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Heimkehr in Die Rothschildallee

Heimkehr in Die Rothschildallee

Titel: Heimkehr in Die Rothschildallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Zweig
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ich nicht schwanger werde. Das ist allerdings ein Geheimnis, das zwischen Gott und mir bleiben muss. Ich bin ja erst dreiunddreißig und wage gar nicht daran zu denken, wie mein Leben verläuft, wenn der Allmächtige mich weiter segnet.
    Und da wir gerade bei Geheimnissen sind: Ich kann es nicht auf mein Gewissen nehmen, Erwin nicht zu verpetzen. Mein Bruder plant nämlich, im Juni nach Frankfurt zu reisen und plötzlich vor der Tür zu stehen. Aber ich finde (entschuldige, Mutter!), dass solche Überraschungen ein Wahnsinn bei einer Sechsundsiebzigjährigen sind. Ich habe versucht, Erwin seine Schnapsidee auszureden, aber er hat ja immer seinen eigenen Kopf gehabt, und das scheint in Palästina noch schlimmer geworden zu sein. Er schrieb ganz mysteriös, später könnte Claudette nicht mehr reisen und Clara müsste bei ihr bleiben. Für mich klingt das nach Schwangerschaft, doch auf dem Gebiet bin ich vielleicht zu hellhörig. Da er nichts von einem Ehemann geschrieben hat, der zu Claudette gehört, könnte es ja sein, dass sie es ihrer Mutter nachgetan hat. Nur ist ja heute ein uneheliches Kind nicht mehr ein ganz so großes Unglück wie 1918, aber bestimmt auch kein Kinderspiel. Erwin arbeitet bei einer amerikanischen Firma (er schreibt nie, was für eine) und scheint gut zu verdienen.
    Liebe Mutter, vielleicht findest Du es seltsam, dass ich kein Wort von Vater, Vicky und dem kleine Salo geschrieben habe, doch ich kann nicht in einem Brief ausdrücken, was ich empfinde, wenn ich an sie denke. Auch fehlt es mir an Worten, um Dir zu schildern, wie sehr es mich um deinetwillen in das Land zieht, das uns unsere Liebsten und auf immer die Heimat genommen hat. Ich kann nur sagen, ich denke immerzu an Dich. Bis wir uns wiedersehen, umarmt Dich Deine Tochter Alice mit Leon, David, Aby, Ralfi und Rachel.
    PS: Wenn Du mir schreibst, erwähne um Himmels willen nicht den Biltong. Der ist natürlich nicht koscher, und Leon würde mir den Kopf abreißen, wenn er wüsste, dass ich ihn geschickt habe. Aber ich wollte, dass Ihr wenigstens ein bisschen Fleisch habt.«
    Als Betsy zu Ende gelesen hatte, fehlten auch in Frankfurt die Worte. Sie faltete den Brief zusammen und steckte ihn behutsam zurück in das hellgelbe Couvert, das leicht nach den Zitronen aus dem Wunderland duftete, in dem Käse in Porzellangefäße gefüllt wurde und Armbänder mit winzigen Perlen wie Glühwürmchen bei Nacht leuchteten. Sie schloss die Augen und sah einen kleinen Jungen in einem weißen Hemd, mit blau-weiß gestreifter Krawatte und mit einem schwarzen Käppchen auf dem Kopf. Er saß an einem Tisch, auf dem ein Tuschkasten und ein Blechbecher mit Wasser für den Pinsel standen, und malte große Blockbuchstaben bunt aus – für eine Großmutter, die er nicht kannte und die in einem Land lebte, von dem er noch nie gehört hatte.
    »Ihr weint ja schon wieder«, sagte Sophie. »Der Onkel Fritz weint auch. Darf ich noch ein bisschen spielen gehen?«
    »David, Aby, Rachel«, murmelte Betsy. »Ich versuche gerade, mir die Namen meiner neuen Enkelkinder zu merken. Und Leon und Alice Zuckerman. Mit einem N. Nicht Zucker.«
    »Du hast Ralfi vergessen«, sagte Fanny, »das ist der kleinste von den Jungen. Der, der so gerne malt.«
    »Wie lässt man Gott wissen, dass ich doch froh bin, dass er mich hat überleben lassen?«
    »Auf dem üblichen Instanzenweg, meine Liebe, per Gebet.«
    »Und was machen wir, wenn Alice und Leon und die vier Kinder kommen oder Erwin und Clara und die vielleicht schwangere Claudette? Da wird Gott doch bestimmt sagen, Unterbringungsprobleme fallen nicht in mein Ressort.«
    Unmittelbar vor Mitternacht klopfte Fritz, noch angezogen und nicht so leise, wie es der späten Stunde entsprach, an Betsys Tür. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich habe wirklich versucht, mich wie ein erwachsener Mann zu benehmen, aber ich konnte meiner Lebtag keine Überraschung für mich behalten. Seit drei Tagen laufe ich herum und halte den Mund, jetzt schaffe ich es einfach nicht mehr. Dabei hatte ich alle Gelegenheit der Welt, auf dem Weg zurück vom Zollamt mit dir zu sprechen.«
    »Um Himmels willen, setz dich und starr nicht die Wand an. Mehr als vier neue Enkelkinder und Zitronen vom Baum kann ich sowieso an einem Tag nicht verkraften.«
    »Wir bekommen die Rothschildallee zurück«, platzte es aus Fritz heraus, »und die Wohnung im ersten Stock wird auch frei.« Sein Gesicht war feuerrot, noch nie hatte Betsy seine Augen so glänzen gesehen.
    »Das

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