Hei hei er und dann
gegenüberstand.
6. KAPITEL
„Ich habe gerade Besuch.“ Noch einen Tag später stachen diese Worte Colin wie kleine Pfeile. Doch nachdem er Rina auf der Party allein gelassen hatte, hatte er diesen kleinen Seitenhieb wohl verdient. Er glaubte nicht daran, dass Rina einen Mann zu Besuch hatte, aber seine Eifersucht war trotzdem geweckt – was vermutlich der Zweck ihrer Bemerkung gewesen war. Und das Gefühl verwirrte ihn zutiefst.
Er setzte sich ans Telefon und rief einige kleine Firmen an, die in der „Ashford Times“ inserierten, um sicherzugehen, dass dies auch weiterhin so blieb. Dann kümmerte er sich um Nachrichten aus dem Bundesstaat sowie über wichtige nationale Angelegenheiten, um den Nachrichtenteil der Zeitung möglichst umfangreich zu gestalten. Colin notierte, dass er Bloomberg wegen der Wirtschaftsberichte kontaktieren und sich um die Übermittlung nationaler Sportergebnisse über die Nachrichtenagentur AP bemühen müsse. Was war ein Mann ohne Sport? Kein Wunder, dass Corinne die Hälfte ihrer Leserschaft verloren hatte! Aus seiner Sicht war alles bereit für den neuen, verbesserten Anfang – er musste Corinne nur rechtzeitig davon überzeugen.
Natürlich würden die Neuerungen, die er einführte, wieder Geld kosten, aber er musste nun mal investieren, um die Leserschaft wieder neu aufzubauen. Ein Teil des Budgets wird bei der Streichung von Emmas und Rinas Stellen frei werden, dachte er schuldbewusst.
„Guten Morgen, Colin.“ Emma spazierte ins Büro und wirkte ein bisschen zu aufgekratzt und fröhlich für einen Montagmorgen – vor allem für diesen Montagmorgen.
„Guten Morgen, Emma. Ich nehme an, Sie haben sich gestern ausgiebig von Ihrer Weihnachtsparty erholt.“ Froh über die Ablenkung, verschränkte er die Hände hinter dem Kopf.
„Oh ja. Ich habe mich in die Badewanne gelegt und ein richtig gutes Buch gelesen. Ich fühle mich außerordentlich erfrischt, danke. Wie war dein Wochenende?“
„Ich war gestern bei Joe.“ Und bei Corinne – doch er war jetzt nicht in der Stimmung, daran auch nur zu denken. Er merkte, dass er Corinne gegenüber in Gefühlskonflikt geriet, da sie sich so beständig um Joe sorgte und kümmerte.
„Corinne sagte mir, es sehe gut aus. Ich bin ja so froh. Ich finde, wir sollten ihm eine ordentliche Wiedersehensfeier bereiten, wenn er wieder hier ist.“
Das sagte die Frau, deren Kolumne auf der Abschussliste stand. Colin stöhnte auf, da er eine Pause von seinen Schuldgefühlen und dem Stress brauchte.
„Eine Blumensendung“, rief da plötzlich eine männliche Stimme.
Colin drehte sich um und sah einen Mann, der einen bombastischen Blumenstrauß in den Armen hielt.
„Ich suche eine Rina Lowell.“
Colins Herz krampfte sich zusammen. Hatte Rina vielleicht doch noch einen Mann zu Besuch gehabt?
„Oh, wie aufregend. Stellen Sie ihn gleich da ab“, sagte Emma und deutete auf Rinas Schreibtisch. Sobald der Lieferant verschwunden war, drehte Emma sich zu Colin um. „Das hättest du nicht tun müssen.“
„Hab’ ich auch nicht“, erwiderte er zwischen zusammengebissenen Zähnen.
Emma hob eine Augenbraue. „Ach, herrje!“
Noch ehe Colin sich selbst erniedrigen konnte, heimlich die Karte zu lesen, kam Rina in die Redaktion. Ihre Wangen waren vom Wind gerötet, das Haar leicht zerzaust und ein Lächeln auf dem Gesicht. Colin wurde allein durch ihren Anblick erregt.
„Guten Morgen.“ Sie ging langsam zu ihrem Schreibtisch. „Was ist denn das?“
„Na, ein Blumenstrauß natürlich“, sagte Emma.
Rina blickte für den Bruchteil einer Sekunde zu Colin, bevor sie die Blumen eingehend betrachtete. Doch er hatte deutlich den Hoffnungsschimmer in ihren Augen wahrgenommen und konnte beruhigt sein. Er trat neben ihren Schreibtisch, neigte sich zu ihr und sagte leise: „Tut mir leid, Liebling, aber die sind nicht von mir.“
„Das hatte ich auch nicht angenommen.“ Sie holte die Karte aus dem Umschlag und verstaute sie nach dem Lesen in ihrer Schreibtischschublade.
„Und?“, fragte Emma. „Verraten Sie uns den Namen Ihres heimlichen Verehrers?“
Rina schüttelte den Kopf und wich Emmas Blick aus. „Die Blumen sind von Jake und Brianne. Sie gratulieren mir zu meiner ersten Kolumne.“
„Wie schön, wenn man eine Familie hat, die sich um einen kümmert“, bemerkte Emma und widmete sich wieder ihrer Arbeit.
Rina schob die Blumen an die Schreibtischecke, verstaute ihre Handtasche und zog sich den Mantel aus. Colin hatte ihr nicht
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