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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Ich reite zu Tatanka-yotanka und Tashunka-witko. Sie sind mit ihren Zelten am Südhang der Waldberge auf der Lichtung unterhalb der Höhle.«
    »So nahe? Weißt du das sicher? Gut. Was willst du ihnen melden?«
    »Daß Stein mit Hörnern unser Gefangener ist.«
    »Stein mit Hörnern? Ah …« Tschetan schluckte, ehe er weitersprechen konnte. »Wie ist er euch in die Hände geraten?«
    »Er hat sich gestellt.«
    »So weiß er, daß sein Vater tot ist?«
    »Ja.«
    Tschetan, der seinen Parforceritt hatte fortsetzen wollen, fand auf einmal Zeit, sich bei den Mustangs niederzulassen. Er griff zur Pfeife, stopfte sie, kam mit dem Feuerzeug nicht zurecht und ließ sich von Tschapa Kraushaar Funken reiben.
    »Wann ist Stein mit Hörnern zu euch gekommen?«
    Kraushaar berichtete, was er von Antilopensohn und Schonka erfahren und was er selbst miterlebt hatte.
    Tschetansapa brach in Zorn aus. »Was seid ihr alle für jämmerliche Kojoten. Hawandschita braucht nur zu pfeifen, und schon tanzt ihr. In Weiberröcke soll man euch stecken und an den Kochtopf setzen, am besten gleich in die Brühe hinein! Gibt es keine Ratsversammlung mehr bei der Bärenbande? Wer schickt dich zu Tashunka und Tatanka?«
    »Uinonah!« gestand Tschapa Kraushaar.
    »Uinonah, so.« Auch Tschetan hatte Uinonah einmal geliebt und des Abends die Flöte für sie gespielt, aber da sie unzugänglich blieb, hatte Tschetan sich ein Mädchen der Ponka geraubt, das schön, schüchtern und gehorsam war.
    Tschetan rauchte weiter. »Wie denkt Stein mit Hörnern jetzt?« wollte er wissen. »Weiß er nicht nur, daß sein Vater tot, sondern auch, daß Mattotaupa in den Schlingen des Red Fox ein Verräter geworden war? Würde er mit uns zusammen gegen die Langmesser kämpfen, um seinen Vater zu rächen?«
    »Das kann ich dir nicht sagen, Tschetan.«
    »Gibt euch euer Gefangener keine Antwort?«
    »Es hat ihn keiner gefragt. Alter Rabe hat ihn nur wissen lassen, wie Hawandschita entschieden hat, und die Weiber wiederholen, daß er in Schmach und Schande und als Sohn eines Verräters sterben soll.«
    »Schimpf und Schande über euch selbst! Es ist unser bester Mann! Behalte dein frisches Pferd und jage wie der Wind zu den Waldbergen, zu Tashunka und Tatanka. Ich bin es, der dich schickt, verstehst du? Ich selbst reite unterdes zu den Zelten. Ich habe gesprochen, hau.«
    Tschetan klopfte die Pfeife aus, die noch nicht halb fertiggeraucht war, schwang sich auf und setzte seinen Ritt zum Pferdebach fort. Kraushaar überquerte die Furt und strebte nordwärts zu den Black Hills.
    Als Tschetansapa das Zeltdorf erreichte, war es Abend. Die Späher hatten ihn schon angekündigt. Die Wache bei den Pferden nahm sein schweißnasses Tier in Empfang. Tschetan eilte zum Tipi des Alten Raben. Die Burschen, Krieger und Frauen, die ihn sahen, ahnten sofort, daß er eine wichtige und wahrscheinlich keine gute Nachricht brachte.
    Der Alte Rabe war in seinem Zelt anwesend, zusammen mit seinen beiden jüngeren Söhnen. Der älteste war bei der Strafexpedition gegen das Zeltdorf umgekommen. Der Häuptling empfing Tschetan sehr höflich und bat ihn an die Feuerstelle. Die Frau steckte Fleisch an den Spieß, denn sie sah dem Gast an, daß er nicht nur erregt, sondern auch müde und ausgehungert war.
    Tschetan ließ sich nieder. Er sah nach dem Gefangenen hin, der nicht weit von der Feuerstelle lag, aber sein Blick wurde nicht erwidert. Tschetansapa wiederholte für den Kriegshäuptling die Mitteilung, die er Tschapa Kraushaar schon gemacht hatte, und setzte hinzu: »An der Furt traf ich Tschapa. Ich habe ihn zu den Waldbergen geschickt, wo er Tashunka-witko und Tatanka-yotanka berichten soll.«
    Tschetansapa hatte als Anführer des Bundes der Roten Hirsche die Stellung eines Unterhäuptlings. Alter Rabe hatte sich daran gewöhnt, in allen Fragen der Kampfführung auf ihn zu hören. So billigte er auch jetzt, daß die Oberhäuptlinge von der neuen und gefährlichen Lage beim Blockhaus sofort unterrichtet werden sollten. Tschetan fing an zu essen, er aß schnell, und als er fertig war, begannen der Alte Rabe und er zu rauchen. Die beiden Rabensöhne saßen für sich im Hintergrunde; der eine davon, der schon ein Krieger geworden war und dem Bund der Roten Hirsche angehörte, kam jetzt zum Feuer mit heran.
    »Wann tritt die Ratsversammlung zusammen, um Stein mit Hörnern anzuhören und über ihn zu entscheiden?« fragte Tschetansapa.
    Dem Alten Raben war diese Frage sichtlich unangenehm. Er senkte

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