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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Schweigens. »Ich muss mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich so ein Tolpatsch bin.«
    »Ganz und gar nicht. Es ist eigentlich ganz charmant.«
    »Charmant. Aber nicht sehr überzeugend.«
    »Ich weiß einfach nicht, was ich will, Charles. Ich muss es ganz allein klären.«
    »Glaubst du an mich?«, fragte er. »Wenn du an mich glaubst, dann müsstest du eigentlich wissen, dass ein Leben mit mir nie langweilig sein wird.«
    Ich warf ihm einen teils verwirrten, teils verärgerten Blick zu.
    »Ich werde wesentliche Dinge tun. Ich weiß nicht, wie lange ich noch brauche, bis ich soweit bin, aber einiges deutet sich jetzt schon an. Gebiete, zu denen ich etwas beisteuern kann. Die Arbeit, die ich selbständig leiste – an der Universität zeige ich sie gar nicht herum –, ist recht gut. Nicht bahnbrechend, das noch nicht, aber ziemlich gut. Und sie läuft erst an.«
    Zum ersten Mal entdeckte ich eine andere Seite an Charles, und sie gefiel mir gar nicht. Sein Gesicht verzog sich zu einer energischen Grimasse.
    »Du brauchst mir nicht zu sagen, wie klug du bist«, blaffte ich ihn an.
    Er packte mich mit leichtem, aber hartnäckigem Griff bei den Schultern. »Es geht nicht nur um Klugheit. Es ist so, als könnte ich in die Zukunft sehen. Ich werde wirklich gute Arbeit leisten, großartige Arbeit. Und manchmal glaube ich, dass die Frau, mit der ich mein Leben teile, mir bei dieser Arbeit helfen wird. Egal, wer sie ist. Ich muss meine Lebensgefährtin, meine Freundin, meine Geliebte sehr sorgfältig wählen, denn es wird nicht leicht werden.«
    An diesem Punkt hätte ich das Gespräch mit einem Händedruck und einem nachdrücklichen »Auf Wiedersehen« beenden können. Diese Seite an Charles mochte ich nicht. Er war nicht halb so klug wie mein Vater, wie ich fand. Und trotzdem war er dermaßen von sich eingenommen: ein wahnsinniger Egozentriker mit großen Rosinen im Kopf. »Ich will selbst etwas leisten«, sagte ich. »Ich will mehr sein als die Lebensgefährtin eines Mannes, ich will nicht nur anderen den Rücken für ihre Arbeit freihalten.«
    »Klar«, sagte er ein wenig zu schnell.
    »Ich muss meinen eigenen Weg gehen. Ich kann mich nicht einfach an jemanden dranhängen und mitziehen lassen.«
    »Oh, klar doch.« Sein Gesicht verzog sich wieder.
    Charles, heul jetzt bloß nicht, verdammt noch mal, dachte ich.
    »Da drinnen ist so viel«, sagte er. »Ich hab so starke Gefühle. Ich kann’s nur schlecht in Worte fassen. Und da ich das nicht schaffe, verstehst du mich auch nicht. Aber ich hab noch nie eine Frau wie dich gekannt.«
    Du hast überhaupt noch nicht viele Frauen gekannt, dachte ich ziemlich hämisch.
    »Wo immer du auch hingehst, wo immer wir schließlich landen mögen: Ich werde auf dich warten«, beteuerte er.
    An diesem Punkt nahm ich seine Hand, da ich den Eindruck hatte, hier könne ich einen würdigen, nahezu perfekten Ausweg aus einer verzwickten Situation finden. »Du liegst mir wirklich sehr am Herzen, Charles«, sagte ich. »Ich werde dich immer gern haben.«
    »Du willst nicht heiraten, und das hätte ich jetzt ja sowieso nicht tun können, wie du sehr genau gewusst hast … Also willst du wohl auch nicht, dass ich dich als feste Freundin oder sonst was ansehe. Du willst mich überhaupt nicht wiedersehen.«
    »Ich will die Freiheit der Wahl«, sagte ich. »Und die hab ich im Augenblick nicht.«
    »Ich stehe dir im Weg.«
    »Ja.«
    »Casseia, noch nie im Leben war mir etwas so peinlich. Noch nie hab ich mich so geschämt.«
    Ich starrte ihn fassungslos an.
    »Du musst noch viel lernen, was Männer betrifft.«
    »Sicher.«
    »Und auch was Menschen ganz allgemein betrifft.«
    »Zweifellos.«
    »Und du willst es nicht von mir lernen. Was hab ich dir getan, dass du mich so schnell fallenlässt?«
    » Nichts !«, brüllte ich. Ich würde gleich die Beherrschung verlieren. Mich quälte die Vorstellung, dass Charles nach allem, was passiert war, hier auch noch übernachten musste. So spät fuhren keine Züge mehr nach Kowloon. Morgen früh würden wir einander ins Gesicht sehen müssen, dazu noch in Anwesenheit meiner Eltern.
    »Ich würde gern allein, selbständig leben, mein Leben selbst in die Hand nehmen und sehen, was ich daraus machen kann«, murmelte ich. Mir schossen Tränen in die Augen, und ich hob den Kopf, damit sie mir nicht die Wangen herunterliefen. »Warte nicht auf mich. Das wäre keine Freiheit.«
    Er schüttelte heftig den Kopf. »Ich hab irgend etwas falsch gemacht.«
    » Nein !«,

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