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Heimkehr am Morgen (German Edition)

Heimkehr am Morgen (German Edition)

Titel: Heimkehr am Morgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Harrington
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mit pochendem Herzen erreichte sie die Tür und wühlte in ihrer Manteltasche nach dem Schlüssel. Kaum hatte sie hinter sich abgesperrt und war die ersten Stufen der Treppe hinaufgegangen, da hörte sie jemanden anklopfen.
    »Bitte nicht«, murmelte sie. Kurz war sie in Versuchung, sich niederzukauern und dann auf Zehenspitzen ins obere Stockwerk zu schleichen, wo man sie nicht sehen konnte.
    Das Klopfen blieb beharrlich.
    Mit einem müden Seufzer drehte sie sich um und stieg die Stufen wieder hinab. Durch das Türglas konnte sie nur die Silhouette eines mittelgroßen Mannes erkennen. »Wer ist da?«, fragte sie.
    »Jessica, ich bin’s, Adam. Ich habe dir etwas zu essen mitgebracht.«
    Sie drehte das Licht an und öffnete die Tür. Draußen stand Adam mit einem Weidenkorb in der Hand. Über seine Schulter hinweg konnte sie sehen, dass er Pferd und Wagen ein Stück die Straße hinunter an einem am Bordstein angebrachten Ring festgebunden hatte.
    »Wie aufmerksam von dir!« Ein Bruchstück aus ihrer Unterhaltung mit Cole kam ihr in den Sinn, aber sie schob den Gedanken beiseite. Sie war hungrig und müde, und Adam hatte ihr etwas zu essen gebracht. Cole nicht. »Bitte – komm doch rein. Ich bin selbst gerade erst gekommen, und mir graute davor, jetzt noch etwas kochen zu müssen. Selbst wenn ich mir alle Mühe gebe, bin ich nicht besonders gut darin.«
    Er trat ein und schloss die Tür. Mit sich brachte er den Duft von frisch gekochtem Essen, und Jessica lief das Wasser im Mund zusammen. »Ich habe zuerst in der Schule vorbeigeschaut, aber du warst schon weg.« Er hob den Deckel auf der einen Seite des Korbs an und spähte hinein. »Mrs. Stark hat etwas zusammengepackt. Rinderbraten, glaube ich. Und wie ich sie kenne, noch einiges andere. Ich hoffe, es ist noch warm.«
    »Es macht mir nichts aus, wenn es kalt ist, es riecht jedenfalls köstlich. Ich habe seit heute Morgen nichts mehr gegessen. Vielen Dank, und gib das bitte auch an sie weiter. Es war ein langer, harter Tag. Aber für dich vielleicht auch?« Sie zog den Mantel aus, und er beeilte sich, den Korb abzustellen und ihr behilflich zu sein, wobei er ihren Rücken streifte. Er hängte ihren Mantel an den Garderobenständer.
    »Ich habe einige Familien besucht. Sie haben Angst, und sie trauern.«
    Das konnte sie gut verstehen. Auch sie hatte Angst, aber sie wagte es nicht, es den Menschen gegenüber zu zeigen, die sich auf sie verließen.
    »Ich habe sie getröstet, so gut ich konnte«, sagte er. »Ich habe mich bemüht, ihnen verständlich zu machen, dass es einen Grund gibt, warum Gott uns die Liebsten nimmt, und dass wir nicht damit hadern dürfen.«
    Oh ja, was für ein Trost, dachte Jess säuerlich. Bestimmt fühlte sich dann der kleinen Philip Warnecke in seinem Waisendasein gleich besser. Adam hatte ihr Abendessen gebracht, also behielt sie ihre Gedanken lieber für sich. Doch sie hatte sich immer über die Art von Religion geärgert, die Adams Vater gelehrt hatte, in der es keinen Raum für Fragen oder Ausnahmen oder andere Auslegungen gab. Obwohl Adams Überzeugungen nicht ganz so starr wie die seines Vaters wirkten, erkannte sie entschieden ähnliches Gedankengut.
    Sie hob den Deckel des Korbs an und holte eine Schüssel mit in Scheiben geschnittenem Rinderbraten hervor, die mit einer Serviette abgedeckt war. »Möchtest du mit mir essen?«
    »Nein, nein, das ist für dich.«
    Sie langte noch einmal hinein und förderte Teller, Besteck und Servietten zutage. »Hm. Sieht so aus, als sei Mrs. Stark da anderer Ansicht gewesen. Hier ist Geschirr für zwei und eine Menge Essen. Sogar ein Pfirsichdessert und ein Kännchen Sahne.«
    Adam schaute dümmlich. »Wahrscheinlich ist ihr eingefallen, dass ich noch kein Abendessen hatte.«
    Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Dann solltest du vielleicht zugreifen.«
    Es war ein so durchsichtiges Manöver, dass ihr einfach keine andere Antwort einfiel.
    Er lächelte und rückte seine Krawatte zurecht. »Also gut.«
    Da es ihr undenkbar schien, Adam nach oben an ihren Küchentisch einzuladen, trugen sie ein Tischchen und zwei Stühle aus dem Wartezimmer in ihr Arbeitszimmer und richteten sich eine kleine Essecke ein.
    »Wir haben dir nicht viel übrig gelassen, oder?«, meinte Adam.
    Das Zimmer sah unordentlich aus, da ein Teil ihrer Instrumente und einer ihrer Vitrinenschränke zur Schule gebracht worden waren.
    »Ich werde wahrscheinlich sowieso die meiste Zeit im Krankenhaus verbringen.«
    Jess

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