Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
er nicht der biologische Vater ist. Die Geschichte über seine veränderte Stimme auf der Bühne, die er Oprah Winfrey 2008 erzählt, und die er da mit der Empfindung vom Januar oder Februar 2004, „Vater“ zu werden, in Verbindung bringt, gehört an das Ende des Jahres 2004, als ihm Heidi die freudige Nachricht überbringen kann, nun beim zweiten Mal von ihm schwanger zu sein. Diese Version ist die am wenigsten schmeichelhafte, doch chronologisch und psychologisch die überzeugendste.
Wie auch immer der Beginn ihrer Beziehung wirklich ausgesehen hat: Die beiden haben offenbar Anfang 2004 auch seelisch einen guten Draht zueinander gefunden. In dieser für Heidi so schwierigen Situation fliegt, wie sie später beide erzählen werden, der Funke zwischen den beiden. Was bislang Sympathie war, wird Liebe. Was sich als Bekanntschaft oder Freundschaft entwickelt hat, wird zur Schicksalsgemeinschaft. Diese Entwicklung in so kurzer Zeit ist schon erstaunlich. Heidi ist jetzt sichtlich schwanger, und Seal immer noch ungebunden. Aber vielleicht ist gerade das eine Idealsituation für das, was jetzt kommt. Heidi strahlt bereits etwas von der Mütterlichkeit aus, die Seal schon ein Leben lang gesucht hat. Und er, der dazu neigt, sich an eine geliebte Frau zu klammern, weil er in ihr diese Mutter finden will, die er nie bekommen hat, scheint Heidi wiederum die Garantie des treuen Ehemanns zu sein, der Flavio Briatore nie gewesen wäre. Seal und Heidi werden in den folgenden Jahren mehrmals öffentlich betonen, dass sie den jeweils anderen vor alles andere stellen würden. „Sie ist meine Nummer 1“ wird zu einem Standardspruch Seals werden. Er ist zu einer Beziehung und für eine Familie bereit, während Briatore erst seine wenige Jahre später erfolgende Krebserkrankung brauchen wird, um als Mensch zu reifen und ernsthaft an die Gründung einer Familie denken zu können.
Es ist menschlich berührend, zu sehen, dass Seal schon Monate vor ihrer Geburt für Leni Interesse und Verantwortungsbewusstsein zeigt und Heidi, die eben noch demonstrativ ihre Gemeinsamkeit mit Briatore hervorgekehrt hat, seiner Loyalität versichert. Im Gegenzug findet sie bei ihm jemanden, bei dem sie sich ausschütten kann über das Kuddelmuddel zu Hause. Denn der im Hause Klum gefundene Kompromiss kann sie nicht zufrieden stellen. Sie ist nun reif genug, um aus dem Schatten ihres Vaters auszubrechen. Dafür ist ein Leben an der Seite Briatores nicht geeignet. Mit Seal tritt Heidi erstmals aus ihrer Ursprungsfamilie heraus. Es ist der Beginn ihrer großen Liebe, wie sie später beide erzählen werden, und die Liebe ist wirklich groß. Die Umstände, unter denen sie aber zusammenkommen, sind so ungewöhnlich, dass bald die Weltmedien über beide berichten werden. Jahre später steht Heidi dem amerikanischen Fernsehjournalisten Carlos Watson zur Rede über ihr Leben. Sie wirkt dabei etwas aufgedreht und doch auf der Hut, denn Watson, ein bubenhaft wirkender Afroamerikaner, der immer lächelt, ist für seine gnadenlose Direktheit bekannt. Auch hier schießt er mit scharfem Geschütz, als er Heidi jene Frage stellt, für die insgeheim die ganze Welt eine Antwort fordert: Wie war das, den Mann ihres Leben kennen zu lernen, während sie von einem anderen ein Kind erwartete? Der Dialog spielt sich so ab:
Watson: „Heidi, du weißt, was ich dich fragen möchte. Es geht um Seal ... du wirst ein bisschen rot dabei?“
Heidi: „Vielleicht sind es die Scheinwerfer.“
Watson: „Du hast ihn getroffen.“ (Pause) „Und du warst schwanger.“
Heidi (schweigt und lächelt)
Watson: „Aber nicht von ihm.“
Heidi (lachend): „Ich habe darauf gewartet, wie nett du das formulieren würdest.“
Watson: „Aber, aber, du weißt, was ich sagen will. Also: Du hast ihn getroffen und es war nicht sein Kind. Trotzdem: Ihr seid zusammengekommen, obwohl du schwanger warst. Die Leute fragen sich da: Wow, das muss unglaublich schwierig für einen sein. Deshalb: War es schwierig für ihn, in dein Leben zu treten, während du schwanger warst?“
Watson trifft hier den Kern der Sache. Menschen fragen sich: Wie muss es für einen Mann sein, mit einer Frau zu schlafen, die das Kind eines anderen Mannes unter dem Herzen trägt? Wie kann man einander in so einer Situation näher kommen, wie kann man Mann und Frau werden, ohne dabei das Gefühl zu haben, mit dem Schatten eines anderen zu leben?
Heidi hat die Frage erwartet. Watson blickt sie ernst mit weit geöffneten Augen
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