Hebt die Titanic
Ihren Männern die Stellen zeigen, wo er unter der Wasserlinie Lecks in den Rumpf des Wracks gebohrt hat, Admiral. Ich fordere Sie jetzt zum letztenmal auf, Ihren Männern die notwendigen Befehle zur Fortsetzung ihrer Arbeit an den Pumpen und beim Abdichten der Lecks zu erteilen.«
»Momentan habe ich hier keine Befehlsgewalt, Prevlov«, sagte Sandecker grimmig. »Das wissen Sie ganz genau. Und wenn meine Männer Ihre Befehle nicht befolgen –«
»Sie werden meine Befehle befolgen!« unterbrach ihn Prevlov schneidend scharf und nickte einem seiner Männer zu, der sofort die Mündung seiner Maschinenpistole auf Dana richtete. »Ich weiß, daß ihr Amerikaner gern eure Ritterlichkeit gegenüber Frauen beweist. Dieser Mann dort ist ein glänzender Scharfschütze. Buski ist übrigens sein Name. Er versteht auch einigermaßen gut Englisch.« Er wandte sich dem Mann mit der Maschinenpistole im Anschlag zu. »Buski, ich fange jetzt zu zählen an. Bei fünf schießt du Mrs. Seagram in den rechten Arm. Bei zehn in den linken; bei fünfzehn ins rechte Knie und so weiter, bis Admiral Sandecker seinen Widerstand aufgibt und seinen Männern die nötigen Befehle erteilt.«
»Eine wirkungsvolle Methode«, sagte Pitt grimmig. »Wir anderen werden dann erschossen, sobald wir für Ihre Zwecke überflüssig sind. Eisenteile gibt es ja hier an Bord genug, um die Leichen so schwer zu machen, daß sie nie wieder auftauchen. Dann werden Sie behaupten, wir hätten das Wrack im Hubschrauber verlassen, der verunglückt ist: genau passend für Ihren Plan.«
»Ich habe keine Lust und Zeit, mir das Geschwätz länger anzuhören«, sagte Prevlov gereizt.
»Buski –«
»Sie sind ein seltsamer Mensch, Prevlov«, sagte Pitt. »Interessiert es Sie gar nicht, warum ich Drummer und Merker nicht rechtzeitig unschädlich gemacht habe?«
»Das spielt jetzt keine Rolle mehr«, sagte Prevlov. »Sie und Ihre Freunde sind verloren, Pitt. Keiner kann Ihnen mehr helfen.« Er nickte Buski zu. »Eins –«
»Sobald Hauptmann Prevlov bis vier gezählt hat, werden Sie sterben, Buski«, sagte Pitt sehr ruhig. Buski grinste nur ungläubig und antwortete nicht. »Zwei –«
»Wir haben Ihre Pläne für die Enterung der Titanic gekannt«, erklärte Pitt so ruhig wie zuvor. »Seit achtundvierzig Stunden wissen Admiral Sandecker und ich darüber Bescheid.«
»Das war Ihr letzter Bluff«, sagte Prevlov. »Drei –« Pitt machte eine fatalistische Geste. »Dann müssen Sie die Verantwortung für all die Bluttaten tragen, Prevlov.«
»Vier –«
Ein Gewehrschuß krachte ohrenbetäubend laut durch den Speisesaal, und die Kugel traf Buski mitten in die Stirn und riß seinen Kopf zurück.
Noch bevor die Maschinenpistole seinen Händen entglitt und er zusammenbrach, hatte Pitt mit einem schnellen Seitenschritt und hartem Schulterstoß Dana zu Boden gestoßen, um sie aus der Schußlinie zu bringen. Giordino warf sich auf Sandecker und riß ihn mit dem geübten Schwung eines Rugbyspielers von den Beinen.
Die übrigen Männer der Bergungsmannschaft brauchten keine zwei Sekunden, um ihre Geistesgegenwart und ihren Selbsterhaltungstrieb zu beweisen. Sie stoben auseinander und warfen sich in Deckung, wo es gerade ging. Drummer und Merker ebenfalls.
Der Nachhall des ersten Schusses war kaum verklungen, als Prevlovs Männer die ersten Salven aus ihren Maschinenpistolen in den dunklen Hintergrund des Speisesaals abfeuerten.
Es war eine sinnlose Verteidigungsgeste. Der erste Mann der russischen Kommandogruppe brach sofort zusammen. Der zweite ließ seine Maschinenpistole im nächsten Moment fallen und griff sich an den Hals, als könnte er die klaffende Wunde dort noch mit den Händen schließen. Der dritte brach in die Knie und starrte mit glasigem Blick auf die beiden kleinen Löcher, die sich plötzlich in Brusthöhe seiner Überjacke abzeichneten. Jetzt stand Prevlov allein da. Sein Blick glitt über die am Boden liegenden Männer und richtete sich dann auf Pitt.
Sein Gesichtsausdruck zeigte die Gefaßtheit eines Mannes, der Niederlage und Tod vor sich sieht.
Gunn war schon bei ihm und hatte ihm seine Pistole abgenommen. Prevlov salutierte mit resignierter Ruhe und sagte zu Pitt: »Gratuliere, Mr. Pitt. Und wann bekomme ich meinen Gnadenschuß?«
»Überhaupt nicht«, sagte Pitt ernst. »Wir haben mehr mit Ihnen vor, Andre Prevlov.«
Einige Sekunden lang starrte Prevlov seinen Gegner fassungslos an. Dann begann er die Zusammenhänge zu begreifen. Er sollte
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