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Heimkehr am Morgen (German Edition)

Heimkehr am Morgen (German Edition)

Titel: Heimkehr am Morgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Harrington
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musste sich beherrschen, um nicht über das Essen herzufallen und gleich von einer Scheibe Fleisch abzubeißen. Stattdessen schnitt sie die zarten Fleischstücke ordentlich mit Messer und Gabel, bevor sie genüsslich kaute, aß einen Berg von Mrs. Starks wundervollem Kartoffelpüree und zum Schluss ein Buttermilchbrötchen. Endlich, als der Hunger einigermaßen gestillt war, entspannte sie sich. Sie begannen miteinander zu plaudern, und bald drehte sich die Unterhaltung um das alles beherrschende Thema.
    »Sind noch mehr Leute ins Krankenhaus eingeliefert worden, nachdem ich weg war?«, fragte Adam, eine Serviette in den Kragen gesteckt.
    »Ja, mehrere, die es ganz schön erwischt hat. Ich fühle mich fast schuldig, weil ich gegangen bin.«
    »Wer war es?«
    Sie legte die Gabel nieder, und wieder kam ihr Coles wütende Anklage in den Sinn und ließ sie unwillkürlich auf der Hut sein. »Adam, du weißt, dass ich dir das nicht sagen kann. Es würde die ärztliche Schweigepflicht verletzen.«
    Er aß den Rest seines Brötchens, von dem geschmolzene Butter tropfte. Jess fiel auf, dass er sich nicht an die Rationierungen hielt,die man dem Rest der Bevölkerung zumutete. Sahne, Butter, Rindfleisch – viele Menschen mussten ohne diese Dinge auskommen. »Ich wusste nicht, dass das ein Geheimnis ist. Einige der Patienten habe ich ja selbst gesehen, bevor ich gegangen bin.«
    Genau genommen stimmte das. Er hatte einige ihrer Patienten zu Gesicht bekommen und kannte durch seine Eigenschaft als Seelsorger viele von denen, die der Krankheit erlegen waren. Sie nickte. »Ich weiß. Aber der Grundsatz der Schweigepflicht gehört zu meiner Ausbildung, und ich kann ihn auch jetzt nicht aufgeben. Genau wie du mir auch nicht erzählen würdest, wenn jemand zu dir käme und dir beichtete, dass er, sagen wir mal, Ehebruch begangen hat.«
    »Nein.« Er sah weg und rutschte auf seinem Stuhl herum. »Nein, natürlich nicht. Auch wenn ich finde, dass dieser Vergleich hinkt.«
    »Wahrscheinlich. Aber es geht immer noch um eine vertrauliche Information.«
    »Erzähl mir von deiner Arbeit«, schlug er vor, um das Thema zu wechseln. »Ich weiß, dass du vorhast, nach Seattle zu gehen. Nach der Zeit in New York muss dir Powell Springs ja eher brav und rückständig vorkommen.« Während Jess das Pfirsichdessert auftrug, schenkte er Kaffee aus der Thermoskanne ein, die Mrs. Stark mit in den Korb gepackt hatte.
    Sie breitete eine Serviette über ihren Schoß. »Viele scheinen zu glauben, dass ich so empfinde, aber das stimmt nicht. Es ist nicht rückständig.« Einen Augenblick trübten sich ihre Gedanken, und sie dachte daran, wie schön es hier war. »In New York war es einsam. Das Leben dort ist viel hektischer, und ich habe den langsameren Lebensrhythmus vermisst, den Anblick der Felder und Weiden im Lauf der Jahreszeiten, den Frieden. Um die Wahrheit zu sagen, unter anderen Umständen wäre ich sogar lieber hier als irgendwo sonst.« Dieser Satz war ihr entschlüpft, bevor sie ihn zurückhalten konnte. Sich selbst gegenüber hatte sie das noch nie eingestanden, und doch wusste sie, dass es der Wahrheit entsprach. Vor allem die langen, stillen Nächte hatten ihr diese Erkenntnisgebracht, sogar jene Nächte, in denen sie die ganze Zeit bei Patienten gewacht hatte.
    Eifrig beugte sich Adam vor und rückte ihr so nah, dass Jess sich unwillkürlich in ihrem Stuhl zurücklehnte. »Wirklich? Und was könnte dich hier halten?«
    Sie würde nicht ausgerechnet ihm ihre tiefsten Geheimnisse anvertrauen. Er schien zwar ganz nett, aber … »Nichts. Ich habe schließlich eine Stelle. Sobald die Grippeepidemie unter Kontrolle ist oder Dr. Pearson auftaucht, muss ich fort. In Seattle braucht und erwartet man mich.«
    Er fasste nach ihrer Hand auf der Stuhllehne. Seine Hand war leicht feucht. »Auch hier wirst du gebraucht.«
    »Adam, das habe ich bereits mit mehreren Leuten besprochen. Auch Horace Cookson weiß Bescheid. Ich bin sicher, Dr. Pearson wird seine Sache gut machen. Und Granny Mae ist ja auch noch da. Sie hatte immer schon ihre Anhänger, und es steht ihnen frei, jederzeit zu ihr zu gehen.«
    Sein Griff wurde fester. »Ich spreche nicht von deinem Beruf.« Er holte tief Luft und blies ihr seinen schalen, nach Rinderbraten und Kaffee riechenden Atem ins Gesicht. »Ich rede von einem anderen Leben, mit Ehemann und Kindern. Ein Leben, wie es für eine Frau bestimmt ist.«
    Jessicas Augen wurden groß. »Adam, was …?«
    In diesem Moment

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