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Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Wohltäter, dann schießt er ihm eine Kugel in die Brust. Warum auf der Terrasse des Centre Dürrenmatt? Der Tipp aus einem Bekennerschreiben weist auf einen Zusammenhang mit seinem Krimi ›Der Richter und sein Henker‹. Was wissen Sie über eine Wette?«
    »Ich hab’s dir gesagt«, jammerte Eckstein.
    »Machen wir reinen Tisch«, sagte André Huber. »Henri Knecht hat mit ihm um Swetlana gewettet. Wird sie zum Augenblicke sagen: ›Verweile doch, du bist so schön‹, gehört sie ihm.«
    »So ein Quatsch. Das ist ein Zitat aus Goethes ›Faust‹«, protestierte Spring. »Das weiß selbst ich. Darauf wird er nicht hereingefallen sein.«
    »Glauser war blind vor Wut und Liebe. Er konnte nicht mehr klar denken. Als er gemerkt hat, dass er gelinkt worden ist, hat er sich in seinen Wahn zurückgezogen. ›Rache‹ stand zuoberst auf seinem Plan.«

Dienstag, 24.8.2010
    Nach den Vorstellungen eines Möbelkatalogs müsste Leonie jetzt bäuchlings auf einem walnussbraunen Sofa fläzen. Sie würde sich mit den Ellbogen auf dem Leder aufstützen. Ihr Blick würde auf einen Brief fallen, der wiederum auf einem Kissen am Boden neben einem eiercognacgelben Wollteppich läge.
    Leonie saß jedoch kerzengerade auf einem hölzernen Stuhl.
     
    »Liebe Leonie – ich darf doch Leonie sagen, trotz allem, was vorgefallen ist? –, leider konnte ich meine ehrgeizigen Pläne, die ich mit dir hatte, nicht zu Ende bringen. Feuer ist eben ein zerstörerisches Element und war nicht vorgesehen. Du hättest deinen Auftritt an der ›Vocis terra‹ gehabt, das garantiere ich dir, der aber eben nicht aus einer Befreiungsaktion bestanden hätte. Du hast sehr wohl bemerkt, dass das Schlafmittel sehr genau dosiert war und dir das Erwachen zum Höhepunkt der Festlichkeiten ermöglicht hat. Auch waren deine Beine und Arme nur gefesselt, damit du nicht stürzt.
    Leider ist der Augenblick vertan, und eine Wiederholung wird es nicht geben. Nicht nur, weil ich den Kontakt zu dir abbrechen muss, sondern auch, weil du es nicht würdig bist, von mir geadelt zu werden. Denn nun gibt es nur noch einen Ausweg: den Tod. Wahrscheinlich ist auch das sinnlos, da du meine Identität bestimmt enthüllt hast. Mir bleibt demnach nur noch die Flucht. Aber wohin flüchtet ein Mensch, der als Parteisekretär groß geworden ist? Also gut, sooo groß auch wieder nicht. In deinen Augen bestimmt ein Versager.
    Versagt habe ich allerdings nur aus Mitleid. Aus Mitleid mit dir. Das war mein einziger Fehler bisher. Man wird meine Fluchtburg finden, die Polizei wird in meinen Effekten herumstöbern und alles beschmutzen mit ihren widerlichen Ermittlerfingern, die schon so viel Hässliches angefasst haben. Denk daran: Die Schönheit stirbt zuletzt. Du oder ich?«
     
    Leonie Kaltenrieder zitterte, als sie den Brief beiseitelegte. Sie schenkte sich einen kräftigen Mansinthe ein, legte ›Homogenic‹ in den CD-Player, das in seinen repetitiven Arrangements bedrückendste Album von Björk, und rief Baron Biber zu sich, den sie auf ihrem Schoß ausgiebig kraulte. Sie las ihm den Brief von Ernst Glauser noch einmal vor. Gerne hätte sie sich dazu ein Video der isländischen Künstlerin Gabríela Friðriksdóttir angeschaut, menschliche Monster, die sich aus organischem Schlamm erhoben, mythische Figuren, die auf der Jagd nach Unbestimmtem waren, Gnome, die unter der Erde hausten.
    Leonie mochte keine Sinnbilder für das eigene Erleben, aber manchmal überwucherte die Realität die Vorstellungskraft. Heute war so ein Tag. Es blieb ihr nur, einen Entschluss zu fassen.
    Als Baron Biber das Fell hinter seinem Nacken leckte, wunderte er sich über das salzige Wasser, das Leonie auf ihn hatte fallen lassen. Heißes, salziges Wasser. Er kannte die Bedeutung nicht.
     
    Leonie Kaltenrieder war definitiv überfordert. Nach dem wunderbaren Abend vorgestern, an dem sie alle ihre Freunde im neuen Leben willkommen geheißen hatten, nun dieser Tiefschlag. Der Mörder hatte sie immer noch im Visier. Sicher, sie wusste sich geschützt durch die Gang, wie sie neuerdings die Sippschaft um Heinrich Müller und Bernhard Spring bezeichnete. Aber war es das, womit sie ihr Leben verbringen wollte?
    Nein!
    Sie schrie es dreimal laut aus sich heraus.
    Als sie sich umblickte, stand Heinrich in der Tür.
    »War es klar genug?«, fragte sie.
    »Es war klar genug«, bestätigte Heinrich. »Wann gehst du?«
    »Heute!«
    »Ich danke dir«, sagte Heinrich, umarmte Leonie und schloss sich in seinem Büro

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