Hei hei er und dann
Fass war leer. Die Damen im „The Hungry Bear“ überraschten Ryan immer wieder. Im „The Resort“ wurde hauptsächlich erstklassiger Wodka ausgeschenkt, während bei Bear Dunkelbier getrunken wurde. So unterschiedlich können Frauen sein, dachte Ryan, als er ein neues Fass holte.
Ein blumiger Duft hüllte ihn ein, und er spürte, dass er nicht mehr allein im Lagerraum war. Er hob den Kopf. Ohne sich umzudrehen, wusste er, wer es war. Samantha.
„Was machst du hier?“, fragte er. Sie bot eine Ablenkung, an der er sich im Moment nicht erfreuen konnte. Vielleicht später, wenn das Lokal geschlossen war. Falls sie bereit war. Aber nicht jetzt.
„Ein Paar ist gerade gekommen und hat ein Bier verlangt. Da das Fass leer war und ich hinter der Bar keine Flaschen entdecken konnte, bin ich …“
„Du hast dich um die Bar gekümmert?“
„Es war sonst niemand da“, verteidigte sie sich.
„Ich habe Zee gebeten, ein Auge darauf zu halten.“
„Zee meint, er sei betrunken.“
Diese Bemerkung löste die Spannung, und sie brachen beide in Lachen aus. „Du passt gut auf ihn auf“, bemerkte sie anerkennend. Aber nicht nur Anerkennung sprach aus ihrem Blick. Da war noch etwas anderes. Er fühlte sich unbehaglich.
„Irgendjemand muss es tun … er ist Bears Vater. Vor einigenJahren hat er seine Frau verloren und sucht seitdem immer ein wenig Ablenkung und Aufmerksamkeit. Vielen Dank übrigens, dass du dir Zeit für ihn genommen hast.“
Es gab nicht viele Menschen, die ihre Zeit einem alten, einsamen Mann opferten. Bears Kunden kümmerten sich Bear zuliebe um ihn und weil sie ihn seit ewigen Zeiten kannten, so wie auch Ryan. Samantha hatte es jedoch für einen Fremden getan.
„Wie lange waren sie verheiratet?“
„Mehr als fünfzig Jahre.“
„Wow! Eine lange Zeit.“
„Für die beiden nicht. Sie haben sich wirklich geliebt.“ Ryan überlegte, wann er zum Fürsprecher der Ehe geworden war. Nicht, dass er etwas dagegen hätte, selbst eines Tages zu heiraten. Im Gegenteil. Er hatte nur nicht daran geglaubt, je eine Frau zu finden, die es wirklich ehrlich und ernst meinte. Eine Frau, für die es sich lohnte, dieses Risiko einzugehen. Er schaute Samantha an. Bis heute?
Ryan wollte die Chance haben, dies herauszufinden.
„Warum sollte man sich auch aus einem anderen Grund als Liebe an jemanden binden? Sonst kann man ja den Kopf gleich in die Schlinge stecken.“
Sie räusperte sich. „Können wir nicht über etwas anderes reden?“
„Warum? Hast du ein Problem mit dem Thema Hochzeit?“, fragte er leichthin. Wenn alles so lief, wie er es sich vorstellte, würde er später noch viel Zeit haben, ihr Geheimnisse zu entlocken. Anscheinend gab es einige. „Sag Zee das nicht, sonst hält er dir einen Vortrag über Traditionen, Respekt und Liebe.“
Sie lächelte. Ein Lächeln, das ihn seiner Sinne beraubte. Es war gefährlich, noch länger allein mit ihr im kühlen und einsamen Lagerraum zu bleiben.
„Er ist harmlos … und süß.“ Sie schloss die Tür hinter sich und ging auf ihn zu. Als sie ganz nah bei ihm stand, holte sie tief Luft: „So wie du“, murmelte sie. Ihre Stimme zitterte ein wenig vor Nervosität.
Er hob ihr Kinn mit dem Zeigefinger. „Darling, ich bin alles andere als süß.“ Kalt, zurückhaltend, desinteressiert. Das jedenfalls waren die Adjektive, mit denen die Damen im „The Resort“ ihn beschrieben, wenn er ihre Annäherungsversuche rigoros abwehrte. Doch er hatte gelernt, dass er in dieser Hinsicht nicht freundlich sein durfte.
„Warum überlässt du es nicht mir, das zu beurteilen.“ Sie legte die Hände auf seine Schultern und drückte ihn zurück an die Wand. Dann nahm sie all ihren Mut zusammen und lehnte sich an ihn.
Sie küsste ihn. Hart und schnell, als wollte sie verhindern, dass Vernunft die Oberhand gewann. Er hatte nichts dagegen. Auch als sie mit den Händen unter sein Hemd glitt, wehrte er sich nicht. Sie hatte den ersten Schritt unternommen, und er würde dafür sorgen, dass sie es nicht bereute. Weder den Kuss noch das, was folgen würde. Er war scharf auf sie und wollte mehr.
Allerdings bekam er keine Chance. Sie löste sich von ihm, bevor er impulsiv handeln und sich das nehmen konnte, was er wollte. Und was sie ihm noch vor einigen Sekunden angeboten hatte.
Aus großen Augen sah sie ihn an. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, dass ich mich dir einfach an den Hals werfe.“
Ihre Unsicherheit rührte ihn. „Das weiß ich auch nicht, aber
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