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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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wusste aber gleichzeitig, dass ich immer noch sehr schwach war.
    »Doktor Abdi hat seine areologische Untersuchung noch gar nicht abgeschlossen«, sagte Wachsler.
    Abdi stand mit den Händen in den Hosentaschen auf, zuckte die Achseln und nahm wieder Platz. »Allerdings nicht«, bestätigte er.
    »Wir sollten abstimmen«, rief Jackson Hergesheimer, der Astronom. »Wir wissen, was auf der letzten Reise geschehen ist. Was mit Galena geschehen ist. Wenn wir den Selbstmord dem Mord vorziehen sollen, dann sollten wir auch darüber abstimmen dürfen.«
    »Es findet keine Abstimmung Statt«, wehrte ich erschöpft ab.
    »Dann sind Sie nicht mehr Präsidentin dieser Republik, selbst wenn Sie … selbst wenn Sie es nach dem Gesetz …« Ihm fehlten die Worte.
    »Ich nehme es auf meine Kappe«, antwortete ich.
    »Sie befehlen uns den Selbstmord!«, brüllte Wachsler.
    Jetzt reichte es Dandy Breaker, der hinten saß. Er stand mit Handzeichen auf, ich erteilte ihm mit einem Nicken das Wort. »Ich möchte darauf hinweisen, dass die Position von Präsidentin Majumdar mit den Gesetzen der Republik völlig im Einklang steht. Dies ist ein Notstand. Die einzige Verteidigungsmöglichkeit, die uns bleibt, ist der Rückzug. Auf ihre Anweisung hin habe ich das Kriegsrecht verhängt und auf dem ganzen Mars verkünden lassen.«
    »Und niemand kann es hören oder Einwände erheben!«, sagte Wachsler heftig, während Tränen der Wut über seine Wangen kullerten. Seine Hände flatterten wie zwei Vögel auf und ab, seine Finger zuckten. »Mein Gott, das ist die schrecklichste Form von Tyrannei!«
    »Ich nehme die Verantwortung auf mich«, erklärte ich. Meine Stimme klang selbst in meinen Ohren dumpf und hohl.
    »Frau Präsidentin«, sagte Leander, »vielleicht sollten wir eine informelle Abstimmung durchführen. Nur um sicherzugehen.«
    »Wir sollten die Möglichkeit diskutieren, den Krieg zu erklären«, schlug Hergesheimer vor. »Was die tun, ist eine Gräueltat. Wir sollten uns verteidigen. Wenn nicht mit einem Mond, dann durch Umwandlung ihrer Städte, ihrer Länder.«
    »Nein«, sagte ich. »Das kommt nicht in Frage, solange uns noch eine andere Möglichkeit bleibt. Und diese Möglichkeit haben wir noch.« Ich hatte schon vor langer Zeit meine persönliche Haltung zu einem Gegenschlag gegen die Erde abgeklärt. »Falls mich irgend jemand absetzen oder zeitweilig meines Amtes entheben oder irgend etwas einleiten möchte, das nach dem Gesetz möglich … oder auch unmöglich ist, dann soll das jetzt geschehen. Aber bitte schnell!«
    Ich fragte mich, ob wir jetzt alle Kontrolle verlieren würden, ob ich zu weit vorgeprescht war und zu scharf gesprochen hatte. Leander wollte gerade das Wort ergreifen, als der Boden des Auditoriums bebte. Aelita rief von den Kameras über der Siedlung eine Reihe von Bildern ab. Der schreckliche graue Vorhang entfaltete sich über dem nördlichen Kaibab und wirbelte, deutlich sichtbar, Trümmer in die elektrisch aufgeladene blaue Corona empor, während am Boden Staubmassen durcheinander quirlten.
    »Es hat das Plateau erreicht und ist noch rund fünfzig Kilometer entfernt«, erklärte Aelita.
    Alle im Auditorium sahen zu, manche weinten. Einige sprangen von ihren Sitzen auf und liefen hinaus.
    »Uns bleibt nur noch die nackte Angst«, sagte ich. »Das wissen wir. Für uns gibt es keine Winkel, in die wir uns zurückziehen könnten … Wenn wir unserer Angst nachgeben, werden wir sterben. Lasst uns das tun, wofür die Siedlung Auftakt geschaffen wurde.«
    Charles kam mit langsamen, unsicheren Schritten aus dem Hauptlabor ins Auditorium. Seine Gegenwart schien auf die Stabsmitglieder in den ersten beiden Sitzreihen wie eine Geistererscheinung zu wirken. Sie zogen ihre Knie an und von ihm weg und blickten wie erschrockene Kinder.
    »Der QL ist bereit«, erklärte Charles. »Die Übersetzung ist bereit. Und ich bin es auch.«
    Das Bild unseres drohenden Verhängnisses hing an mehreren Stellen rund ums Auditorium über unseren Köpfen. Der Boden bebte, als ob eine Herde riesiger Tiere darüber stampfte. Charles starrte die Bilder an und sagte dann, kaum hörbar: »Es ist eine Konversion im Verhältnis von eins zu einer Billion. Wenn sie die auf das Zehnfache steigern, und das können sie, dann können sie das ganze Plateau gleichzeitig erfassen.«
    »Tun wir’s!«, sagte ich. Bei dem fürchterlichen Lärm, der durch den Zerfall der steinernen Materie verursacht wurde, konnte ich mir kaum Gehör verschaffen.
    Dandy

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