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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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zurück, dass man den Rock darunter bemerkte, der war aus schimmerndem Atlas. »Sie arbeitete als Zimmermädchen im Hotel in Ragaz, wo ich damals logierte. Wir freundeten uns an, sie war klug und für ihr Alter erstaunlich belesen. Ihr Name war Adelheid.«
    Das gab dem Pfarrer einen Stich. Ihm war, als ob ein Fenster aufgeflogen wäre und Frostluft eindrang. »Adelheid?«, fragte er tonlos. »Wir haben mehrere Frauen dieses Namens im Dorf.«
    Darauf beschrieb Professor Marus, der Adelheids Nachnamen
nicht kannte, sie von Angesicht, ihre Erscheinung und Statur, sodass für den Pfarrer bald kein Zweifel bestand, dass nur die unglückliche Uuputztä gemeint sein konnte, deren geläuterte Reste im Ulmensarg auf dem Gottesacker lagen.
    »Sie ist tot«, antwortete der Pfarrer schroff. »Vor Jahren gestorben. Sie war jung vermählt, ihr Mann ist verunglückt. Sie starb ihm bald hinterher.«
    Das schien den Professor nicht sonderlich zu betrüben. »Schade«, sagte er nur. »Aus ihr hätte manches werden können.«
    »So seid Ihr umsonst den weiten Weg gekommen.«
    »Umsonst? Keineswegs.« Zum ersten Mal zeigte sich ein Lächeln in dem bleichen Gesicht. »Ich war von jeher ein Liebhaber der Region. Die Berge, die Stille, das sagt mir ungemein zu.«
    »Und das Licht«, versuchte der Pfarrer die wahre Identität des Mannes zu ergründen. »Unser besonderes Licht, wenn sich die Sonne über den glänzenden Schneefeldern erhebt und die Gebirgsriesen die Allmacht Gottes preisen.«
    Am Schmunzeln des Professors erkannte man, dass er den Priester durchschaute. »Gewiss. Doch da euer Licht so gleißend ist, dünkt einen die Dunkelheit danach umso tiefer. Wir haben bald Wintersonnwende«, sagte er mit gefährlicher Stimme. »Finsternis liegt über der Welt.«
    Auch wenn dem Pfarrer graute, war er der Stellvertreter Christi an diesem Ort und musste Gottes Gesetze wahren. »Wenn Ihr im Dörfli bleiben wollt, seid willkommen. Mich würde es freuen, Euch sonntags bei der Andacht zu sehen.«
    Professor Marus bedankte sich, der Pfarrer brachte ihn
zur Tür. Der Fremde trat in die von Flocken erfüllte Nacht und war im Nu im Schneegestöber verschwunden. Der Priester aber schob Riegel und Schlösser diesen Abend noch sorgfältiger vor und betete innig zu seinem Gott.

Kapitel 5

    Als es draußen bei jedem Schritt vor Kälte knisterte und knarrte und die Schneedecke ringsum hart gefroren war, tauchte die schöne Sonne über der Alp auf, guckte ins Fenster auf Heidis Stuhl, die beim Frühstück saß.
    »Heut müssen wir aber nach draußen«, rief Heidi und sprang auf, dass die Milch im Schälchen schwankte.
    »Müssen wir, so?« Der Großvater lachte in seinen Bart, ging zum Schrank und holte eine Decke heraus. »So komm.«
    Voll Freude hüpfte das Kind ihm nach in die glitzernde Schneewelt hinaus. Auf allen Ästen lag Schnee, es funkelte von den Bäumen, dass Heidi vor Entzücken ausrief: »Schau, Großvater! Es ist lauter Silber und Gold an den Tannen!«
    Der Öhi war in den Schopf gegangen und kam mit einem Stoßschlitten wieder, bei dem konnte man auf dem flachen Sitz die Füße gegen den Boden stemmen und so der Fahrt ihre Weisung geben. Er setzte sich auf den Schlitten, nahm das Kind auf seinen Schoß, wickelte es in die Decke und drückte es mit dem linken Arm an sich. Dann gab er mit beiden Füßen einen Ruck, und der Schlitten schoss davon und
die Alm hinab mit einer solchen Schnelligkeit, dass das Heidi meinte, es fliege durch die Luft wie ein Vogel. Das Mädchen jauchzte, der Öhi hielt es gut fest, während sich seine mächtigen Schenkel anstrengten, die Richtung zu halten. Seine genagelten Schuhe ließen die Schneekruste rechts und links hochsprühen. Eiswind schlug Heidi ins Gesicht, Kristalle setzten sich in sein Haar, und das Wasser trat ihm in die Augen.
    »Hoho«, machte der Großvater, dem auf der hurtigen Fahrt das Leben in die Glieder schoss.
    »Hei!«, rief Heidi, wenn sie einen scharfen Abhang meisterten und knapp am Abbruch vorbeisausten.
    Schon stand der Schlitten still; sie hatten den Rand des Dorfes erreicht, hundertmal schneller, als es zu Fuß gegangen wäre. Vor ihnen erhob sich ein uraltes Haus, wo alles eng wirkte und schmal und dürftig. Der Großvater stellte das Kind auf den Boden, wickelte es aus der Decke und sagte: »Geh hinein; ich habe im Dörfli einiges zu besorgen. Wenn es anfängt zu dunkeln, komm ich und hole dich ab.« Er zog seinen Schlitten weiter.
    Heidi wusste nicht, wessen Hütte das war,

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