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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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seine Schultern waren breit, seine Hautfarbe gesund. Aber um seine Mundwinkel zogen sich, bei den Nasenflügeln ansetzend, tief eingekerbte Falten.
    Es war Nachmittag geworden. Durch das Fenster war zu sehen, wie der Wind draußen das Gras in Wellen trieb, so daß die Prärie wie ein windbestrichenes Meer wirkte. Am Himmel segelten Wolken westwärts.
    »Pa!« rief der Junge, das Zentrum der dreiköpfigen Familie. »Antilopen!« Er sprang auf und stellte sich an das Fenster, aber als er recht in Augenschein nehmen wollte, was er entdeckt hatte, machte er schon eine neue Wahrnehmung. »Ma! Ein Indianer! Ein Indianer!«
    »Ein Indianer, ein Indianer!« äffte der Vater nach. »Setz dich bitte.«
    Douglas setzte sich, denn auch der indianische Reiter, den er gesehen hatte, war seinen Augen inzwischen entschwunden.
    Der stille Fahrgast am Fensterplatz rührte sich. Seine Mienen wurden lebhafter; es war, als ob er in Gedanken mit sich selbst spreche. Auch der stämmige Herr schien von einem Tauwind erfaßt; er verzog die Mundwinkel, so daß die Falten sich noch tiefer legten. Die Blicke des grauhaarigen und des stämmigen trafen sich in diesem Augenblick, und es stellte sich sofort ein Einverständnis her.
    »Auch schon mal hier an dieser gefährlichen Ecke gewesen?« fragte der stämmige.
    »Gelegentlich«, gab der grauhaarige unbestimmte Auskunft.
    »Noch mal hier in der Gegend aussteigen?«
    »Ja.«
    »Ich auch. Es ist ein Magnet, so ein Land.«
    »Das ist’s.«
    Damit schien das Interesse der beiden am Gespräch wieder erloschen. Um so mehr fühlte sich der Vater des Jungen verpflichtet, auch ungefragt seine Ansichten laut auszusprechen. »Gefährliche Ecke, meinen Sie? Das ist nur noch ein kurzer Übergangszustand! In ein paar Monaten sind die Indsmen bereits zu Paaren getrieben und befinden sich auf der Reservation, wo sie hingehören. Es ist auch höchste Zeit, daß die verlausten versoffenen Banditen Zivilisation lernen.«
    Douglas musterte den stämmigen. Was sagst du jetzt? fragten seine jungen Augen. Die Antwort kam jedoch von anderer Seite.
    »Die freien Indianer sind weder verlaust noch Banditen«, erwiderte der grauhaarige Herr leise, aber bestimmt. »Ich habe sehr gute und sehr aufrichtige Freunde unter ihnen gefunden. Sie brauchten nichts als Zeit und Ruhe und Freiheit, um ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Ihr Schicksal ist eine Tragödie.«
    »Gestatten Sie … Tragödie? Wir sitzen nicht im Theater, sondern wir machen Amerika. Die Bahn hier zum Beispiel ist schon vor dem gesetzten Termin vollendet worden. Wir haben nirgends und an niemanden Zeit zu verschenken. Wer sich nicht schnell anpassen kann, geht eben unter.«
    »Ein solcher Vorgang, mein Herr …«
    »Finley.«
    »… Herr Finley, kann am Rande auch für nicht unmittelbar Beteiligte sehr unangenehm werden.«
    »Bitte beunruhigen Sie meine Frau nicht!«
    »Das liegt nicht in meiner Absicht.« Der grauhaarige lehnte sich wieder in seine Ecke zurück. »Die Indianer würden Ihre Gattin auch nicht weiter belästigen.«
    Die Lokomotive pfiff. Das Land draußen lag einsam und leer. Die erste Dämmerung des Frühlingstages ermattete die Kraft der Farben; am Horizont schienen Prärie und Himmel ineinander zu verschwimmen.
    Der grauhaarige Herr wollte sich aus dem Gespräch zurückziehen. Douglas lehnte die Schokolade ab, die die Mutter ihm reichlich anbot. Herr Finley nahm sich jedoch ein Stück und wurde sehr lebhaft.
    »Was mich betrifft«, bemerkte er wieder ungefragt, »so bin ich Republikaner. Ich war immer Republikaner, ein stählerner Republikaner, und bin stets für die Freiheit und sogar für das gleiche Recht der Farbigen eingetreten. Aber hier handelt es sich gar nicht um weiß, schwarz oder rot, sondern um Mörder oder Bürger beziehungsweise um Eisenbahn oder keine Eisenbahn. Die Entscheidung ist klar.«
    »Das Land hier ist den Indianern als ihr Gebiet garantiert worden.«
    »Was hat das mit der Eisenbahn zu tun?«
    »Darüber hat normalerweise der Eigentümer des Landes zu befinden.«
    »Wir fahren auf dem Territorium eines Staates der Union!« Der grauhaarige Herr antwortete darauf nicht mehr, sondern schaute wieder zum Fenster hinaus.
    Douglas benutzte die Pause, um sich von neuem einzuschalten. »Weißt du noch, Pa, in Minneapolis, im Zirkus? Damals wagte es der Häuptling in der Manege auch, eine solche Rede zu halten!«
    »Jawohl, und die Vorstellung endete mit einem Mord an dem Inspizienten und der Aufklärung eines

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