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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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in den Weg.
    »Was habt Ihr mit dem Kind im Sinn, Nachbar?«
    »Ich habe im Sinn, es nicht zur Schule zu schicken.« Die Augen des Großvaters blickten frostig auf den kleineren Priester herab.
    »Was soll aus dem Kind dereinst werden?«
    »Es wächst und gedeiht mit den Geißen und den Vögeln. Bei denen ist es ihm wohl, es lernt nichts Böses. Auf der Alp kommt ihm kein Glaarä zu nahe, solange ich da bin.«

    »Die Unaussprechlichen lasst beiseite.« Der Pfarrer hob die Hand, die vom Frost schon ganz rot war. »Das Mädchen ist keine Geiß und kein Vogel, es ist ein Menschenkind. Wenn es nichts Böses lernt von seinen Kameraden, so lernt es auch sonst nichts. Soll aber lernen, und zwar jeden Tag, und die Zeit dazu ist gekommen.«
    »Ich tu’s nicht, Herr Pfarrer.«
    »Meint Ihr, es gebe kein Mittel, Euch zur Vernunft zu bringen?«, fragte der Pfarrer ein wenig zu eifrig.
    »So«, sagte der Alte, und seine Stimme verriet, dass es auch in seinem Innern nicht ruhig war. »Und meint der Herr Pfarrer, ich werde ein zartgliedriges Kind durch Sturm und Schnee den Berg hinunterschicken, zwei Stunden weit, und zur Nacht wieder heraufkommen lassen, wenn’s Wetter tobt und wütet, und hinter den Schneewächten und Felsnasen können Niänenüütli lauern, für die so ein Kind ein gefundenes Fressen wär?«
    Der Priester wollte entgegnen, aber der Alte war in Fahrt und fuhr ihm in die Parade: »Der Pfarrer erinnert sich sicher noch meiner Adelheid, der Mutter des Kindes. Schon bevor sie eine Braut der Hölle wurde, der wir sie mit Gottes Hilfe nun entrissen haben, war Adelheid eine anfällige Person. Sie war mondsüchtig und hatte Zufälle und spazierte nachts ohne Wissen und Besinnung auf dem Totenacker umher. So wurde sie leichte Beute für die Nächtlichen, die eine Uuputztä aus ihr machten. Soll es dem Heidi genauso ergehen, wenn es sich überanstrengt, weil Ihr es aus dem Frieden des Berges fortholen wollt?« Der Großvater schwang drohend den Stock. »Da soll nur einer kommen und mich zwingen wollen! Der wird es bereuen, auf die Alp gestiegen zu sein!«

    »Ihr habt Recht, Nachbar«, sagte der Pfarrer beschwichtigend. »Es wäre nicht möglich, das Kind vom Berg herunter, quer durchs Revier der Niänenüütli, zur Schule zu schicken. Aber ich sehe, das Heidi ist Euch lieb. Tut um seinetwillen etwas, das Ihr schon lange hättet tun sollen. Kommt wieder ins Dörfli herunter und lebt mit den Menschen.«
    Da der Alte grimmig schwieg, getraute sich der Priester zu sagen: »Wenn Euch etwas zustoßen sollte da oben, wenn die Unaussprechlichen sich zusammenrotten und Eure Alm erstürmen, wer würde Euch beistehen? Was ist das denn für ein Leben, allein und verbittert, halb erfroren in Eurer eisigen Hütte? Wie hält das zarte Kind das nur aus?«
    »Es hat gesundes Blut und eine gute Decke zum Schlafen. Ich hab Brennholz genug im Schopf, und in meinem Herd geht das Feuer nie aus.«
    Bei solchen Sätzen wurde dem Großvater schwer ums Herz, denn er musste an Adelheid denken, die er vor sieben Jahren von der Alp auf ein Dorffest hatte gehen lassen. Von der nächtlichen Tanzerei war sie verschleppt worden, ein mächtiger Nächtlicher hatte sie in seinen Bann geschlagen und zu seiner Braut gemacht. Hätte der Öhi damals Kraft und Weitsicht besessen, Adelheid auf dem Berg zu behalten, sie wäre wohl noch am Leben und könnte sich ihres Töchterchens freuen.
    »Nein, Herr Pfarrer, hier unten ist’s nichts für mich.« Er legte sich den Schlittengurt über die Schulter. »Die Menschen fürchten mich, und ich verachte sie. Wir bleiben voneinander, so ist’s beiden Teilen wohl.«
    »Dann helf Euch Gott. Ich kann es nimmer.« Der Pfarrer wollte ins Haus, denn er war gänzlich durchfroren. Da
er sich abwandte, fiel ihm noch etwas ein: »Es hat jemand nach Eurer Tochter gefragt. Ein feiner Herr, ein Fremder im Dorf.«
    Der Großvater, ebenfalls abgewandt, fuhr herum. »Gefragt, nach Adelheid? Wann?«
    »Ein paar Tage ist’s her. Er sei ein Bekannter von früher.« Der Priester stampfte im Schnee.
    »Habt Ihr ihm von der Begebenheit auf dem Friedhof erzählt, vom letzten Abschied meines Kindes?« Das Blut wogte in den Wangen des Alten.
    »Kein Wort«, beruhigte der Pfarrer. »Auch sonst nichts, da seid ganz getrost.«
    »Wo ist der Fremde hin?« Der Öhi richtete den Stock auf den Pfarrer.
    »Er ist noch da. Im Adler logiert er. Gesagt haben wollt ich’s Euch, falls er hinaufsteigt und Euch aufsuchen sollte.«
    »Hinaufsteigen?«,

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