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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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nicht und schrie dann immer jämmerlich; so war es eine rechte Wohltat für die Frau, daß sie einmal hinausgehen konnte.
    Unterdessen verstanden sich die beiden drinnen vortrefflich, denn auf Silvios Fragen konnte Rico ganz gut antworten; auch konnte er sich leicht verständlich machen, wo er etwa nicht gleich das rechte Wort wußte, und die Unterhaltung war dem Silvio sehr kurzweilig. Die Mutter konnte auch die Blumenbeete und die Weinreben und die schönen Feigenbäume im Acker und ringsum alles ansehen, ohne daß der Silvio ein einziges Mal gerufen hätte.
    Aber als sie nun hereinkam und es bald zu dämmern anfing und Rico aufstand, um fortzugehen, da schlug der Silvio einen großen Lärm an und hielt den Rico fest am Wämschen mit beiden Händen und wollte ihn nicht loslassen, wenn er nicht gleich verspreche, er komme morgen wieder und alle Tage. Aber die Frau Menotti war eine vorsichtige Frau; sie hatte den Bericht der Wirtin auch ziemlich verstanden und beschwichtigte nun den Silvio und versprach ihm, gleich in den ersten Tagen zu der Wirtin zu gehen und mit ihr zu sprechen, denn der Rico könne nichts versprechen so von sich aus, er müsse folgen.
    Endlich ließ der Kleine das Wämschen los und gab Rico die Hand, und dieser ging ungern aus der Stube weg. Er wäre lieber dageblieben, wo es so still war und alles so gut aussah und Silvio und die Mutter so freundlich mit ihm waren. –
    Es vergingen wenige Tage, da trat eines Abends die Frau Menotti ganz aufgeputzt in die »Goldene Sonne« ein, und die Wirtin lief ihr entgegen und führte sie in den oberen Saal hinauf. Da fragte denn Frau Menotti ganz höflich, ob es der Frau Wirtin nicht ungelegen wäre, ihr für ein paar Abende der Woche den Rico zu überlassen; er unterhalte ihr das kranke Büblein so gut und sie wollte gern erkenntlich sein dafür in jeder gewünschten Weise.
    Es schmeichelte der Wirtin, daß die wohlangesehene Frau Menotti sie so um einen Dienst zu bitten kam, und es wurde gleich festgesetzt, daß Rico an jedem freien Abend kommen würde, und Frau Menotti übernahm dagegen, für Ricos Bekleidung zu sorgen, so daß die Wirtin überaus befriedigt war mit der Einrichtung; denn nun hatte sie keinen Heller für den Knaben auszugeben und den reinen Gewinn von ihm. So schieden die Frauen beide in der größten Zufriedenheit voneinander. –
    So vergingen für Rico die Tage. In kurzer Zeit sprach er so geläufig italienisch, als hätte er es immer gekonnt. Und einmal hatte er es auch gekonnt; so fiel ihm eins nach dem anderen ohne Mühe wieder ein, und er hatte ein gutes Ohr und sprach wie ein völliger Italiener, so daß sich alle Leute darüber verwundern mußten. Die Wirtin konnte ihn so gut brauchen, wie sie nicht einmal erwartet hatte, denn seine Geschäfte machte er so sauber und ordentlich, wie sie selbst manches nicht machen konnte, denn sie hatte die Geduld nicht, und wenn etwas mußte aufgerüstet werden zu einem Fest, etwa zu einer Hochzeit, so mußte es Rico tun, denn er wußte, was schön war, und konnte es machen. Wenn er seine Aufträge ausrichten mußte, so war er wieder da, ehe die Wirtin nur denken konnte, er sei am Ort angekommen, denn er brauchte keine Zeit zur Unterhaltung. Wenn jemand ihn ausfragen wollte, so kehrte er sich auf der Stelle um und ging davon. Das gefiel der Wirtin besonders, als sie es bemerkte, und es flößte ihr einen solchen Respekt ein vor dem Jungen, daß sie ihn selbst nicht ausfragte, und so kam es, daß eigentlich niemand wußte, wie er nach Peschiera gekommen war; aber es hatte sich eine Geschichte verbreitet, die nahm jedermann an, daß er als ein verlassenes Waisenkind da droben in den Bergen schlecht gehalten und bös behandelt worden, da sei er entlaufen und habe viele Gefahren bestanden auf der langen Reise und sei endlich hier angekommen, wo die Leute nicht so roh seien wie in den Bergen, und hier sei er gern. Und wenn die Wirtin die Geschichte erzählte, so ermangelte sie nicht, hinzuzusetzen: er verdiene es auch, daß es ihm so gut gegangen sei und er den Schutz unter ihrem Dache gefunden habe.
    Als der erste Tanzsonntag kam, da versammelten sich in der »Goldenen Sonne« so erstaunlich viele Leute, daß man gar nicht wußte, wo sie alle untergebracht werden könnten, denn jeder wollte den kleinen fremden Musikanten sehen und hören, und diejenigen, die ihn schon gehört hatten am ersten Abend, kamen zuallererst und wollten mit ihrem Lied beginnen.
    Die Wirtin lief hin und her im Feuer der

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