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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Dakota voll und ganz angenommen zu haben schien.
    Nach einigen Minuten abschließenden Schweigens, in denen Hawandschita alle seine Anteilnahme an der Außenwelt auszulöschen und wieder in sich selbst zu versinken schien, wurde Tschapa Kraushaar entlassen.
    Sobald der junge Krieger das Zauberzelt hinter sich gelassen hatte, wurden seine Bewegungen wieder lebhafter und schneller. Er lief hinüber in das Tipi des Alten Raben. Schonka und Antilopensohn befanden sich noch dort. Mit dem ersten Blick erkannte Tschapa, daß der Gefangene noch nicht wieder zu Bewußtsein gekommen war. Er war darüber froh, denn er mußte dem Alten Raben die Entscheidung Hawandschitas mitteilen. Tschapa setzte weder ein Wort hinzu, noch nahm er eines weg. Aber es fiel ihm schwer zu berichten, denn Schonka hörte zu. Schon während Tschapa sprach, zeigte sich die gehässige Befriedigung in der Miene Schonkas. Antilopensohn schien unsicher. Er hatte eine blutige, aber rühmliche Rache für den Tod seines Vaters Alte Antilope erwartet. Der Häuptling und Tschotanka blieben ernst und in ihren Empfindungen unzugänglich. »Wie Hawandschita gesprochen hat, so soll alles geschehen!« sagte der Alte Rabe endlich mit Nachdruck. Die Macht des Zaubermannes im Zeltdorf war groß. Alle waren gewohnt, seinen Entscheidungen zu gehorchen.
    Ehe Tschapa Kraushaar die Botschaft des alten Zauberers gebracht hatte, schien im Zelte noch nichts verhandelt worden zu sein. Der Häuptling ließ sich jetzt erst von Antilopensohn und Schonkawakon mitteilen, was sich bei dem Spähernest am Niobrara abgespielt hatte. Als die beiden Kundschafter berichtet hatten, sahen sich Alter Rabe und Tschotanka einige Zeit stillschweigend an, schließlich urteilte der Häuptling: »Ihr habt nicht überlegt gehandelt. Wenn ein Mann nicht angreift und sich nicht verteidigt, so sichert man sich seine Waffen und nimmt ihn ohne Kampf gefangen. Statt zweier Schwerverletzter hättet ihr uns lieber den Skalp des Red Jim bringen sollen. Den schwarzen Wolf habt ihr wohl beide geträumt. Es gibt keine schwarzen Wölfe.« Alter Rabe und Tschotanka begannen zu rauchen. Die jungen Krieger wurden entlassen.
    Die Zeit der Wache für Tschapa Kraushaar war unterdes verstrichen. Er konnte in sein Zelt gehen und sich schlafen legen. Das tat er aber nicht. Er schaute sich unauffällig um und schlüpfte dann schnell in das Tipi, das einst Mattotaupa gehört hatte und in dem immer noch Untschida und Uinonah wohnten. Das Feuer im Zeltinnern war gedeckt, aber die Frauen waren beide wach, so wie Kraushaar es erwartet hatte. Sie saßen im Dunkeln an der Feuerstelle. Als der junge Krieger eintrat, brachte Untschida ein paar Funken zum Glimmern, so daß man sich gegenseitig eben erkennen konnte.
    Tschapa Kraushaar setzte sich. »Wißt ihr schon alles?«
    »Mein Sohn Mattotaupa ist von weißen Männern ermordet worden. Stein mit Hörnern ist gefangen.« Untschida hatte gesprochen, als ob sie nicht sie selbst sei, und brach jetzt ab.
    »Ja. So ist es. In fünfzehn Tagen soll Stein mit Hörnern sterben. So will es Hawandschita.« Tschapa Kraushaar hatte den Kopf gesenkt, als ob ein schwerer Stein auf seinen Nacken drücke. »Alter Rabe und Tschotanka haben dem Zaubermann zugestimmt. Was können wir noch tun? Euch, Uinonah und Untschida, wird niemand zur Pflege des Gefangenen zulassen. Es wird nicht möglich sein, ihn zu befreien.«
    »Wozu auch?« fragte Untschida, mit derselben fern und fremd klingenden Stimme wie das erstemal. »Wozu? Wo sollte er hin, wenn er aus unseren Zelten wieder fliehen muß?«
    »Wo sollte er hin?« Schwarzhaut Kraushaar vergrub das Gesicht in den Händen. »Wo sollte er hin! Er ist unser bester Mann. Endlich kommt er zurück, aber wir töten ihn mit Schande, weil Hawandschita es befiehlt.«
    Die Frauen antworteten darauf nicht.
    Die glimmenden Funken in der Feuerstelle verloschen wieder. Es gibt keinen Ausweg mehr, dachte Tschapa.
    »Einen Weg gäbe es noch«, sagte Uinonah, als ob sie seine Gedanken gelesen habe. »Aber er wird euch zu schwer sein.«
    »Dir wäre er nicht zu schwer?!« fragte Tschapa Kraushaar betroffen.
    »Ich bin kein Krieger, und Tschetansapa ist auf Kundschaft fort.«
    »Uinonah ­ was soll ich tun?«
    »Nimm das beste Pferd und reite zu den Schwarzen Bergen, um Tatanka-yotanka und Tashunka-witko Nachricht zu geben.«
    »Zu reiten ist nicht schwer. Aber die Häuptlinge zu finden! Die Zeit ist sehr kurz, und der Weg ist weit.«
    »Ich weiß«, sagte Uinonah gequält

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