchen und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Für die Zeit des Wochenbetts herrschte eine Vielzahl von regional unterschiedlichen Ritualen, Bräuchen und Verboten, die der Wöchnerin in einem Zeitraum von meist 40 bis 41 Tagen Schutz und eine Sonderstellung sicherten. Sie hatte für eine bestimmte Zeit im Bett zu liegen, wurde zum Beispiel mit der »Wochensuppe«, die ihr eine Nachbarin brachte, versorgt und durfte das Haus meist erst nach Ablauf dieser Zeit wieder verlassen. Sie war von ihren normalen Arbeitsaufgaben eine Zeit lang befreit und hatte so gute Chancen, gestärkt und gesund aus dieser Zeit herauszukommen.
    Ab Ende des 19. Jahrhunderts zogen viele Menschen im Zuge der Industrialisierung in die Städte, alte Familienstrukturen und die damit verbundene traditionelle nachbarschaftliche Hilfe existierten dort so nicht weiter. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg gingen Schwangere zur Geburt und während des Wochenbett nur bei großen Problemen in ein Krankenhaus, weil dort die Kosten für die Hilfe am höchsten waren. Auch Ärzte und Hebammen mussten für Hausgeburten bezahlt werden, waren aber günstiger als die Klinikhonorare.
    Durch die Verbreitung von Krankenversicherungen und deren Übernahme von Geburtskosten und anschließender zehntägiger Betreuung, wurden ab 1953 schon 50 Prozent der Babys in Krankenhäusern geboren. Aufgrund mutmaßlicher Hygienevorteile erfolgte die Unterbringung von Wöchnerinnen und Babys getrennt. Die Babys durften von den nächsten Verwandten nur durch eine Scheibe bewundert werden und wurden alle vier Stunden für 30 Minuten zum Stillen zur Mutter gebracht.
    Vor und nach dem Stillen wurde das Baby gewogen. Wenn es nicht die vorgeschriebene Menge zu

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