Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
unterbrach sie.
    »Aelita, kannst du den westlichen Rand vergrößern?«
    »Ich sehe da auch etwas«, sagte Aelita und erfüllte Charles’ Bitte. Das Bild lag im äußersten Übertragungsbereich des Satelliten. Mariner Valley wirkte wie ein ausgefranster Riss in der Landschaft.
    »Wir sind hier«, sagte Leander, der neben Charles nahe beim Display stand, und zeigte mit dem Finger auf eine Stelle unterhalb beziehungsweise jenseits des Horizonts. Charles entdeckte einen weiteren grauen Vorhang, der trotz des vergrößerten Bildes kaum sichtbar war. Der Vorhang mochte sich einige hundert Kilometer nordöstlich von Kaibab befinden. Es war schwer zu beurteilen.
    »Frau Vizepräsidentin«, sagte Lieh, »wenn dies eine Bestätigung dessen ist, dass Many Hills zerstört wurde, dann müssen Sie jetzt das Kommando übernehmen.«
    Aelita verwandelte das Bild wieder in eine Gesamtansicht und vergrößerte dann das Gebiet rund um Many Hills. Die Hauptstadt der Republik war im Staub verschwunden.
    Meine Rippen rieben gegeneinander. Ich schloss die Augen und schnappte nach Luft.
    Als der Satellit seinen erbarmungslosen Kurs von Osten nach Westen fortsetzte, sahen wir deutlicher, wie sich die suchenden Finger des Todes auf Kaibab zubewegten. Aber das schien uns nicht weiter überraschend, ja sogar normal. Was uns schockierte, war das Ausmaß der Zerstörung an anderen Orten.
    Charles’ Hände zuckten. »Du hast jetzt das Sagen, Casseia.«
    »Frau Präsidentin«, sagte Lieh und stellte damit das Offensichtliche fest.
    »Ti Sandra kommt diesmal nicht zurück«, fuhr Charles fort. »Sie war in Many Hills. Auch die meisten Bezirksgouverneure und Abgeordneten waren dort.«
    Ich starrte auf die funkelnden Auswirkungen der Konversion. Auf die Gruben und Spalten voll geschmolzenen Gesteins. Hunderttausende von Hektar in Copernicus, Argyre, Hellas. Es hatte zwei der größten marsianischen Siedlungen erwischt.
    »Cailetets Hauptsiedlung ist verschwunden, außerdem auch zwei außerhalb liegende Stützpunkte«, erklärte Aelita.
    Achmed Crown Niger hatte seine endgültige Antwort von der Erde erhalten.
    »Wahnsinn«, murmelte Leander.
    Aber ich wusste es besser. Das alles ergab einen schrecklich logischen Sinn. Das Muster war so alt wie die Zeit: Paviane, die ihre Hinterteile zur Schau stellten. Wenn das Ritual nicht korrekt vollzogen wurde und ein Pavian nicht zurückwich, nahmen die Paviane Kampfhaltung ein und bleckten die Zähne. Und wenn das nicht half, kämpften sie bis auf den Tod gegeneinander.
    Das Satellitenbild verschwand plötzlich.
    »Signal verloren«, meldete Aelita.
     
    Charles stand neben dem weißen Zylinder, der den planetaren Tweaker enthielt. Sein Rücken war gebeugt, die Hände mit den langen Fingern baumelten an den Seiten, seine Augen brannten unter zusammengezogenen Brauen vor permanenter Konzentration. Um ihn herum lag das Hilfsinstrumentarium für den größten unserer Tweaker bereit.
    Tamara Kwang lag nahe dabei ruhig auf einer Couch. Sie war auf ihre Rolle als Ersatzperson vorbereitet.
    Dreißig höhere Stabsmitglieder der Siedlung hatten sich im Auditorium neben dem Tweakerraum versammelt und warteten auf meine Anweisungen. Charles beobachtete uns mit Engelsgeduld, er blickte durch ein breites Plastikfenster.
    Niemand erhob Einwände, als Leander mich als Präsidentin ansprach.
    Meine Mitteilung an die Versammlung war kurz: »Wenn wir im Sonnensystem bleiben, können wir nicht überleben. Wir müssen das tun, wozu wir Sie alle hierher gebeten haben. Je eher, desto besser. Charles hat mir gesagt, dass er bereit ist. Stephen hat es bestätigt.«
    Die dreißig Menschen saßen eine Weile wie vor den Kopf geschlagen schweigend da. Dann stand Doktor Wachsler auf und blickte mit ausgestreckten Händen in die Runde. »Wir treffen hier für den ganzen Mars eine Entscheidung«, sagte er. »Praktisch repräsentieren wir den ganzen Mars. Gewiss müssen wir …« Er stockte, streckte die Hände noch höher in die Luft und erhob die Stimme. »Gewiss müssen wir erst einmal irgendeine Bestätigung abwarten, irgendeine …«
    »Wir werden sterben, wenn wir jetzt nicht handeln«, unterbrach ich ihn. Meine Hände zitterten vor Erregung. Ich wollte sogar, dass Wachsler mich herausforderte. Ich wollte jetzt jede Art von Herausforderung. Meine Rippen wuchsen zusammen, ich konnte sie spüren. Medizinisches Nano strömte durch mein Blut, beseitigte Schäden, verhinderte den drohenden Schock. Ich fühlte mich stark wie eine Löwin,

Weitere Kostenlose Bücher