Heimstrasse 52
Esel, um die Sachen auf dem Markt zu verkaufen, und er machte einen guten Schnitt dabei. Er kaufte sich zwei Kühe, einige Hühner, auf Fatmas Drängen auch noch einen kleinen Weinberg, seine Werkstatt lief gut, er verdiente mehr als zuvor.
Gegen Ende des Herbstes verkaufte er die Teppiche, die Fatma gewebt hatte, und als er nach diesem erfolgreichen Sommer so viel Bargeld in den Händen hielt, fuhr er wieder in die große Stadt. Dieses Mal aber nicht nach Ankara, er fuhr bis Istanbul, denn dort spielte Beşiktaş im Stadion, und dort waren die Frauen noch schöner und sangen noch lieblicher, und der Wein rann die Kehle hinab wie flüssiges Sonnenlicht.
Eine Woche später war er wieder da, die Hälfte des Geldes hatte er in Istanbul gelassen.
|294| Fatma verstand sich gut mit den Dorfbewohnern, alle achteten und schätzten sie, und das nicht, weil sie die Frau des Schmieds war, die Frau des Mannes, dessen Kraft alle rühmten und der zudem noch einen guten Kopf größer war als die meisten, die Frau eines Mannes mit stechend blauen Augen, der stolz mit geradem Rücken auf seinem Pferd saß. Nein, die Frauen des Dorfes mochten Fatma, weil sie noch so jung war, weil sie Geschichten erzählen konnte, weil sie immer freundlich zu allen war und sich nicht als etwas Besseres fühlte, nur weil sie aus der Stadt kam oder weil sie Geld hatte. Sie mochten sie, weil sie gutmütig war und immer versuchte zu schlichten, wenn es Streit gab, sie mochten ihr sanftes, aber bestimmtes Wesen.
Als Fatma im Winter schwanger wurde, ohne auch nur ein einziges Mal ihre Regel gehabt zu haben, freuten sich alle Frauen des Dorfes mit ihr.
Der Schmied hatte den Handel ausgedehnt, es hatte sich in den umliegenden Dörfern herumgesprochen, daß es da einen Mann gab, der den Bauern anständige Preise für ihre Waren zahlte. Im Frühling, als sich Fatmas Bauch schon rundete, nahm Timur sie eines Tages mit in ein Dorf, das fast eine Tagesreise entfernt war, weil er ihr eine Abwechslung bieten wollte. Immer noch brachte er ihr Geschenke mit, immer noch sorgte er sich um sie. Nicht mehr so wie in der ersten Zeit, aber das lag am Alltag und nicht daran, daß sein Gefühl an Kraft verloren hatte.
In dem Dorf schliefen sie bei einem dicken Mann auf einer Matratze, wie sie es seit einiger Zeit auch zu Hause wieder taten. Ein Freund Timurs hatte geheiratet und sich deswegen das Bettgestell ausgeliehen.
Am nächsten Morgen verhandelte Timur sehr lange mit einem Bauern, der hartnäckig feilschend ein paar Kuruş mehr herausschlagen wollte. Als man das Geschäft endlich besiegelt hatte, war es bereits Zeit zum Mittagessen, und ihr |295| Gastgeber wollte sie nicht hungrig aufbrechen lassen. So war es schließlich nach Mittag, als sie zu zweit auf dem Pferd saßen.
Sie waren noch weit von ihrem Dorf entfernt, als der Tag sich neigte, aber es war gefährlich, in der Dunkelheit zu reiten, nicht nur weil man kaum etwas sehen konnte, sondern auch weil man auf der Hut sein mußte vor Wegelagerern, die nachts die Reisenden überfielen.
– Wir werden hier schlafen und morgen früh weiterreiten, sagte Timur.
– Aber wo sollen wir uns denn hinlegen. Hier sind wir doch nirgends sicher, ich könnte kein Auge zutun.
– Ich weiß einen Platz, sagte der Schmied. Es ist nicht mehr weit.
Mit der Dämmerung erreichten sie einen Friedhof.
– Hier traut sich nachts niemand hin, sagte Timur und fügte hinzu: Du brauchst keine Angst zu haben, vertrau mir, das ist der sicherste Platz, um im Freien zu übernachten.
In dieser Nacht war Fatmas Schlaf ruhig, wenn auch sehr leicht, und von da an sollte sie der Schmied häufiger mitnehmen, wenn er Geschäfte in entfernten Dörfern hatte, und seine Frau würde sich an diese Nächte gewöhnen. Es gefiel ihr, in der Stille und Dunkelheit so neben ihrem Mann zu liegen, über ihnen die Sterne, und der Boden unter ihnen kam ihr vor wie Daunen, wenn sie nur den Kopf auf seine Schulter legte und er ihr über die Haare strich und sagte: Mein Mädchen, mein Stück vom Mond.
Sie fand, daß sie Glück gehabt hatte mit diesem Mann. Es machte ihr nichts aus, daß er die Hälfte des Geldes, das er für die Teppiche erhalten hatte, verjubelte, auch wenn sie einen ganzen Sommer dafür am Webstuhl gesessen hatte. Natürlich gab es manches, das sie störte. Einmal hatte er seinem Gehilfen sein Pferd geliehen. Gott allein wußte, warum er das gemacht hatte, sein Gehilfe war ein guter Arbeiter, aber |296| ein kopfloser junger Mann mit
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